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Wirtschaft
Was ist meine Apotheke wert?
Objektivierte Wertermittlung mithilfe des klassischen Ertragswertverfahrens
Den Wert einer Apotheke zu ermitteln, ist für Verkäufer und Käufer gleichermaßen interessant. Um zu ökonomisch begründeten Werten zu gelangen, hat sich die Erstellung eines neutralen Bewertungsgutachtens bewährt, auf dessen Basis anschließende Kaufpreisverhandlungen zwischen den Parteien erfolgen können. Faustformeln und Praktikermethoden (X% vom Umsatz) sind strikt abzulehnen, da sie zu falschen und nicht begründbaren Ergebnissen führen.
Standardisierte Bewertung
Nach herrschender Meinung in Bewertungstheorie, -praxis und höchstrichterlicher Rechtsprechung bildet der Standard IDW S1 des Instituts der Wirtschaftsprüfer den Rahmen für die Ermittlung von Unternehmenswerten und folglich auch für die Bewertung von Apotheken. Dem IDW S1 zufolge wird der Wert eines Unternehmens über das klassische Ertragswertverfahren (EW) beziehungsweise das Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF) ermittelt. Dabei ist der Wert ausschließlich aus der Fähigkeit des Unternehmens abzuleiten, zukünftige finanzielle Überschüsse für die Eigner zu erzielen (= Zukunftserfolgswert). Es werden alle zukünftigen Nettozuflüsse ermittelt und mit einem risikoadäquaten Kapitalisierungszinssatz – über die Formel der ewigen Rente – auf den Bewertungsstichtag abgezinst. Vereinfacht ausgedrückt ergibt sich der Wert einer Apotheke damit nach der Formel:
Ablauf eines Bewertungsprozesses
Der Prozess der Unternehmensbewertung besteht aus mehreren Einzelschritten, die aufeinander aufbauen. Die Abbildung 1 zeigt die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Bewertung nach dem klassischen Ertragswertverfahren.
1. Analyse der Vergangenheitswerte
Zunächst ist es notwendig, die wirtschaftliche Situation der Apotheke während der letzten üblicherweise drei bis fünf Wirtschaftsjahre umfassend zu analysieren, um Besonderheiten, Entwicklungstendenzen, Risikofaktoren und Chancen zu erkennen. Einen zentralen Stellenwert haben dabei unter anderem
- die wesentlichen apothekenbetrieblichen Kennzahlen,
- die Umsätze und Aufwendungen,
- die Struktur des Versorgungsprofils,
- die Standortbedingungen (Wettbewerber, Hauptverordner etc.) und
- die gesetzgeberischen beziehungsweise wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
2. Bereinigung der Vergangenheitswerte
Anschließend sind die Vergangenheitswerte – wie in der Bewertungspraxis üblich – um Ereignisse zu bereinigen, die das Jahresergebnis atypisch beeinflusst haben.
Beispiele hierfür sind unter anderem
- Erlöse oder Aufwendungen aus Anlageverkäufen,
- die Bildung oder Auflösung von Rückstellungen,
- außerordentliche Instandhaltungsaufwendungen,
- hohe Personalkosten durch temporäre krankheitsbedingte Ausfälle.
3. Prospektive Ergebnisermittlung
Bei der Wertermittlung ist auf die der Apotheke innewohnende und übertragbare Ertragskraft abzustellen. Allerdings kann man nicht davon ausgehen, dass sich die Erträge der Vergangenheit auch in der Zukunft unverändert erzielen lassen. Vielmehr wird der nachhaltige Ertrag von einer Vielzahl von Einflussfaktoren bestimmt. Dies können zum Beispiel Veränderungen
- der gesundheitspolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen,
- der Versorgungsaufgabe,
- der Standortfaktoren im Einzugsbereich (Mietvertrag, Ärztestruktur, Standortdaten, Verkehrslage, Wettbewerber),
- der Betriebsstruktur (Umsatz, Betriebsaufwendungen) sein.
Ebenso ist der Zustand der Apotheke, über den sich notwendige Reinvestitionen erkennen lassen, einzubeziehen.
4. Kalkulatorischer Unternehmerlohn
Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften darf kein Unternehmerlohn in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden. Da aber jede unternehmerische Tätigkeit eine Dienstleistung darstellt und somit einen Aufwandscharakter besitzt, lässt sich diese steuerrechtliche Vorschrift betriebswirtschaftlich nicht rechtfertigen. Daher ist es in der Literatur unumstritten, dass bei der Unternehmensbewertung ein individuell kalkulierter Unternehmerlohn vom bereinigten Zukunftsergebnis abgezogen werden muss. Der Unternehmerlohn wird in aller Regel nach der Vergütung bestimmt, die eine nicht am Unternehmen beteiligte Geschäftsführung in vergleichbarer Tätigkeit erhalten würde. Die Höhe richtet sich jeweils nach dem Einzelfall und den individuellen Verhältnissen.
Expertentipp
Der Markt der Apothekenberater ist groß und einige Experten sind der Auffassung, dass Apotheken nicht nach dem klassischen, sondern nach dem für die Bewertung von Freiberuflerpraxen (insbesondere Arztpraxen) konzipierten, sogenannten modifizierten Ertragswertverfahren zu bewerten seien. Unserer Ansicht nach lässt sich diese Auffassung weder durch die Fachliteratur noch durch die Rechtsprechung legitimieren. Nach herrschender Meinung und der Auffassung des IDW ist für die Bewertung von Apotheken das hier dargestellte klassische Ertragswertverfahren anzuwenden.
5. Berücksichtigung der Steuern
Vom Reinertrag nach Unternehmerlohn sind noch die Gewerbe- und die (typisierte) Einkommensteuer (inklusive Gewerbesteueranrechnung) abzusetzen. Der Gedanke dahinter: Dem Inhaber stehen die zufließenden Gewinne aus dem Unternehmen netto zur Verfügung.
6. Kapitalisierungszinssatz
Der so verbleibende Nettoertrag (nach Unternehmerlohn und Steuern) ist sodann zu kapitalisieren, das heißt auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen. Die Höhe des Kapitalisierungszinssatzes ergibt sich dabei aus dem Basiszins (risikofreier Zinssatz) und einem Risikozuschlag für das allgemeine Marktrisiko und das unternehmensindividuelle Risiko der Apotheke. Die Abzinsung erfolgt unter der Prämisse einer grundsätzlich unbegrenzten Lebensdauer der Apotheke nach der Formel der ewigen Rente.
7. Apothekenwert
Der so ermittelte Apothekenwert beinhaltet das betriebsnotwendige Anlagevermögen, das betriebsgrößen- und versorgungsprofiltypische Warenlager sowie den ideellen Firmenwert. Alle weiteren Aktiva und Passiva werden vom Verkäufer abgewickelt.
Die Bewertung einer Apotheke erfordert hohes branchenspezifisches Fachwissen, um die Besonderheiten zu erkennen und sachgerecht in den Wert einfließen zu lassen. Auf Basis der Wertermittlung kann anschließend der finale Kaufpreis ausgehandelt werden. |
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