Arzneimittel und Therapie

Hühner gegen Grippe schützen

Genom-Editierung als mögliche Abwehr

Foto: Jacqueline Anders/AdobeStock

js | Prophylaktisches Impfen von Geflügel gegen Vogelgrippe ist in der EU verboten. Zum einen, weil nach einer Impfung keine eindeutige Unterscheidung zwischen geimpften und infizierten Tieren mehr möglich ist. Zum anderen, weil es durch den Selektionsdruck zu einem Antigendrift des Influenza-Virus kommen kann. Geimpft werden darf Geflügel nur, wenn es zu einem Ausbruch der aviären Influenza in einer viehdichten Region kommt, mit dem Zweck, die weitere Ausbreitung aufzuhalten. Eine medizinische Behandlung infizierter Tiere ist nicht gestattet. Größere Ausbrüche bedeuten, dass die Bestände getötet werden müssen. Forscher untersuchen nun einen neuen Ansatz, der helfen könnte, Ausbrüche der Vogelgrippe zu verhindern: Mittels Genom-Editierung wollen sie Hühner gegen Influenza-A-Viren resistent machen. Zentral sind dabei die Wirts-Proteine der ANP32-Familie. Diese Proteine werden von den Viren benötigt, damit sie mittels viraler RNA-Polymerase ihr Genom replizieren, exprimieren und sich im Wirt vermehren können. Die Wissenschaftler veränderten das Genom der Hühner gezielt an zwei Stellen der codierenden DNA für das Protein ANP32A. Zwei Aminosäuren wurden ausgetauscht und dadurch die Inter­aktion von ANP32A mit der viralen RNA-Polymerase gestört. Die Veränderungen führten dazu, dass sich bei geringer Viruslast neun von zehn Hühnern nicht infizierten. Bei steigender Viruslast brach die Infektion aber durch. In Hühnerembryonen, in denen das gesamte Protein ANP32A entfernt wurde, konnte sich das Influenza-A-­Virus unerwarteterweise trotzdem replizieren, es wich dazu auf die Wirts-Proteine ANP32B und E aus. Wurden diese Proteine zusätzlich editiert, wurde jegliches virales Wachstum von Influenza-A-Viren gestoppt. Der massive genetische Eingriff bliebe aber für die Tiere sehr wahrscheinlich nicht folgenlos. Ob Genom-Editierung zur Bekämpfung der Vogelgrippe infrage kommen könnte, muss weiter kritisch untersucht werden. Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit bestehen viele Risiken, z. B. negative gesundheitliche Folgen für Mensch und Tier. Verlängerte Inkubations­zeiten der genetisch veränderten Tiere könnten dazu führen, dass mehr adaptierte Krankheitserreger entstehen. |

Literatur

Idoko-Akoh A et al. Creating resistance to avian influenza infection through genome editing of the ANP32 gene family. Nat Commun 2023;14(1):6136

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