Arzneimittel und Therapie

Wenn sich der Ductus arteriosus nicht schließt

Abwartendes Verhalten ist gegenüber Ibuprofen nicht unterlegen

Schließt sich der Ductus arteriosus nicht rechtzeitig nach der Geburt, kommen häufig Cyclooxygenase-­Inhibitoren (z. B. Ibuprofen) zum Einsatz. Der Nutzen ist jedoch unklar. Könnte zunächst auch ohne Arzneimittel abgewartet werden? Dieser Frage sind Autoren einer aktuellen Studie, die im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, nachgegangen.

Der Ductus arteriosus Botalli stellt eine Kurzschlussverbindung (Shunt) dar – vor der Geburt verbindet er die Aorta mit dem Truncus pulmonalis, um den fetalen Lungenkreislauf zu umgehen. Nach der Geburt, wenn die Lungen des Neugeborenen belüftet werden, verschließt er sich innerhalb von zehn Tagen. Bei Frühgeborenen kommt es hingegen häufig zu einem verzögerten Verschluss – man spricht von einem persistierenden Ductus arteriosus (PDA). PDA mit geringem Durchmesser sind meist ein Zufallsbefund und können sich noch im Laufe des ersten Lebensjahres spontan verschließen. Größere PDA werden rasch verschlossen – als First-Line-Therapie wird Ibuprofen gegeben. Bleibt die medikamentöse Therapie unwirksam, ist eine Operation unumgänglich.

Foto: ondrooo/AdobeStock

Frühgeborene mit einem Gestationsalter unter 28 Wochen wurden in der Studie untersucht.

Evidenz von Ibuprofen unklar

Die Evidenz der medikamentösen Therapie ist nach wie vor unklar – so wird zwischen den Risiken des PDA (z. B. erhöhte neonatale Morbidität und Mortalität) einschließlich eines abwartenden Verhaltens und den potenziellen unerwünschten Nebenwirkungen der pharmakologischen Behandlung abgewogen. In der multizentrischen, randomisierten, kontrollierten Nichtunterlegenheitsstudie BeNeDuctus wurde daher untersucht, ob auf die rasche Ibuprofen-Gabe verzichtet werden kann. Die Studie wurde an 17 neonatologischen Intensivstationen in den Niederlanden, Belgien und Dänemark durchgeführt. Der Studienzeitraum war von 2016 bis 2020. Insgesamt wurden 273 Frühgeborene (medianes Gestations­alter 26 Wochen, medianes Geburtsgewicht 845 g) randomisiert, bei denen in der Echokardiographie ein PDA mit einem Durchmesser von > 1,5 mm festgestellt wurde. Sie wurden in zwei Gruppen eingeteilt und erhielten entweder eine sofortige Therapie mit Ibuprofen oder es wurde abgewartet.

Kombinierter Endpunkt

In der Ibuprofen-Gruppe erhielten die Neugeborenen innerhalb von 55 bis 70 Stunden (medianes postnatales Alter 63 Stunden) nach der Geburt 10 mg/kg Körpergewicht Ibuprofen – bei erfolg­loser Therapie waren noch zwei weitere Behandlungen in halber Dosierung möglich. In der Vergleichsgruppe wurden die Neugeborenen zunächst beobachtet, eine medikamentöse Therapie sollte nur bei klinischer Verschlechterung infolge eines Links-Rechts-Shunts erfolgen. Der kombinierte primäre Endpunkt umfasste das Auftreten einer nekrotisierenden Enterkolitis (Bell-Stadium IIa oder höher), eine moderate bis schwere bronchopulmonale Dysplasie oder den Tod bis zu einem postmenstruellen Alter von 36 Wochen. In der Gruppe, in der abgewartet wurde, trat bei 63 von 136 Frühgeborenen (46,3%) eines dieser Ereignisse auf im Vergleich zu 87 von 137 Kindern (63,5%) in der Ibuprofen-Gruppe (relatives Risiko [RR] = 0,73; 95%-Konfidenzintervall [KI] = 0,59 bis 0,91). Damit war die abwartende Haltung nicht unterlegen. Diese war insbesondere in Bezug auf bronchopulmonale Dysplasien vorteilhaft, welche bei 39 von 117 Frühgeborenen dieser Gruppe (33,3%) auftraten im Vergleich zu 57 von 112 (50,9%) Frühgeborenen in der Ibuprofen-Gruppe (RR = 0,66; 95%-KI = 0,48 bis 0,90). Auch die Sterberate war ohne medikamentöse Therapie eher geringer (RR = 0,77; 95%-KI = 0,44 bis 1,32). Kein Vorteil der ab­wartenden Haltung zeigte sich bei den nekrotisierenden Enterokolitiden (RR = 1,15; 95%-KI = 0,67 bis 1,97).

Fazit

In der Studie wurde gezeigt, dass ein abwartendes Verhalten der raschen Ibuprofen-Gabe hinsichtlich der nekrotisierenden Enterokolitis, moderater bis schwerer bronchopulmonaler Dysplasien und Tod nicht unterlegen ist. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass die Ergebnisse nicht zu der Annahme verleiten sollten, dass ein PDA ungefährlich und ohne Risiken für das Kind ist. Sie zeigen lediglich auf, dass die frühzeitige Ibuprofen-­Gabe ebenso nicht verharmlost werden darf und auch mit unerwünschten Ereignissen verbunden sein kann. |

Literatur

Ductus arteriosus. Informationen des DocCheck Flexikons, flexikon.doccheck.com/de/Ductus_arteriosus

Hundscheid T et al. Expectant Management or Early Ibuprofen for Patent Ductus Arteriosus. N Engl J Med 2023;388:980-990, doi: 10.1056/NEJMoa2207418

Ductus arteriosus (PDA). Informationen des Kinderherzzentrums Wien, www.meduniwien.ac.at/hp/kinderherzzentrum-wien/fachinformation-herz-abc/angeborene-herzfehler/persisitierender-ductus-arteriosus-botalii-pda/

Apothekerin Dr. Martina Wegener

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