Arzneimittel und Therapie

Dreier- schlägt Zweierkombination

Neue Präventionsstrategie reduziert schwere Graft-versus-Host-Erkrankungen

Einer aktuellen Studie zufolge könnte das derzeitige Therapie­regime zur Verhinderung einer Graft-versus-Host-Erkrankung nach einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation bald durch ein neues Vorgehen abgelöst werden. So führte eine Cyclophosphamid-basierte Dreierkombination zu besseren Ergebnissen als der bisherige, aus zwei Wirkstoffen bestehende Standard.

Der Erfolg einer allogenen hämato­poetischen Stammzelltransplantation hängt in hohem Maß von der Kontrolle einer Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) ab (s. Kasten „Graft-versus-Host-Erkrankung“). Seit rund 40 Jahren wird hierzu eine Kombination aus Methotrexat und einem Calcineurin-Inhibitor eingesetzt. Dennoch entwickeln mehr als die Hälfte der Transplantierten eine akute oder chronische Form dieser Erkrankung. Diese kann zu ernsthaften, teilweise tödlichen Komplikationen führen. Auf der Suche nach einer wirksameren Prävention wurden andere Therapie­regime untersucht, so auch eine Kombination aus Cyclophosphamid, Tacrolimus und Mycophenolat-Mofetil. Aufgrund überzeugender Ergebnisse einer Phase-II-Studie wurde zwischen 2019 und 2021 eine größere multizentrische, randomisierte, kontrollierte Phase-III-Studie durchgeführt. An ihr nahmen 431 erwachsene Patienten teil, die aufgrund einer hämatologischen Tumorerkrankung (unter anderem akute lympho­blastische Leukämie, akute myelo­ische Leukämie, myelodysplastisches Syndrom) eine allogene Stammzell­therapie erhalten sollten. Die Patienten wurden nach einer Vorbehandlung mit Chemotherapie mit oder ohne Strahlentherapie (Konditionierung) zwei Gruppen zugeteilt. Sie erhielten zur Prophylaxe einer Graft-versus-Host­-Erkrankung entweder eine aus Cyclophosphamid, Tacrolimus und Mycophenolat-Mofetil bestehende Dreierkombination (experimentelle Gruppe, n = 214) oder die aus Tacrolimus und Metho­trexat bestehende Standard­therapie (Standard-Gruppe, n = 217). Der primäre Studienendpunkt war das rückfallfreie Überleben nach einem Jahr ohne schwere akute (Grad III oder IV) oder chronische Graft-versus-Host-Erkrankung. In sekundären Endpunkten wurden weitere Parameter (unter anderem Überleben, Auftreten von Infektionen, Toxizitäten etc.) bestimmt.

Graft-versus-Host-Erkrankung

Eine Graft-versus-Host-Erkrankung (Graft-versus-Host-Disease, GvHD) ist eine Reaktion der Spender-Immun­zellen gegen Gewebe des Empfängers. Von der akuten Form sind 30 bis 60% der Patienten nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSZT) betroffen. Hauptmanifestationsstellen im Körper sind insbesondere Darm, Haut und Leber. Daneben trifft die chronische Form etwa 50% der Patienten nach einer HSZT. Sie tritt erstmalig meist protrahiert nach zwei bis 18 Monaten nach Transplantation auf und kann jedes Organ betreffen. Häufig werden beispielsweise Haut, Augen, Mundschleimhaut, Darm und Leber geschädigt. Die medikamentöse Prophylaxe beeinflusst maßgeblich die Ausprägung und Prognose der Graft-versus-Host-Erkrankung. In Deutschland wird zur Prophylaxe am häufigsten eine Kombination aus einem Calcineurin-Inhibitor, wie Cyclosporin A oder Tacrolimus, und Methotrexat oder Mycophenolat-Mofetil eingesetzt.

Dreifachkombination punktet insgesamt …

Im experimentellen Arm war die Wahrscheinlichkeit, dass eine schwere akute oder chronische Graft-versus-Host-Erkrankung, ein Rezidiv oder eine Progression der Krankheit oder Tod eintrat, um 36% geringer als im Standardarm (Hazard Ratio [HR] = 0,64; 95%-Konfidenzintervall [KI] = 0,49 bis 0,83; p= 0,001). Nach einem Jahr waren 52,7% (95%-KI = 45,8 bis 59,2) der Probanden in der experimentellen Gruppe rückfallfrei und ohne schwere Graft-versus-Host-Erkrankung noch am Leben. Unter der Standardtherapie waren es lediglich 34,9% (95%-KI = 28,6 bis 41,3). Dieser Vorteil zugunsten der experimentellen Therapie war vornehmlich der Reduktion schwerer akuter und chronischer Graft-versus-Host-Erkrankungen sowie einem verlängerten geschätzten Immunsuppressions-freien Überleben geschuldet.

… aber nicht in jeder Hinsicht

Die kumulative Inzidenz von Grad-II-Infektionen, aber nicht Grad-III-Infektionen, lag nach zwölf Monaten in der experimentellen Gruppe mit 33,7% höher als in der Standardgruppe (20,5%). Nach 100 Tagen waren die kumulativen Inzidenzen für die Reaktivierung einer Cytomegalievirus(CMV)-Infektion sowie für akute Graft-versus-Host-Erkrankungen der Schweregrade II bis IV in beiden Gruppen ähnlich.

Die beiden Gruppen werden weiter nachbeobachtet, um eventuell auftretende Spätkomplikationen zu erfassen. Insgesamt war die experimentelle Dreifachkombination dem Standard­regime in einigen Punkten überlegen, aber die Ergebnisse müssten laut den Studienautoren noch bestätigt werden. |

 

Literatur

Bolaños-Meade J et al. Post-Transplantation Cyclophosphamide-Based Graft-versus-Host Disease Prophylaxis. N Engl J Med 2023;388(25):2338-2348, doi: 10.1056/NEJMoa2215943

Graft-versus-Host Erkrankung, akut. Onko­pedia-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. unter Beteiligung weiterer Fachgesellschaften, Stand: Juli 2022

Graft-versus-Host Erkrankung, chronisch. Onkopedia-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. unter Beteiligung weiterer Fachgesellschaften, Stand: Januar 2023

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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