Arzneimittel und Therapie

Sonnige Schwangerschaft

Werdende Mütter brauchen eine Extraportion Sonnenschutz

Sonne ist Balsam für die Seele und fördert die Vitamin-D-Produktion in der Haut. Wie können werdende Mütter die Sonnentage nutzen, ohne sich und dem Ungeborenen zu schaden? Hormonveränderungen verändern die Haut und fördern Pigmentierungen. Besonnener Umgang mit den UV-Strahlen und der richtige Hautschutz können ein fleckiges Hautbild und bleibende Schäden verhindern.

In der Schwangerschaft sind die körpereigenen Hormonspiegel von Östrogen, Progesteron und Melanozyten-­stimulierendem Hormon erhöht. In der Basalschicht der Haut produzieren die Melanozyten mit dem Enzym Tyro­sinase aus der Aminosäure Tyrosin das Hautpigment Melanin. Ab dem vierten Schwangerschaftsmonat nehmen die Pigmentierungen im Bereich der Linea alba, der Brustwarzen, des Nabels und im Gesicht zu. Die flächigen Hautveränderungen an Stirn, Wangen oder Nasenrücken, die bei Sonnenbestrahlung noch deutlicher hervortreten, sind ­bekannt unter den Namen Melasma, Chloasma oder Schwangerschafts­maske. Davon betroffen sind bis zu 70% der Schwangeren [14]. Hohe Lichtschutzfaktoren und das Meiden starker Sonnenstrahlung verringern das Ausmaß der Hautveränderungen, die sich in der Regel spätestens sechs Monate nach der Geburt verbessern beziehungsweise zurückbilden.

Foto: Jeff Bergen/peopleimages.com/AdobeStock

Bräune als Schutzmechanismus

Die langwelligen UV-A-Strahlen (315 bis 400 nm) dringen in den tieferen Bereich der Dermis bis zur Subkutis ein, verursachen die Sofortpigmentierung und beeinflussen den Stoffwechsel. Intensive Strahleneinwirkung schädigt kollagene und elastische ­Fasern. Sie sind verantwortlich für eine vorzeitige Hautalterung und fördern die Entstehung von Hautkrebs.

Erythem-Bildung, Sonnenbrand und die Spätpigmentierung werden durch die mittlere UV-B-Strahlung (280 bis 315 nm) gesteuert, die bis in den oberen Bereich der Dermis eindringt. Melanin schützt in der Haut vor DNA-Schädigungen. Zudem bildet sich eine Lichtschwiele aus, indem sich die Zellteilung in der Haut verstärkt und die Hornschicht verdickt.

In der Schwangerschaft dehnt sich die Haut. Die dünnere Haut hat einen geringeren Eigenschutz. Ein entsprechender Sonnenschutz ist daher un­erlässlich.

Sonnenwirkung – Freud und Leid

Das Sonnenlicht ist Wärmequelle und wichtig für die Vitamin-D-Synthese in der Haut. Allerdings kann die UV-Strahlung auch zu einer lokalen oder systemischen Immunsuppression führen, weshalb man sie beispielsweise im Rahmen einer Erkältung meiden sollte. Bei überhöhter Strahlendosis entstehen viele freie Radikale, es bilden sich Erytheme bis hin zum Sonnenbrand (Dermatitis solaris) mit Zellzerstörung und Schädigung der Gefäßwände [12]. Zudem wird mehr Adrenalin ausgeschüttet, der Blutdruck und die Herzfrequenz steigen. Die werdende Mutter verbraucht mehr Sauerstoff. Das Gewebe der Mutter absorbiert die UV-Strahlung komplett, die Temperatur des Fruchtwassers bleibt bis zum Ende des zweiten Trimenons konstant, so dass das Baby nicht überhitzen kann. Im dritten Trimenon ist das Gewebe der Mutter dünner, die Gebärmutter geweitet, und es ist weniger Fruchtwasser vorhanden. Dann kann das Baby unter Umständen auf die Erwärmung reagieren.

Allgemeine Empfehlungen zum UV-Schutz

Ein angemessener Lichtschutz und eine langsame Gewöhnung der Haut durch kurze Aufenthalte in der Sonne sind die Basis für eine gesunde Nutzung der UV-Strahlung. Damit der Körper ausreichend Vitamin D produziert, reicht es, wenn Gesicht, Hände und Arme zwei- bis dreimal pro Woche unbedeckt und ohne Sonnenschutz in der halben Eigenschutzzeit der Sonne ausgesetzt werden. Eine wichtige Orientierungshilfe für die Wahl des richtigen Lichtschutzfaktors ist der UV-Index, der den am Boden zu erwartenden Tagesspitzenwert der Sonnenbrand-wirksamen UV-Strahlung anzeigt. Je höher der UV-Index, desto größer ist die Bestrahlungsstärke. Ab einem Wert von 3 wird ein Sonnenschutz angeraten. Nach den Empfehlungen des Bundesamts für Strahlenschutz sollte man sich am besten im Schatten oder ab einem UV-Index ≥ 8 im Haus aufhalten. Im Freien sollte man die Haut bedecken bzw. freie Körperstellen mit einem Sonnenschutzmittel eincremen. Dazu wählt man einen auf den Hauttyp abgestimmten Lichtschutzfaktor aus.

Qual der Wahl bei Sonnenschutzmitteln

Schwangere sollten Produkte mit mineralischem Sonnenschutz bevorzugen, z. B. Avène Mineralische Sonnencreme SPF 50+. Sie wirken sofort und reflektieren die Strahlen auf der Haut. Anwenderinnen stören sich oft an dem weißen Film. Durch ihn wird sichtbar, welche Stellen noch unzureichend eingecremt sind. Meistens wird viel zu wenig Sonnencreme aufgetragen. Das Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt, für den Körper eines Erwachsenen vier gehäufte Esslöffel zu verwenden, damit die angegebene Schutzzeit erreicht wird.

Als mineralische, reflektierende Substanzen werden Zinkoxid und Titan­dioxid verwendet. Seit August 2022 ist Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff (E171) wegen seines genotoxischen Potenzials in Deutschland ­verboten. Die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses für Verbrauchersicherheit (SCCS) der EU-Kommission, ob Titandioxid in Kosmetikprodukten ohne Bedenken verwendet werden kann, steht noch aus [13].

Je nach Hauttyp variiert die Eigenschutzzeit in der Sonne zwischen fünf und 40 Minuten [14]. Für Schwangere wird empfohlen, ein hohes Lichtschutzniveau mit Lichtschutzfaktor (LSF bzw. SPF) 50 zu wählen und die berechnete Schutzzeit nicht voll auszunutzen. Sonnencremes mit chemischen Lichtschutzfaktoren, z. B. Cetaphil Sun Sensitive Gel-Fluid SPF 50+, Eucerin® Sun Allergy Protect Gel-­Creme LSF 50+, Ladival® empfindliche Haut plus, sind auch für Schwangere geeignet. Sie wandeln die UV-Strahlung in Wärme um und werden am besten 20 bis 30 Minuten vor dem Sonnenbad aufgetragen.

Präparate aus dem Vorjahr mit dem Inhaltsstoff Octocrylen sollten nicht mehr verwendet werden. Es kann sich bei längerer Lagerung zu Benzophen­on umwandeln, was die internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) als möglicherweise karzinogen für den Menschen einstuft [15].

Sonnenbrand und Hyperpigmentierung

Zum Aufrechterhalten der Schutzwirkung muss besonders nach dem Baden oder Schwitzen regelmäßig nachgecremt werden. Wird nur die Hälfte der empfohlenen Menge an Sonnenschutzmittel aufgetragen, kann sich die Schutzwirkung um zwei Drittel reduzieren. Beim Überschreiten der Schutzzeiten kommt es zu Erythemen oder Sonnenbrand. Die Reinigung der geschädigten Haut sollte nur mit kaltem bis lauwarmem Wasser ohne wasch­intensive Reinigungsmittel erfolgen. Kühlende Topika wie z. B. Bepanthen® Kühlendes Schaumspray, Aloe Vera Gele oder ein Thermalwasser-Spray (z. B. von Avène oder La Roche-Posay) können die Symptome lindern. Zu viel Sonne und Wärme belasten den Kreislauf der werdenden Mutter. Je nach Intensität und Schaden kann es zu Fieber, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen kommen. Hier sind die Grenzen der Selbstmedikation überschritten.

Pigmentflecken bekämpfen

Als Ergänzung zum Lichtschutz bieten verschiedene Kosmetikfirmen Sera oder Cremes an, die Pigmentflecken reduzieren und vor deren Neuentstehung schützen sollen, z. B. Caudalie Vinoperfect Serum, Eucerin® Anti-­Pigment-Pflegeserie, La Roche-Posay Pigmentclar Serum und Anthelios Pigmentation Creme LSF 50+, SkinCeuticals Dis­coloration Defense Serum. Hat sich ein Melasma ausgebildet, dann ist der Sonnenschutz und das Tragen eines Sonnenhutes besonders wichtig, damit es nicht zu noch stärkeren Hyperpigmentierungen kommt. Eine medikamentöse Therapie sollte am besten nach der Schwangerschaft er­folgen, zumal sich Melasmen nach der Geburt in den meisten Fällen bessern. Ist dennoch bereits während der Schwangerschaft eine Behandlung erwünscht, kommen Azelainsäure-Creme (Skinoren® 20%) und chemische Peelings mit Glykolsäure zur Milderung der Schwangerschaftsmaske infrage [6, 16]. Der Tyrosinase-Inhibitor Azelainsäure wird zu 3 bis 8% systemisch absorbiert, sollte nur kleinflächig und möglichst nicht im ersten Trimenon eingesetzt werden [6]. Glykolsäure-Peelings werden in der Schwangerschaft als sicher betrachtet, da der Wirkstoff nur geringfügig in die Haut penetriert [16]. Dagegen ist die Anwendung von Hydrochinon und Tretinoin für Schwangere kontraindiziert.

Fazit

Östrogene stimulieren die Aktivität der Melanozyten, zudem fördern erhöhte Hormonkonzentrationen die Synthese von Melanin, und es kann besonders ab dem vierten Schwangerschaftsmonat zu verstärkter Pigmentierung kommen. Gedehntes Gewebe ist besonders empfindlich für UV-Strahlung. Hoher Lichtschutz in ausreichender Dosierung und maßvoller Umgang mit dem Sonnenlicht sind der beste Schutz für die werdende Mutter und ihr Ungeborenes. |
 

Literatur

[1] Das S. Melasma (Chloasma), Informationen von MSD Manual, Stand Oktober 2022

[2] Dehnert C. Sonne in der Schwangerschaft – Vollkommen unbedenklich?, Hipp Ratgeber, www.hipp.de/schwanger/ratgeber/gepflegt-schwanger/sonne-schwangerschaft/

[3] Prävention von Hautkrebs. S3-Leitlinie unter Federführung der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft e. V., AWMF-Registernummer: 032/052OL, Stand September 2021

[4] Rath W, Friese K (Hrsg.). Erkrankungen in der Schwangerschaft, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2005, doi: 10.1055/b-002-54074

[5] Stiefel A, Geist C, Harder U, Ahrendt C. Hebammenkunde: Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf. 5. Auflage, Hippokrates Verlag, Stuttgart, 2013

[6] Putra IB et al. Skin Changes and Safety Profile of Topical Products During Pregnancy. J Clin Aesthet Dermatol 2022; 15(2):49–57

[7] UV-Schutz durch Sonnencreme. Informationen des Bundesamts für Strahlenschutz, Stand 29. März 2022, www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/schutz/sonnencreme/sonnencreme_node.html

[8] Was ist der UV-Index? Informationen des Bundesamts für Strahlenschutz, Stand 29. März 2022, www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/uv-index/einfuehrung/einfuehrung_node.html

[9] Warum Schutz vor UV-Strahlung? Informationen des Bundesamts für Strahlenschutz, Stand 29. März 2022, www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/schutz/einfuehrung/einfuehrung.html

[10] Wirkung auf das Immunsystem. Informationen des Bundesamts für Strahlenschutz, Stand 29. März 2022, www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/wirkung/akut/immunsystem.html

[11] Schutzreaktion der Haut. Informationen des Bundesamts für Strahlenschutz, Stand 21. Oktober 2022, www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/wirkung/akut/schutzreaktion.html

[12] Trinkkeller H. Dermatologie und medizinische Kosmetik: Leitfaden für die kosmetische Praxis. 2. Auflage, Springer Medizin Verlag, Heidelberg, 2007

[13] Dohrmann A. Titandioxid in Sonnencreme: Kommt das Aus für den UV-Filter? Ökotest, 30. Mai 2023

[14] Wieviel Sonne verträgt meine Haut? Informationen des Sekretariats der Internationalen Prüfgemeinschaft für Angewandten UV Schutz, www.uvstandard801.com/de/textiler-uv-schutz/hauttypen

[15] Schreiber U. Alte Sonnencreme sollte weg: Toxische Abbauprodukte mahnen zur Vorsicht, das Risiko bleibt dabei unklar. DtschApothZtg 2021;161(12):44

[16] Garg AM, Mysore V. Dermatologic and Cosmetic Procedures in Pregnancy. J Cutan Aesthet Surg 2022;15(2): 108–117, doi: 10.4103/JCAS.JCAS_226_20

Apothekerin Alexandra Hinsken

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