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Arzneimittel und Therapie
„Minipille“ ohne Rezept abgeben?
Was Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland von dieser Option halten
Opill® und Hana® werden vom französischen Unternehmen HRA Pharma vertrieben, das auch für Opill® den Antrag für die Entlassung aus der Verschreibungspflicht in den USA stellte. Eine Entlassung von Gestagen-Monopräparaten aus der Rezeptpflicht könnte auch für andere Länder denkbar sein. In einer von HRA Pharma unterstützten Pressekonferenz Anfang Mai hieß es, dass Frauen für Gestagen-Monopräparate keine ärztliche Untersuchung benötigten. Die Sicherheit der Verhütungsmethode mit einem Desogestrel-Monopräparats sei gleichwertig mit dem kombinierter oraler Kontrazeptiva [1]. Wie Pharmazeuten zu rezeptfreien Gestagen-Monopräparaten stehen, wurde in einer Umfrage ermittelt, in der 100 Apotheker in Deutschland befragt wurden [2]. Die DAZ sprach mit Cosima Bauer und Prof. Uwe May, die die Umfrage durchführten (Interview s. S. 29).
Rezeptpflicht als Haupthindernis
Ist es einfach, in Deutschland ein orales Kontrazeptivum zu erhalten? Laut der Umfrage sind 98% der befragten Apothekerinnen und Apotheker der Meinung, dass ein unkomplizierter Zugang für Frauen zu hormonellen Verhütungsmitteln wichtig ist. Dabei schätzen 66% es als einfach ein, in Deutschland ein orales Kontrazeptivum zu erhalten. Ist der Zugang erschwert, sah mehr als jeder Zweite (59%) das Haupthindernis darin, dass orale Kontrazeptiva nur mit einer Verschreibung abgegeben werden dürfen. Circa die Hälfte der Befragten sehen weitere Gründe in Sprachbarrieren (51%), der Abneigung der Frauen, sich einer gynäkologischen Untersuchung zu unterziehen (50%), den langen Wartezeiten auf einen Arzttermin (48%) und den Kosten für die oralen Verhütungsmittel (48%). 93% der Befragten sind der Meinung, dass der Zugang durch rezeptfreie Gestagen-Monopräparate vereinfacht werden könnte.
Risiko von Gestagen-haltigen und kombinierten Kontrazeptiva
Kombinierte orale Kontrazeptiva erhöhen unter anderem das Risiko für thromboembolischen Ereignisse laut Leitlinie zur hormonellen Empfängnisverhütung. Das Risiko einer Patientin, dass eine solche auftritt, muss in die Beratung und die Auswahl zur Kontrazeptionsmethode einbezogen werden. Auch deshalb ist ein Arztbesuch vor der Einnahme eines kombinierten oralen Kontrazeptivums unabdingbar. Orale Gestagen-Monopräparate sind laut Leitlinie nicht mit einem erhöhten Thromboembolie-Risiko assoziiert [3].
Überwiegend positive Reaktionen
Sind die Apothekerinnen und Apotheker bereit, ein rezeptfreies Kontrazeptivum abzugeben? 87% der Befragten fühlen sich sicher dabei, zu den verschiedenen Arten von Verhütungsmitteln zu beraten; die Möglichkeit, ein rezeptfreies Kontrazeptivum nach entsprechender Schulung zu empfehlen, empfanden 82% als wichtig. 69% halten es für wahrscheinlich, dass sie nach einer Schulung Gestagen-Monopräparate empfehlen würden. Probleme befürchten die befragten Pharmazeuten unter anderem dabei, dass Frauen ihre Vorsorgeuntersuchungen bzw. Termine beim Frauenarzt nicht mehr wahrnehmen würden (48%). 76% der Teilnehmer äußerten Bedenken gegenüber einem Missbrauch. Auf die Frage, wie man insgesamt auf die Möglichkeit einer rezeptfreien „Minipille“ reagiere, wählten 67% der Befragten eine positive Emotion. Einen Vorteil erkannten die Teilnehmenden unter anderem auch darin, dass ein rezeptfreies Präparat vielleicht die Abgabe von weniger Notfallverhütungsmitteln zur Folge hätte. |
Literatur
[1] Pressekonferenz „Digitales Fachpressegespräch,OTC-Switch Pille?‘“, 3. Mai 2023, unterstützt von HRA Pharma
[2] Bauer C, May U et al. The views of women and pharmacists on the desirability of a progestogen-only pill over the counter. Results of a survey in Germany, Italy and Spain. Eur J Contracept Reprod Health Care 2022, doi: 10.1080/13625187.2022.2128643
[3] Hormonelle Empfängnisverhütung. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), Stand August 2019, Registernummer 015 - 015
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