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- DAZ 29/2023
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Arzneimittel und Therapie
Raus aus der Insulin-Pflicht?
Inselzelltherapie soll endogene Hormonproduktion bei Typ-1-Diabetikern wiederherstellen
Bei Typ-1-Diabetikern werden durch eine Autoimmunreaktion die Insulin-produzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört. Die Patienten sind deshalb lebenslang auf Insulin-Injektionen oder eine Pumpe angewiesen, um ihren Glucose-Stoffwechsel zu regulieren. Die Food and Drug Administration (FDA) ließ jetzt eine Zelltherapie zu, die Diabetikern die verlorenen Betazellen teilweise wieder zurückgeben soll [1]. Das Therapeutikum Donislecel (LantidraTM) des Unternehmens Celltrans besteht aus einer Suspension von allogenen Inselzellverbünden verstorbener Spender und wird als Infusion in die Pfortader verabreicht. Neben den Betazellen bestehen die Inselzellen auch aus Alpha-, Delta- und Epsilonzellen, die zusätzlich zum Insulin andere Hormone wie Glucagon, Somatostatin oder Ghrelin produzieren. Um die Fremdzellen vor den Angriffen des Immunsystems zu schützen, müssen begleitend Immunsuppressiva eingenommen werden.
Meist reicht eine Infusion
Die Therapie ist für Typ-1-Diabetiker indiziert, die unter einer herkömmlichen Therapie ihre HbA1C-Zielwerte aufgrund von schweren Hypoglykämien nicht erreichen. Infundiert wird das Zelltherapeutikum im Regelfall einmalig. Bei manchen Patienten können aber auch mehrere Infusionen nötig werden, damit sich genügend Inselzellen ansiedeln und Insulin produzieren. In den zwei Zulassungsstudien, in denen das Verfahren open label und ohne Kontrollgruppe an insgesamt 30 Probanden (Durchschnittsalter 46,5 Jahre) getestet wurde, erhielten 11 Probanden eine einzige Infusion [2]. Bei den restlichen Teilnehmern wurden in Abständen von einem Monat bis mehreren Jahren zwei oder drei Donislecel-Infusionen vorgenommen. Ein Großteil der Probanden (21 von 30) war nach einem Jahr dadurch nicht mehr Insulin-pflichtig und mussten kein Insulin mehr spritzen: zwölf Probanden benötigten für ein bis fünf Jahre kein von außen zugeführtes Insulin mehr, neun sogar über fünf Jahre. Bei fünf Probanden hingegen gelang die Therapie nicht, vier weitere konnten nur kurzzeitig auf eine Insulin-Therapie verzichten.
Häufige Nebenwirkungen
Abhängig von der Zahl der Infusionen und deren Abstand sowie der Nachbeobachtungszeit traten häufig unerwünschte Wirkungen auf: 87% der Probanden erlitten im Beobachtungszeitraum mindestens eine schwerwiegende unerwünschte Wirkung [2]. Am häufigsten verursachte die Zelltherapie Übelkeit, Fatigue, Anämie, Durchfall und Bauchschmerzen. Eine Mehrheit der Patienten erlitt mindestens eine schwere unerwünschte Arzneimittelwirkung im Zusammenhang mit der Infusion oder der immunsuppressiven Therapie. Anämien beispielsweise traten als Folge des Eingriffs und der Immunsuppression auf [2]. Bei der Infusion selbst muss der Blutdruck in der Pfortader überwacht werden. Immunsuppressiva erhöhen außerdem die Neigung zu Infektionen und malignen Neubildungen. Bei schwerwiegenden Nebenwirkungen muss die Immunsuppression gegebenenfalls abgesetzt werden, was zum Verlust der infundierten Inselzellen führt.
Zulassungsrahmen umstritten
Kritik an der Zulassung kommt von der Organisation „Islets for US“. Die Vereinigung kritisiert, dass LantidraTM als Arzneimittel zugelassen wurde, und nicht, wie in anderen Ländern üblich, als Gewebe oder Organ. In einem Paper aus dem Jahr 2022 argumentiert „Islets for US“, dass die an Biologika gestellten Standards nicht die Sterilität und Qualität der Inselzellen garantieren [3]. In Deutschland werden Inselzellspenden nach dem Transplantationsgesetz als Gewebe klassifiziert. |
Literatur
[1] FDA Approves First Cellular Therapy to Treat Patients with Type 1 Diabetes. Pressemitteilung der FDA, 28. Juni 2023, www.fda.gov/news-events/press-announcements/fda-approves-first-cellular-therapy-treat-patients-type-1-diabetes
[2] Fachinformation LantidraTM, Stand Juni 2023, www.fda.gov/media/169920/download
[3] Witkowski P et al. Islets Transplantation at a Crossroads – Need for Urgent Regulatory Update in the United States: Perspective Presented During the Scientific Sessions 2021 at the American Diabetes Association Congress. Front Endocrinol 2022;12:789526, doi: 10.3389/fendo.2021.789526
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