Arzneimittel und Therapie

S3-Leitlinie zum Nierenzellkarzinom berücksichtigt adjuvante Immuntherapie

Empfehlung zur unterstützenden Behandlung mit Checkpoint-Inhibitor aufgenommen

Im Februar 2023 erschien die aktualisierte S3-Leitlinie zum Nierenzellkarzinom, die im Vergleich zur Vorgängerversion um einige Kapitel erweitert wurde. Erstmals wurde eine Empfehlung für eine adjuvante Immuntherapie mit einem Checkpoint-Inhibitor ausgesprochen. Für die Beratung in der Apotheke sind vor allem die Ausführungen zur Therapie und zum Umgang mit Nebenwirkungen interessant.

Das Nierenzellkarzinom gehört zu den häufigeren malignen Tumoren des Erwachsenen – jährlich werden in Deutschland rund 15.000 Neu­erkrankungen diagnostiziert. Man unterscheidet klarzellige und nicht klar­zellige Nierenzellkarzinome, wobei erstere deutlich häufiger auftreten. Die Diagnostik und Therapie der sehr heterogenen Gruppe von nicht klar­zelligen Nierenzellkarzinomen wurden neu in die Leitlinie aufgenommen.

Modifizierbare Risikofaktoren für Nierenzellkarzinome sind Rauchen, Übergewicht und ein erhöhter Blutdruck. Die adäquate Einstellung des Blutdrucks kann das Erkrankungsrisiko senken. Zu den Risikofaktoren gehört ferner eine sehr hohe berufsbedingte Trichlorethylen-Exposition (u. a. als Lösungsmittel eingesetzt).

Immunvermittelte Neben­wirkungen

Die Gabe von Checkpoint-Inhibitoren wird sowohl im adjuvanten wie auch im fortgeschrittenen Krankheitsstadium empfohlen. Im adjuvanten Stadium sollten Patienten mit klarzelligem Nierenzellkarzinom, bei denen ein intermediär-hohes oder hohes Risiko vorliegt, Pembrolizumab erhalten. Ist das Karzinom bereits metastasiert, empfiehlt die Leitlinie ohne Einschränkung in der Erstlinie Nivolumab oder Pembrolizumab in Kombination mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor (Cabozantinib, Lenvatinib oder Axitinib). Neoadjuvante Immuntherapien sollten nur im Rahmen von Studien erfolgen.

Auf Immuntherapien beziehungsweise den Umgang mit immunassoziierten Nebenwirkungen wird auch an weiteren Stellen der Leitlinie hingewiesen. So wird die Forderung nach einer Kontrolle immunvermittelter Nebenwirkungen ausgesprochen, und ein Unterkapitel beschreibt Art und Behandlungsmöglichkeiten dieser speziellen Begleiterscheinungen. Darunter fallen

  • Dermatitis (s. Kasten „Wenn eine Dermatitis auftritt“),
  • Pneumonitis,
  • Kolitis,
  • Thyreoiditis,
  • Hypophysitis,
  • Hepatitis,
  • Myokarditis,
  • Nephritis und
  • Pankreatitis.

Hinweise zum Umgang mit Nebenwirkungen finden sich auch bei den Erläuterungen einer zielgerichteten, meist Tyrosinkinase-Inhibitor-basierten Therapie. Diese wird neben VEGF(Vascular Endothelial Growth Factor)- und mTOR(mammalian target of rapamycin)-Inhibitoren im metastasierten Stadium eingesetzt, falls eine Immuntherapie kontraindiziert ist oder Zweit- und Drittlinientherapien erfolgen.

Wenn eine Dermatitis auftritt

Eine der häufigsten Nebenwirkungen einer Immun­therapie ist die Dermatitis. Dabei treten leichtgradige Exantheme an Stamm und Extremitäten auf, die von Juckreiz begleitet sein können. Laut Leitlinie reicht meist eine Behandlung mit topischen Glucocorticoiden aus. Große und exfoliative Hautveränderungen sollten dermatologisch abgeklärt werden.

Komplementäre Therapien

Die Tatsache, dass mehr als die Hälfte aller Tumorpatienten komplementäre Therapien anwendet, schlägt sich auch in der aktuellen Leitlinie nieder. Sie geht auf Akupunktur, Meditation, Homöopathie, Misteltherapie und Hyperthermie ein. Hier werden folgende Aussagen getroffen: Eine Akupunkturpunkt-Stimulation kann das Auftreten von akutem Erbrechen unter einer Chemotherapie reduzieren. Allerdings dürfte dies bei der Therapie eines Nierenzellkarzinoms von untergeordneter Bedeutung sein, da keine klassischen Zytostatika eingesetzt werden. Der Benefit meditativer Verfahren wird in einer Verbesserung des seelischen Wohlbefindens und einer Stressreduktion sowie einer Verbesserung der Lebensqualität gesehen. Was Homöopathie anbelangt, so sieht die Leitlinie keine überzeugende Wirksamkeit. Dasselbe gilt für den Einsatz von Mistel-Extrakten. Für eine Hyperthermie liegt kein klinischer Wirksamkeitsnachweis vor. Für weitere komplementäre Maßnahmen wird auf die S3-Leitlinie Komplementärmedizin verwiesen. |

Literatur

Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms. S3-Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft, der Deutschen Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (Hrsg.), AWMF-Registernummer: 043-017OL, Stand: Februar 2023

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

Das könnte Sie auch interessieren

Wirkprinzip und Umgang mit immunvermittelten Nebenwirkungen der Anti-PD1-Therapie

Mit Nivolumab und Pembrolizumab gegen das Melanom

Erfolge durch Verstärkung der körpereigenen Antitumor-Immunantwort

Checkpoint-Inhibitoren in der Tumortherapie

Neue Therapiemöglichkeiten verbessern die Prognose

Lichtblicke beim Lungenkarzinom

Weitere orale Therapieoption und Antikoagulation in die Leitlinie aufgenommen

Neue Empfehlungen zum Pankreaskarzinom

Immunassoziierte Nebenwirkungen als prognostischer Parameter

Besseres Therapieansprechen, aber mehr Nebenwirkungen

Erste Living Guideline veröffentlicht

30 neue Empfehlungen bei Lungenkrebs

Checkpoint-Inhibitoren in der Tumortherapie

Erfolgreich die körpereigene Antitumor-Immunantwort verstärken

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.