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Nutzen für das große Ganze
Wie sich Apotheken bestmöglich in geplante „Gesundheitskioske“ einbringen können
Der Begriff „Gesundheitskiosk“ geistert schon eine Weile durch die Medien. Gemeint sind damit einige bereits bestehende und die 1000 von der Bundesregierung geplanten Gesundheitseinrichtungen, die in sozial benachteiligten Regionen einen niederschwelligen Zugang zu medizinischer Versorgung gewährleisten und die Prävention verbessern sollen. Seit Ende Juni 2023 liegt auch ein Referentenentwurf vor, der zeigt, wohin die Reise gehen soll. Aber die Ausgestaltung der angedachten Gesundheitszentren ist ein Prozess, der vielerorts nur langsam vonstattengeht. Wie eine genaue Zusammenarbeit mit Apotheken aussehen könnte, die in dem Entwurf nicht explizit erwähnt werden, ist ebenfalls in großen Teilen noch offen.
Engagierte Apothekerinnen und Apotheker wollen Chancen nutzen
Dennoch gibt es Apothekerinnen und Apotheker, die sich aktiv dafür engagieren, Apotheken als Akteure mit ins Spiel zu bringen, wenn es um die erfolgreiche Einbindung in die neuen Strukturen geht, die aufklären, Öffentlichkeitsarbeit leisten und ausarbeiten, wie eine Zusammenarbeit mit Gesundheitskiosken letzten Endes aussehen kann. So auch Apothekerin Sabine Haul. Sie arbeitet ehrenamtlich in der Poliklinik Veddel, einem Stadtteil-Gesundheitszentrum in Hamburg, und in einem weiteren Lokalen Gesundheitszentrum (LGZ) in Hamburg-Lohbrügge mit. Haul betont, wie wichtig es ist, dass Kollegen und Kolleginnen über die Medien informiert und motiviert werden, in ihrem eigenen Viertel, Stadtteil oder auch ihrer ländlichen Region Gesprächspartner zu suchen und sich als Apotheke einzubringen.
Keine einheitliche Definition
Eine einheitliche Definition des Begriffes „Gesundheitskiosk“ gibt es nicht. Zudem ist er nur ein Modell von vielen möglichen. So legt das Gesundheitszentrum in Veddel großen Wert darauf, nicht als „Kiosk“ bezeichnet zu werden, und tritt darum als Poliklinik auf. „Viele Leute haben eine ganz falsche Vorstellung davon, welche Aufgaben von einem Gesundheitszentrum übernommen werden, wenn sie das Wort ,Kiosk‘ hören. Der Begriff vermittelt ein vollkommen falsches Bild“, so Apothekerin Haul. Davon abgesehen bergen die Modelle in vielerlei Hinsicht ein großes Potenzial für Apotheken, das es zu nutzen gilt. Wer wartet, dass die Kommune auf einen zukommt, kämpft wahrscheinlich auf verlorenem Posten. Ein proaktives Vorgehen der interessierten Apotheker ist vermutlich unumgänglich.
Es ist Ländersache, wie die Funktion von Gesundheitskiosken letztendlich ausgestaltet wird. Kommunen und Politiker wissen aber oft nicht, welche Gesundheits- und Aufklärungsarbeit bereits in Apotheken geleistet und welche Dienstleistungen dort angeboten werden. Viele der Aufgaben, die teils für Gesundheitskioske angedacht sind, werden aber schon von Apotheken angeboten, und es könnte leicht darauf zurückgegriffen werden – ohne neue oder gar parallele Strukturen zu schaffen.
Was beinhaltet die Poliklinik Veddel in Hamburg?
Bei der Poliklinik Veddel handelt es sich um ein soziales Stadtteil-Gesundheitszentrum, das an drei Standorten mehrere Versorgungselemente verbindet. Es bietet eine Sozial- und Gesundheitsberatung, psychologische Beratung und allgemeinärztliche Versorgung. Die Poliklinik legt Wert auf Präventionsarbeit, um Gesundheitsprobleme erst gar nicht entstehen zu lassen, und konzentriert sich auf breitgestreute Angebote für den ambulanten Gesundheitsbereich.
Apotheken aktiv einbeziehen
Haul spricht sich dafür aus, dass Apotheken im geplanten Gesundheitsnetzwerk integriert werden, und sieht mehrere Möglichkeiten, welche Aufgaben ihnen dabei zukommen können. Es sind verschiedene Modelle denkbar, wie Apotheken eingebunden werden können, so dass ein mehrdimensionales, medizinisches Versorgungssystem entsteht, das Prävention und Aufklärung mit sozialen Komponenten vereint. So sind Apotheken eine niederschwellige Anlaufstelle für alle Menschen mit gesundheitlichen Problemen und bilden damit den Ort, an dem sich Patienten in das Programm der Gesundheitskioske einschreiben können. „Apotheken erreichen täglich viele Menschen, und es gibt oft ein großes Vertrauensverhältnis“, so Haul. „Eine leicht zu erreichende Möglichkeit zum Einschreiben in der Apotheke ist ein enormer Gewinn für das Gesundheitszentrum“, berichtet Haul weiter.
Apotheken erkennen Bedarf
Apotheker und PTA erkennen durch die zahlreichen Gespräche, die tagtäglich mit Kunden geführt werden, was im persönlichen Umfeld der Kunden, aber auch im jeweiligen Stadtteil und in der Umgebung fehlt, sei es ein Seniorencafé oder Sportangebote. So können sie können in der Zusammenarbeit mit den Gesundheitskiosken den Bedarf weiterleiten und positiven Einfluss auf die sozialen Strukturen nehmen. Dazu wären Fall- und Patientenbesprechungen zwischen den sozialen Anlaufstellen der Gesundheitszentren und Apotheken denkbar, bei denen der behandelnde Arzt nicht zwingend anwesend sein muss und hinterher über geplante Maßnahmen informiert wird.
Neben dem Weiterleiten eines Patienten in das Hilfesystem leisten Apotheken mit ihren pharmazeutischen Dienstleistungen und dem Medikationsmanagement einen wichtigen Beitrag, mit dem sie in das System der Gesundheitskioske einfach einbezogen werden können: Und das, ganz ohne diese Angebote von Grund auf neu aufzubauen oder die Bemühungen, andere Berufsgruppen wie Krankenschwestern oder Pflegeberater erst einmal dahingehend weiterzubilden. Ebenso existiert bereits hochqualifiziertes Fachpersonal für Gesundheitsprävention – in Apotheken.
Aufklärungs- und Kommunikationsprobleme
„Insgesamt handelt es sich um ein Aufklärungs- und Kommunikationsproblem“, berichtet Apothekerin Haul. „Vielen Akteuren im Gesundheitswesen oder politischen Entscheidern ist einfach immer noch nicht klar, was Apotheken anbieten und leisten“. Wer sich als Apotheke einbringen möchte, dem rät sie, aktiv auf die Kommune oder den Stadtteil zuzugehen und dort einmal mehr die Wichtigkeit der Apotheke als möglichen Vertragspartner des Gesundheitszentrums zu erläutern.
Für den ein oder anderen mag dieser Aufwand zu groß erscheinen. „Was hat die Apotheke davon?“, wird sich mancher fragen. Zuallererst zeigt sich vielleicht auch die vermeintlich negative Seite: Personen aus den sozial benachteiligten Gegenden, die Hilfe benötigen und somit potenzielle Kunden von Gesundheitskiosken sind, sind auf den ersten Blick unter Umständen eine Klientel, die nicht jeder Apothekeninhaber gerne sieht.
Ein Gewinn für das gesamte Gesundheitssystem
Sabine Haul ist jedoch zuversichtlich und geht davon aus, dass sich das Engagement von Apotheken langfristig auszahlen wird. „Viele Kunden und Patienten werden den Wert einer Stammapotheke zu schätzen lernen und erkennen, warum diese so wichtig ist“, meint sie. Haul sieht auch den Nutzen für das große Ganze: „Über kurz oder lang hilft der Einsatz der Apotheken, die gesamtgesundheitliche Versorgung zu verbessern, ist zielführend für die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems und stellt somit einen Gewinn für die Gesellschaft dar.“
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