- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 24/2023
- Schmerztherapie in allen ...
Kongresse
Schmerztherapie in allen Krebsstadien
Schnell die Schmerzen ausreichend lindern
Für viele Tumorpatienten steht am Anfang ihrer onkologischen Therapie ein operativer Eingriff, der mit Schmerzen während und nach der Operation verbunden sein kann. Dementsprechend blicken viele der Operation mit Sorge oder sogar Angst entgegen. Umso wichtiger ist die Beratung der Betroffenen zur Schmerztherapie, erklärt Sommer. Vermieden werden soll bei dieser sowohl unrealistische Erwartungen an die Schmerzmedikamente zu schüren als auch übermäßige Sorge vor Nebenwirkungen auszulösen. Stattdessen sollte „positiv, aber realistisch“ zu den Möglichkeiten der Schmerzlinderung aufgeklärt werden. Zu den peri- und postoperativ einsetzbaren Schmerzmitteln gehören Paracetamol, Ibuprofen, Diclofenac und Coxibe sowie Opioide verschiedener Potenz. Letztere kommen für die patientenkontrollierte Analgesie infrage, bei der die Operierten innerhalb festgelegter Grenzen ihre Dosis selber steuern können. Gabapentinoide sollten hingegen aufgrund des fehlenden klinischen Vorteils und des Risikos für Nebenwirkungen perioperativ nicht routinemäßig eingesetzt werden. Die Anwendung von Lokalanästhetika kann bei manchen Operationen hingegen den Opioid-Bedarf reduzieren und daher sinnvoll sein.
Durch den Tumor bedingte Schmerzen treten in fast der Hälfte der Fälle auf. Verursacht werden sie sowohl durch die Raumforderung des Tumors als auch durch vom Tumor freigesetzte Botenstoffe. Die hierdurch in Gang gesetzten Schmerzmechanismen eignen sich jedoch nur begrenzt als Targets für neue Analgetika, gab Sommer einen Einblick in die Forschung. So führt im Mausmodell eine Blockade vom Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) zwar zu einem Rückgang von Schmerzen, allerdings ist TNF seinem Namen entsprechend auch an der Bekämpfung von Tumorzellen beteiligt und eine Blockade ist mit einem Wachstum des Tumors verbunden.
Wichtig ist, dass rasch mit einer die Schmerzen ausreichend lindernden Medikation begonnen wird. Während früher gemäß dem WHO-Stufenschema mit Nicht-Opioidanalgetika begonnen und über schwach- zu starkwirksamen Opioiden eskaliert wurde, empfiehlt Sommer nun die Schmerzmedikation mit in Art und Stärke individuell geeigneten Analgetika zu beginnen und sich gerade bei starken Schmerzen nicht zu lange mit schwachen Opioiden aufzuhalten. Hinweise, dass hierbei ein Opioid grundsätzlich anderen überlegen ist, gibt es nicht, sodass die Präparateauswahl anhand von Kinetik, Neben- und Wechselwirkungsprofil erfolgen kann. Nicht vergessen werden sollte die Obstipationsprophylaxe, wenn Opioide angewandt werden. Zusätzlich zu Opioiden und Nicht-Opioidanalgetika können auch Adjuvanzien eingesetzt werden, etwa Steroide (bei Druckschmerz durch Ödeme oder das Tumorvolumen), Antidepressiva, Antiepileptika oder Bisphosphonate (bei Knochenschmerzen). Für die rasch und heftig auftretenden Durchbruchschmerzen sollten die Erkrankten mit einem schnellwirksamen Opioid ausgestattet sein.
Neuropathische Schmerzen können auftreten, wenn Tumore Nerven infiltrieren. Aber auch wenn durch eine Operation Nerven zu Schaden kommen, eine Herpes-zoster-Infektion aufflammt oder als Nebenwirkung bestimmter Tumortherapeutika treten Neuropathien bei Krebspatienten auf. Häufig sind Nervenschmerzen z. B. unter Bortezomib. Hier werden Gabapentin, Pregabalin und Duloxetin eingesetzt. Zum Schluss ging Sommer noch auf die palliative Schmerztherapie ein. Hier sind der Erhalt der Lebensqualität und die Wünsche von Patienten und Angehörigen die ausschlaggebenden Faktoren. Dazu ist aufmerksame und regelmäßige Rücksprache mit den Beteiligten nötig. |
Weitere Artikel vom 59. Fortbildungskongress der BAK in Meran:
- Antibiotika rational und effektiv anwenden: Antibiotic Stewardship heißt mehr Verantwortung bei der Antibiose
- Mehr Luft! Neuerungen in der Therapie von Asthma bronchiale und Mukoviszidose
- Phytopharmaka bei Atemwegserkrankungen: Welche Empfehlung ist evidenzbasiert?
- Beratung bei oraler Tumortherapie ist kein Hexenwerk: Nur richtig angewendet sind orale Tumortherapeutika ein Gewinn
- Evidenz in der Komplementärmedizin: Heterogene Datenlage erschwert die Bewertung ergänzender Behandlungsmethoden bei Krebs
- Was erwartet uns in den nächsten Jahren? Kleiner Einblick in eine gefüllte Pipeline
- Alles hat seinen Preis: Was hält unser Solidarprinzip aus?
- Hoffnungsträger Gentherapie? Nützlich, aber nicht ungefährlich
- Ohne KI wird es nicht gehen! Zelltherapeutika der Zukunft
- War die STIKO zu langsam? Im Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Evidenz und politischem Handlungswillen
- „Machste dreckig, machste sauber“: Nachhaltigkeit in der Pharmazie – eine Chance für pharmazeutische Dienstleistungen?
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.