Arzneimittel und Therapie

Doppelt gegen Scrub-Typhus

Patienten profitieren von kombinierter Antibiose mit Doxycyclin und Azithromycin

Hier nahezu unbekannt – in Teilen Südostasiens ein echtes Problem: Das im Englischen als Scrub-Typhus bezeichnete Tsutsugamushi-Fieber sorgt aufgrund mangelnder evidenzbasierter Therapiestrategien sowie begrenzter Diagnose- und Prophy­laxemöglichkeiten für hohe Hospitalisierungs- und Sterblichkeitsraten. Eine im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie könnte dazu beitragen, nun zumindest die Behandlung zu optimieren.

Bei Scrub-Typhus handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die durch das gramnegative, obligat intrazelluläre Bakterium Orientia tsutsugamushi ausgelöst wird. Sie tritt in einem als Tsutsugamushi-Dreieck bezeichneten Gebiet endemisch auf, das Südost­asien, Nordaustralien und Indien umfasst. Jährlich gibt es geschätzt eine Million Fälle, und etwa 150.000 Erkrankte versterben [1, 2, 3].

Übertragen werden die Bakterien über Milbenlarven der Gattung Leptotrombidium, die sich vor allem in steppen- und savannenartiger Vegetation (engl. scrub = Buschwerk) an ihren Wirt heften und sich von Gewebeflüssigkeit ernähren [4, 5]. Nach einer Inkubationszeit von meist zehn bis zwölf Tagen kommt es zu unspezifischen Sym­ptomen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie einem fleckenartigen Hautausschlag auf Rumpf und Gliedern. In bis zu 90% der Fälle entsteht an der Stichstelle ein charakteristischer Schorf (Eschar) mit schwarzem nekrotisierendem Zentrum, der einem Zigarettenbrandfleck ähnelt [2].

Über das Lymphsystem breitet sich der Erreger systemisch aus und infiziert hauptsächlich Endothelzellen verschiedener Organe [3, 5]. Respiratorische, hepatische, renale, kardiologische oder neurologische Komplikationen können auftreten. Unbehandelt beträgt die Sterblichkeitsrate bei schwerer Erkrankung bis zu 70% [1]. Aufgrund der unspezifischen Symptome und der unzureichenden Diagnostik in ressourcenarmen Regionen wird die Infektion häufig erst spät erkannt [2].

Evidenzbasierte Antibiose fehlt

Die Wahl eines Antibiotikums zur Therapie wird heterogen gehandhabt und stützt sich auf bereits bewährte Wirkstoffe [1]. Als wirksam erwiesen haben sich Tetracyclin, Doxycyclin, Azithromycin und Rifampicin. Letzteres stellt aufgrund des Risikos für Resistenzbildung und der schwachen Evidenz nur ein Mittel der zweiten Wahl dar [6]. Auch Chloramphenicol galt in der Vergangenheit als Behandlungsoption, wird jedoch angesichts des ungünstigen Nebenwirkungs­profils immer weniger eingesetzt [1].

Aufgrund des heterogenen Antibiotika-Einsatzes wurde nun die Wirksamkeit zweier Wirkstoffe mit guter Gewebepenetration als Mono- und Kombi­nationstherapie bei Tsutsugamushi-­Fieber in einer Studie verglichen [1].

794 Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf erhielten intravenös über sieben Tage entweder Doxycyclin, Azithromycin oder eine Kombination aus beiden Wirkstoffen (1:1:1). Als kombinierter primärer Endpunkt galt der Tod innerhalb von 28 Tagen, anhaltende Komplikationen an Tag sieben sowie anhaltendes Fieber an Tag fünf.

 

Prophylaxe bei Reisen

Foto: Chalabala/AdobeStock

Als Präventivmaßnahme bei Aufenthalt in freier Natur in Risikogebieten empfiehlt es sich, Repellenzien mit Diethyltoluamid (DEET) aufzutragen und Textilien sowie Ausrüstung mit Permethrin zu imprägnieren. Gebiete mit viel Vegetation und Buschwerk sollten gemieden werden. Als kurzzeitige Chemoprophylaxe kann eine wöchentliche Gabe von 200 mg Doxy­cyclin erwogen werden. Ein Vakzin steht nicht zur Verfügung. Die Vielzahl an Stämmen von O. tsutsugamushi sowie die nur mäßig anhaltende Immunität stellen die Impfstoffentwicklung vor eine Herausforderung [3, 5, 7].

Überlegene Kombitherapie

Bei 33% der Patienten, die eine kombinierte Antibiose erhielten, und bei 47% der Patienten der Doxycyclin-Gruppe trat der primäre Endpunkt ein (Risikodifferenz [RD] = -13,3%; 95%-Konfidenzintervall [KI] = -21,6 bis -5,1; p = 0,002). In der Azithromycin-Gruppe trat der primäre Endpunkt bei 48% der Patienten und damit auch häufiger als unter der kombinierten Therapie ein. Der Unterschied zwischen der Doxycyclin- und Azithromycin-Gruppe war nicht signifikant. Auftretende Nebenwirkungen und die 28-Tage-Mortalität waren in allen drei Gruppen vergleichbar.

Die Studienautoren vermuten, dass die kombinierte Antibiose zu einer stärkeren Blockade der bakteriellen Proteinbiosynthese und folglich zu einer verbesserten Wirksamkeit bei schwerem Krankheitsverlauf führt. Sie sehen die Kombitherapie daher bei schwerer Erkrankung als bessere Therapieoption. |

Literatur

[1] Varghese GM et al. Intravenous Doxycycline, Azithromycin, or Both for Severe Scrub Typhus. N Engl J Med. 2023;388(9):792-803, doi: 10.1056/NEJMoa2208449

[2] Janardhanan J, Trowbridge P, Varghese GM. Diagnosis of scrub typhus. Expert Rev Anti Infect Ther 2014;12(12):1533-1540, doi: 10.1586/14787210.2014.974559

[3] Chakraborty S, Sarma N. Scrub Typhus: An Emerging Threat. Indian J Dermatol 2017;62(5):478-485, doi: 10.4103/ijd.IJD_388_17

[4] Tsutsugamushi-Fieber. Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten, Robert Koch-Institut, Berlin 2011

[5] Walker DH, Mendell NL. A scrub typhus vaccine presents a challenging unmet need. NPJ Vaccines 2023;8(1):11, doi: 10.1038/s41541-023-00605-1

[6] El Sayed I et al. Antibiotics for treating scrub typhus. Cochrane Database Syst Rev 2018;9(9):CD002150, doi: 10.1002/14651858.CD002150.pub

[7] Scrub Typhus. Informationen der Centers for Disease Control and Prevention, Stand: 13. November 2020

Apothekerin Judith Esch

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