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Die Seite 3
Soziale Wesen
Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde. Insbesondere ChatGPT – GPT steht für Generative Pre-trained Transformer – ein textbasiertes maschinelles Dialogsystem, sorgt für Aufsehen und auch Beunruhigung. Es kann Fragen beantworten, anspruchsvolle Prüfungen bestehen, Texte schreiben und vieles mehr. Mal werden Aufgaben brillant gelöst, mal soll der größte Quatsch herauskommen. Oftmals ist nicht zu erkennen, was wahr und was falsch ist. Doch das System lernt mit atemberaubender Geschwindigkeit. Das Missbrauchspotenzial ist hoch. Die Sorge wächst, dass in Zukunft KI die Menschheit beherrschen könnte.
Doch so weit ist es noch nicht. Was aber durchaus schon jetzt möglich ist: Solche Systeme sind in der Lage, Fragen rund um Gesundheit und Krankheit und damit auch rund um Arzneimittel zu beantworten. Wie gut die Antworten sein werden, hängt entscheidend davon ab, mit welchen Informationen das System gefüttert wurde. Bei dem vielen Unwissen, das hier immer wieder vorherrscht – man denke nur an nicht verstandene Krankheitsbilder, unbekannte Arzneimittelwirkungen, Neben- und Wechselwirkungen, aber auch an unseriöse Heilsversprechen – kann je nach Fragestellung mit abenteuerlichen, falschen, bewusst irreführenden, aber auch durchaus fundierten Ergebnissen gerechnet werden.
Also eine Gefahr für unsere heilberufliche Daseinsberechtigung? Ein Blick auf und in die Mechanismen unseres Gehirns, die unser Denken, Handeln und unsere Emotionen regulieren und die uns mit unserer Umwelt interagieren lassen, kann hier erst einmal Entwarnung geben. Denn es geht darum, was uns als soziale Wesen ausmacht und uns von maschinellen Systemen unterscheidet. Es geht darum, wie wir mit allen Sinnen unserem Gegenüber begegnen, seine Bedürfnisse wahrnehmen, darauf reagieren und mit ihm in Interaktion treten. Was passiert dabei in unserem Körper, welche Botenstoffe sind hier wie beteiligt? Was lässt uns traurig sein, antriebslos, hoffnungsvoll, hellwach – was empathisch, voller Freude und Euphorie?
Spannende Einblicke gibt hier Professor Thomas Herdegen mit seinen Ausführungen in der DAZ-Serie „Pharmako-endogen!“. Nach den Botenstoffen Dopamin, Serotonin, Noradrenalin und Acetylcholin erweckt er in dieser Ausgabe Histamin aus seinem Dornröschenschlaf – ein etwas schräges Bild, denn zu viel Histamin macht einfach schlaflos (s. S. 34). Die Lektüre dieser Beiträge lässt erahnen, warum KI den Menschen als soziales Wesen nicht ersetzen kann. KI mag vielleicht vieles zunehmend besser können. Sie ist jedoch nicht darauf ausgelegt, auf einen verunsicherten, ratsuchenden Menschen so einzugehen, wie das von Angesicht zu Angesicht in der Apotheke möglich und notwendig ist.
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