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Arzneimittel und Therapie
Auf welche Darreichungsform von Lorazepam man ausweichen kann
Sind Schmelztabletten durch herkömmliche Tabletten ersetzbar?
Mindestens bis zum 28. Februar 2024 müssen Apotheken und Kliniken gemäß Lieferengpassdatenbank noch auf die nächste Lieferung des Lorazepam-haltigen Präparates Tavor® 1,0 mg Expidet® warten. Beliebt sind diese Schmelztabletten unter anderem in der Palliativpharmazie. Ausgewichen werden soll in der Zwischenzeit auf andere Lorazepam-Präparate, z. B. auf die Lorazepam-neuraxpharm 1 mg-Tabletten. Aber ist ein Wechsel von Schmelz- auf herkömmliche Tabletten überhaupt so einfach möglich?
Eine Frage der Kinetik
Mit dieser Frage hat sich auch das Kompetenzzentrum Palliativpharmazie der LMU Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin München beschäftigt. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Pharmakokinetik. Anders als so mancher vermuten würde, erfolgt die Resorption von Lorazepam, auch aus Schmelztabletten, nur in vernachlässigbarer Menge über die Mundschleimhaut. Vielmehr zerfällt die Tablette im Mund, der Wirkstoff löst sich im Speichel und wird mit diesem hinuntergeschluckt. Die Resorption erfolgt dann im Dünndarm. Wirkstoffe, die in der Mundhöhle resorbiert werden sollen, wie etwa Fentanyl, werden daher als Sublingual- oder Buccaltabletten formuliert, die längere Zeit im Mund verweilen. Weiterhin stellt sich die Frage, ob die Resorption des bereits gelösten Wirkstoffes aus der zerfallenen Schmelztablette nicht doch schneller erfolgen kann als aus einer Tablette, bei welcher der Wirkstoff erst noch in Lösung gehen muss. Laut Hersteller bestehen keine Unterschiede in der Kinetik der beiden Darreichungsformen. Bedacht werden sollte allerdings, dass der Wirkeintritt bei einer Schmelztablette als schneller empfunden werden kann als bei einer Tablette.
Wenn das Schlucken nicht klappt
Aus Sicht der Pharmakokinetik sind Tabletten demnach ein vollwertiger Ersatz für die schnell freisetzende Darreichungsform. Was aber, wenn Patienten diese nicht schlucken können oder wollen? In solchen Fällen ist es möglich, die Tabletten zu suspendieren oder zu mörsern (Maßnahmen zum Eigenschutz beachten). Die Experten der Palliativpharmazie empfehlen, eine Tablette mit 3 bis 5 ml Wasser in einer Spritze zerfallen zu lassen. Aus dieser kann das Arzneimittel anschließend direkt oral verabreicht werden. Den Bedürfnissen der Patienten angepasst kann gegebenenfalls auch auf ein Präparat mit einer anderen Darreichungsform gewechselt werden – etwa auf ein subkutan oder als Tropfen applizierbares Arzneimittel.
Halbwertszeiten der Wirkstoffe beachten
Falls ein Wechsel auf ein anderes Benzodiazepin nötig wird, sollten die Halbwertszeit und die jeweilige Indikation beachtet werden. Ist eine länger anhaltende Anxiolyse gewünscht, kann etwa ein Wirkstoff mit einer längeren Halbwertszeit ausgewählt werden.
Weitere Informationen und eine Übersicht über Halbwertszeiten und verfügbare Darreichungsformen der verschiedenen Benzodiazepine finden sich im Informationsschreiben des Kompetenzzentrums Palliativpharmazie der LMU Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin. Zu diesem Schreiben gelangen Sie, wenn Sie den Webcode L7TJ5 auf DAZ.online eingeben. |
Literatur
[1] Suche nach „azepam“ und „azolam“ in der Kategorie „Wirkstoffe“ der Lieferengpassdatenbank von Pharmabund.net am 3. August 2023, https://anwendungen.pharmnet-bund.de/lieferengpassmeldungen/faces/public/meldungen.xhtml
[2] Lieferengpass Tavor® Expidet® – mögliche Alternativen? Informationen der LMU Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, Kompetenzzentrum Palliativpharmazie, Juli 2023, cdn.lmu-klinikum.de/0d932e4b2307de33/1f74fe7544a6/Frage-des-Monats-Juli-2023f_2.pdf
[3] Wird Lorazepam bei Anwendung der Schmelztabletten über die Mundschleimhaut resorbiert? Informationen der LMU Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, Kompetenzzentrum Palliativpharmazie, Juni 2021, cdn0.scrvt.com/4d3e519fe5939342b95c7312343779ef/231fcd8d0cbc6e7e/10997b7ab243/Frage-des-Monats-Juni-2021.pdf
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