Aus den Ländern

Pharmazeutische Hilfe für alle

Das Ökumenische Pharmazeutische Netzwerk (EPN) will Zugang und Qualität weltweit verbessern

TÜBINGEN (gg) | Überall auf der Welt werden Menschen krank, und benötigen neben medizinischer auch pharmazeutische Hilfe. Dass sie diese auch bekommen, ist nicht überall selbstverständlich. Eine Organisation, die sich für den weltweiten Zugang zu hochqualitativer, pharmazeutischer Versorgung bis in die entlegensten Gebiete einsetzt, ist das Ökumenische Pharmazeutische Netzwerk (EPN). Mitglieder und Unterstützer hat das Netzwerk auch in Deutschland. Die DAZ war beim EPN-Partnerdialog in Tübingen zu Gast und hat einen Einblick in aktuelle Netzwerk-Aktivitäten erhalten.

Richard Neci kennt die Herausforderungen sehr gut. Wenn man den geschäftsführenden Direktor des Ökumenisch Pharmazeutischen Netzwerks (Ecumenical Pharmaceutical Network, EPN) fragt, was den Zugang zu hochwertiger und sicherer pharmazeutischer Versorgung weltweit be­einträchtigt, erhält man als Antwort gleich eine ganze Liste mit Herausforderungen, vor denen insbesondere Gesundheitseinrichtungen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen stehen. Da wäre beispielsweise der Zugang zu hochwertigen Arzneimitteln aus sicheren Bezugsquellen, der nicht immer gegeben ist.

Foto: Gesa Gnegel

Netzwerktreffen in Tübingen Der Einladung zum EPN-Treffen am 11. Oktober folgten etwa 30 Teilnehmer von 10 Organisationen: darunter Hilfsorganisationen, Anbieter von Logistikdienstleistern und medizinischen Produkten sowie Forschungseinrichtungen.

Oft fehlt das Fachpersonal

Aber auch ausgebildetes Fachpersonal ist knapp. Oft ist nicht einmal ein Pharmacy Assistant (niedrigste pharmazeutische Ausbildungsstufe, in Deutschland nicht gebräuchlich) zu­gegen, von Apothekerinnen, Apothekern oder PTA ganz zu schweigen. Pharmazeutische Tätigkeiten wie die Beschaffung, Lagerung und Abgabe von Arzneimitteln müssen dann von anderen Gesundheitsberuflern, häufig Pflegekräften, übernommen werden. Aber auch der Zugang zu Aus- und Weiterbildung und Fachwissen im Allgemeinen ist oft eingeschränkt, sodass eine große Zahl von pharmazeutischen Einrichtungen nicht in der Lage sind, sinnvolle Systeme und Strukturen (etwa SOPs und Leitlinien) umzusetzen oder selbst zu entwickeln.

Hier setzt das EPN, eine kirchliche Non-Profit-Organisation, an. Insgesamt 139 Mitglieder in 38 Ländern hat das Netzwerk derzeit, darunter kirchliche Zentralapotheken, kirchliche Ausbildungseinrichtungen und kirchliche Krankenhäuser. Denn: Anders als in Deutschland gibt es in vielen Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen neben einem staatlichen auch einen privaten und einen kirchlichen Gesundheitssektor mit je eigenen medizinischen, aber auch pharmazeutischen Einrichtungen. EPN kooperiert mit Einrichtungen aus dem kirchlichen Sektor, der auf dem afrikanischen Kontinent etwa 40 Prozent der Versorgungs­leistung ausmacht.

Unterstützung bekommt das in Nairobi (Kenia) basierte Netzwerk dabei auch von einigen Deutschen Organisationen und Einrichtungen, deren Vertreterinnen und Vertreter das Deutsche Institut für Ärztliche Mission (Difäm) zum Netzwerken und Stärken der Partnerschaften am 11. Oktober nach Tübingen eingeladen hatte. Der Einladung folgten etwa 30 Teilnehmende von zehn Organisationen – darunter Hilfsorganisationen, Anbieter von Logistikdienstleistungen und medizinischen Produkten sowie Forschungseinrichtungen.

Der Tag bot EPN die Gelegenheit, den aktuellen Stand seiner Projekte vorzustellen. Ein Schwerpunkt liegt etwa auf der Aus- und Weiterbildung von pharmazeutischen Fachkräften. Hierfür bietet EPN mittlerweile mehr als 40 E-Learning-Kurse an, mit denen sich schon mehr als 1700 Fachkräfte Kenntnisse aneigneten. Auch Stipendien vergibt EPN, mit denen der Besuch von Diplom- oder Masterkursen ermöglicht wird.

Auch Antibiotikaresistenzen stehen auf der Agenda

Ein weiteres Kernthema von EPN ist die Sicherung der Arzneimittelqualität und damit verbunden der Lieferketten. Damit immer mehr EPN-Mitgliedsorganisationen die Möglichkeit haben, ihre Arzneimittel aus sicheren Bezugsquellen einzukaufen, organisiert EPN etwa die Präqualifizierung von Lieferanten, die mehrere Netzwerkpartner beliefern, und arbeitet an einer Datenbank mit überprüften Lieferanten. Auch das Thema Antibiotikaresistenzen steht auf der Agenda und wird von EPN beispielsweise durch das Einsetzen von entsprechenden Komitees in Krankenhäusern unterstützt, die hier auf den rationalen Einsatz von Antibiotika achten.

Im weiteren Verlauf berichteten einige der anwesenden Partner-Organi­sationen von ihren gemeinsamen Projekten mit EPN. Christine Häfele-Abah (Difäm, Leitung Pharmazeutische Projekte und Beschaffung) schilderte die Entwicklung des Minilab Netzwerkes – eines Zusammenschlusses von pharmazeutischen Einrichtungen die mithilfe von ein­fachen Analysemethoden wie der Dünnschichtchromatographie, die Qualität von Arzneimitteln screenen. Das von EPN und Difäm gemeinsam koordinierte Netzwerk hat im Jahr 2022 mehr als 1400 Test durchgeführt und dabei 15 Arzneimittelfälschungen ausfindig gemacht.

Prof. Dr. Lutz Heide (Universität Tübingen) erläuterte eine Studie, die er derzeit mit einer EPN-Mitgliedsorgansation in Nigeria durchführt. 260 Arzneimittelproben haben die Forschenden hierfür gesammelt und analysiert, wobei insbesondere Präparate mit dem Wirkstoff Dexamethason durch schlechte Qualität auffielen. Mehr zum Minilab und der Studie in Nigeria erfahren Sie im Artikel „Bessere Versorgung: Ein Labor aus dem Koffer“ auf den vorhergehenden Seiten.

E-Learning: Fast 70 Prozent loggen sich per Handy ein

Dr. Beate Lettmeier (Apotheker Helfen, Projektkoordinatorin) schilderte die Evaluation eines der von EPN angebotenen E-Learning-Kurse. Bei dieser haben sie festgestellt, dass fast 70 Prozent der Kursteilnehmenden sich über ein Handy einloggen, vermutlich weil ihnen kein Computer zur Verfügung steht. Es ist daher für die Teilnehmer ein wichtiger Faktor für das erfolg­reiche Absolvieren der Kurse, dass ausreichend Handyguthaben zur Verfügung steht.

Christoph Bonsmann (action medeor, Vorstand) beschrieb anschließend, warum sich action medeor dazu entschieden hat, ein Labormanagementsystem selbst programmieren zu lassen und welche weiteren Funktionen dafür in Zukunft geplant sind. Zu guter Letzt lud Prof. Dr. Peter Imming (Universität Halle) die Anwesenden ein, sich einem neuen Forschungs­vorhaben anzuschließen. In diesem soll es um den Umgang mit abgelaufenen Arzneimitteln inklusive deren sichere Entsorgung in afrikanischen Ländern gehen.

Eines wurde zum Abschluss der Partnerdialogs klar: Die Arbeit wird weder EPN noch seinen Unterstützern in den kommenden Jahren ausgehen |

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