Retaxfall des Monats

Pulver: Ja, Liquid: Nein

Nur Medizinprodukte laut Anlage V werden erstattet

Auch bei Kinderrezepten kommt es immer wieder zu Retaxationen seitens der Krankenkassen. Besonders die kürzliche Retax-Welle bei selbst hergestellten Fiebersäften für Kinder in Zeiten des akuten Mangels verärgerte die Apotheker – zumal die Krankenkassen den Apotheken hier ursprünglich entgegenkommen wollten. Formale Fehler werden als Grund genutzt, um Nullretaxationen auszusprechen. Deshalb ist es wichtig, auch weiterhin bei Kinderrezepten und insbesondere bei Medizinprodukten mit Arzneicharakter ganz genau hinzuschauen.

Ein konkretes Beispiel hierfür ist Kinderlax®, das in der Lauer-Taxe als Pulver zum Herstellen einer Lösung zum Einnehmen sowie als Liquid, also in Form einer fertigen Lösung zum Einnehmen, aufgeführt ist (s. Tab. 1). Nun wurde in einer Apotheke ein Rezept über „Kinderlax elektrolytfrei liquid Lösung zum Einnehmen“ vorgelegt, und die Apotheke war unsicher, ob es von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden kann. Für Medizinprodukte mit Arzneicharakter muss überprüft werden, ob sie in der Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aufgeführt sind. Ist dies der Fall, kann der Arzt das aufgeführte Produkt verordnen, die Apotheke kann es abgeben und über die gesetzliche Krankenversicherung abrechnen.

Tab. 1: Auszug aus der Lauer-Taxe zu Kinderlax® (Stand: 20. Juni 2023)
Kinderlax® elektrolytfrei Pulver zur Herstellung einer Lösung zum Einnehmen
30 Stück
Infectopharm
PZN
11952181
Kinderlax® elektrolytfrei Pulver zur Herstellung einer Lösung zum Einnehmen
3 × 30 Stück
Infectopharm
PZN
11952703
Kinderlax® elektrolytfrei liquid Lösung zum Einnehmen
250 ml
Infectopharm
PZN 16856039

Laut Anlage V „Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte“ zum Abschnitt J der Arzneimittel-Richtlinie findet sich ein Eintrag zur Verordnungsfähigkeit von „Kinderlax® elektrolytfrei“ (s. Tab. 2). Es stellte sich die Frage, ob dieser Eintrag neben dem Pulver auch die fertige Lösung abdeckt. Apotheken sollten hier genau hinschauen: Die verschiedenen Kinderlax®-­Präparate unterscheiden sich in der Bezeichnung, was jedoch aus der ersten Übersicht in der Apotheken-EDV nicht eindeutig hervorgeht. Es gibt „Kinderlax® elektrolytfrei“ und „Kinderlax® elektrolytfrei liquid“. Nur das Pulver „Kinderlax® elektrolytfrei“ ist in der Anlage V gelistet und daher erstattungsfähig. Da die fertige Lösung nicht explizit genannt wird, kann sie nicht über die gesetzliche Krankenversicherung verordnet und abgegeben werden. Der Patient müsste sie privat bezahlen.

Tab. 2: Eintrag zu Kinderlax® laut Anlage V „Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte“ zum Abschnitt J der Arzneimittel-Richtlinie (Stand: 21. Juni 2023)
Produkt­bezeichnung
medizinisch notwendige Fälle
Befristung der Verordnungsfähigkeit
Kinderlax®elektrolytfrei
für Kinder im Alter von 6 Monaten bis 11 Jahren zur Behandlung der Obstipation
26. Mai 2024

Eine genauere Recherche in der EDV liefert weitere Hinweise: Für das Pulver ist vermerkt, dass es gemäß Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie verordnet und von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden kann. Für Kinderlax® liquid findet sich der Hinweis „Medizinprodukt mit Arzneimittelcharakter: nicht in Anlage V Arzneimittel-Richtlinie gelistet“.

Fazit

Daraus ergibt sich, dass die Vorgaben mithilfe der EDV korrekt umgesetzt werden können. Dennoch zeigt dieser Fall einmal mehr, dass man bei Präparaten mit ähnlichen Namen besonders aufmerksam sein sollte und es empfehlenswert ist, sowohl die weiterführenden Angaben in der EDV als auch die Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie direkt zu überprüfen.

Christina Dunkel, Apothekerin, DAP

Dr. Lisa Apel, Apothekerin, DAP

Bei der Rezeptbelieferung sind unzählige Vorschriften zu beachten, sonst droht eine Retaxation. Das DeutscheApothekenPortal (DAP) bietet rund um Arzneimittelabgabe und Retaxprobleme Rat und Hilfe an: www.deutschesapothekenportal.de

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