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Beratung

Hilfe bei Scheidentrockenheit

Pflegeprodukte für mehr Feuchtigkeit im Intimbereich

Scheidentrockenheit ist nicht nur ein häufiges Begleitsymptom der Wechseljahre und der Postmenopause. Auch jüngere Frauen können betroffen sein, beispielsweise nach einer Chemo- oder Strahlentherapie oder bei starker psychischer Belastung. In der Beratung ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn Betroffene scheuen sich oft davor, über ihre Symptome zu sprechen. | Von Claudia Bruhn 

Der häufigste Grund für vaginale Trockenheit ist das Absinken der Östrogenspiegel etwa ab dem 45. Lebensjahr. Die Folgen dieses natürlichen Alterungsprozesses sind vor allem dünnere, weniger elastische und empfindlichere Schleimhäute im gesamten vulvovaginalen Bereich sowie eine geringere Sekretion von Scheidenflüssigkeit. Auch jüngere Frauen können von vaginaler Trockenheit betroffen sein, beispielsweise in Lebensphasen mit schwankenden Östrogenspiegeln wie Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit oder nach chirurgischen Eingriffen wie Hysterektomie oder Ovariektomie. Tumortherapien (Chemotherapie, Antihormontherapie, Bestrahlung), die Einnahme von Arzneimitteln wie Kontrazeptiva oder Antihistaminika oder Erkrankungen wie das Sjögren-Syndrom, Diabetes mellitus oder Endometriose können ebenfalls zu Scheidentrockenheit führen. Auch in Zeiten starker psychischer Belastung oder bei psychischen Erkrankungen wie beispielsweise Depression, verringert sich oft die Durchblutung der Vaginalschleimhaut, wodurch Scheidentrockenheit begünstigt werden kann.

Starke Beeinträchtigung der Lebensqualität

Zu den Hauptsymptomen bei vaginaler Trockenheit zählen neben einem Trockenheits- und Druckgefühl auch Juckreiz, Brennen und Schmerzen, wodurch sich Betroffene oft stark beeinträchtigt fühlen. Die unzureichende Befeuchtung der vulvovaginalen Schleimhaut verursacht unbehandelt Schmerzen beim Sex und kann sich negativ auf eine Paarbeziehung auswirken. Singlefrauen können sich aus Angst vor Schmerzen gehemmt fühlen, neue sexuelle Beziehungen einzugehen. In einem trockenen, atrophierten Vaginalepithel ist häufig auch die Produktion von Glykogen, einem Substrat für die dort heimischen Laktobazillen, beeinträchtigt. Wenn sich dadurch die Zahl der Laktobazillen reduziert, sinkt die Milchsäureproduktion und der vaginale pH-Wert steigt an. Dadurch wird die Abwehr von unerwünschten Bakterien beeinträchtigt, das Risiko für Scheiden- und Harnwegsinfektionen steigt an. Außerdem steigt das Verletzungsrisiko der atrophierten Schleimhaut, sodass Bakterien, Pilze oder Viren leichter eindringen können (siehe Abbildung).
 

Abb.: Sinkende Östrogenproduktion Eine dadurch bedingte vulvovaginale Trockenheit führt nicht nur zu Juckreiz, Brennen und Schmerzen, sondern erhöht auch das Risiko für Scheiden- und Harnwegsinfektionen (modifiziert nach [Naumova et al. 2018]).

Mit dem Tabuthema umgehen

Selbst bei starken Beschwerden scheuen sich viele Betroffene, das Thema in der Apotheke anzusprechen. Einige Frauen akzeptieren in Unkenntnis der verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten ihre Symptome als Teil des natürlichen Alterungsprozesses. Eine andere Möglichkeit, ihr Problem zu lösen, sehen Betroffene im Kauf eines Produktes im Drogeriemarkt. Angesichts der Produktvielfalt und der fehlenden Beratung ist die Wahrscheinlichkeit jedoch groß, dass dabei ein wenig geeignetes Mittel erworben wird. Die diskrete Beratung in der Apotheke erscheint deshalb als der beste Weg, für jede Kundin das geeignete Produkt zu finden (Präparatebeispiele siehe Tab. 1). Zusätzlich sollte das Apothekenpersonal darauf hinweisen, dass psychische Belastungen und bestimmte Lebensstilfaktoren wie Rauchen oder riskanter Alkoholkonsum einen Beitrag zur vaginalen Trockenheit leisten können. Entspannungsmethoden wie autogenes Training können psychische Belastungen mildern. Yoga und Sportarten, die auch die Beckenbodenmuskulatur kräftigen, steigern die Durchblutung der vulvovaginalen Schleimhaut und reduzieren zusätzlich das Risiko für weitere häufige Funktionsstörungen bei älteren Frauen wie beispielsweise Harninkontinenz.

Das geeignete Produkt finden

Die verfügbaren Mittel lassen sich prinzipiell in drei Kategorien einteilen:

  • Mittel zur Unterstützung des physiologischen Scheidenmilieus
  • Mittel zur Pflege und Befeuchtung (Moisturizer)
  • Gleitmittel (Lubrikantien)

Einige Produkte sind so zusammengesetzt, dass damit mehrere Bedürfnisse erfüllt werden können. So findet sich beispielsweise in den Gebrauchsinformationen vieler Moisturizer, dass sie auch als Gleitmittel angewendet werden können. Bei der Auswahl eines geeigneten Präparats sollte deshalb erfragt werden, welches Symptom im Vordergrund steht.

Unterstützung des Scheidenmilieus

Bei einer Neigung zu häufigen Vaginalinfektionen sowie im Anschluss an die Behandlung einer Scheideninfektion mit Antibiotika oder Antimykotika sind Produkte mit Milchsäure oder Laktobazillen empfehlenswert (z. B. Vagisan® ProBioFlora Milchsäure Bakterien Vaginalkapseln). Sie können auch als Ergänzung zu einem Antibiotikum angewendet werden (z. B. KadeFlora® Milchsäurekur). Bei Kinderwunsch ist zu beachten, dass einige Produkte die Spermienbeweglichkeit beeinträchtigen können.

Pflege und Befeuchtung der Vaginalschleimhaut

Cremes zur Anwendung in der Scheide und im äußeren Intimbereich können typische Symptome bei vaginaler Trockenheit wie ein Trockenheits- oder Druckgefühl, Brennen, Juckreiz und Schmerzen lindern. Durch eine Kombination von wasserbindenden Inhaltsstoffen wie Hyaluronsäure, Glycerol und Lipiden befeuchten sie die Schleimhaut und erhöhen gleichzeitig ihre Geschmeidigkeit. Solche Kombina­tionen schützen zudem die Schleimhaut vor kleinen Verletzungen. Einige Hersteller bieten Alternativen zu Feuchtcremes an: Vaginalzäpfchen, die in der Scheide schmelzen sind empfehlenswert für Frauen, die keine Applikatoren anwenden möchten (z. B. Vagisan® Cremolum). Während der Schwangerschaft sollten Applikatoren aus Sicherheitsgründen nicht verwendet werden. Stattdessen wird das Produkt mit einem sauberen Finger in die Scheide eingeführt. Die Produkte sind entweder zur täglichen Anwendung oder zum Einsatz in bestimmten Zeitabständen (z. B. Replens® Vaginalgel alle drei Tage) empfohlen.

Hinweise zu Lubrikantien

Einige Feuchtcremes eignen sich auch zur Anwendung vor dem Intimverkehr. Kundinnen, die vaginale Trockenheit vor allem beim Intimverkehr als beeinträchtigend empfinden, setzen häufig Gleitmittel (Lubrikantien) aus dem Drogeriemarkt ein. Auch einige Anbieter von Feuchtcremes bieten Lubrikantien an (z. B. Gleitgelen, Dr. Wolff). Diese Produkte besitzen Wasser-, Silikon-, Mineral- oder Pflanzenöl-basierte Grundlagen und enthalten verschiedene Zusatzstoffe. In der Apotheke sollten Kundinnen, die sich zu diesem Thema eine Beratung wünschen, folgende Aspekte mitgegeben werden

  • Inhaltsstoffe von Gleitmitteln wie Glycerol oder Parabene können sich negativ auf die Laktobazillen im Scheiden­milieu auswirken.
  • Paare mit Kinderwunsch sollten berücksichtigen, dass Inhaltsstoffe die Beweglichkeit von Spermien beeinträchtigen können.
  • bei gleichzeitiger Anwendung von Lubrikantien mit latexhaltigen Kondomen kann deren Sicherheit verringert sein. Dies trifft auch auf einige Moisturizer zu; entsprechende Hinweise finden sich in den Gebrauchsinformationen.

Reinigung: weniger ist mehr

Der pH-Wert der vaginalen Flüssigkeit liegt zwischen 3,8 und 4,4. Kundinnen sollte im Beratungsgespräch vermittelt werden, dass die Vagina zur Selbstreinigung in der Lage ist und herkömmliche Duschgele diese pH-Balance beeinträchtigen können. Deshalb ist es völlig ausreichend, den Intimbereich ein- bis zweimal täglich mit lauwarmem Wasser zu waschen oder unter der Dusche oder im Bidet warm abzuspülen. In bestimmten Situationen wie beispielsweise während der Menstruation, während einer Vaginalinfektion oder nach dem Sex, haben Frauen oft das Bedürfnis, eine Waschlotion anzuwenden. Solche Produkte (z. B. Sagella® HydraSerum Intimwaschlotion,) sind durch ihren Gehalt an Milchsäure an den physiologischen pH-Wert angepasst. Wegen ihres Gehalts an Pflanzenauszügen werden diesen Produkten auch antientzündliche und reizlindernde Eigenschaften zugeschrieben. Produkte mit Schaumbildung (z. B. Multi-Gyn® FemiWash Schaum) sind zur Anwendung während der Intimrasur empfehlenswert.

Grenzen der Selbstmedikation

Wenn sich die Beschwerden durch die Anwendung der genannten Produkte nicht lindern lassen, kann die Verordnung von topischen oder oral anzuwendenden Hormonpräparaten eine Option sein. Eine Konsultation in der gynäkologischen Praxis ist auch dann notwendig, wenn die Beschwerden auf einen Vaginalinfektion hindeuten (s. Tab. 2). |

Tab. 2: Selbstmedikation bei Scheidentrockenheit Was sich für welche Symptome eignet und wann die Kundin an den Arzt verwiesen werden sollte.
Symptome
Empfehlung
Juckreiz im Genitalbereich in Verbindung mit Ausfluss (weißlich, bräunlich, blutig oder wässrig), fischartiger Geruch, gerötete Schleimhäute
Ärztliche Abklärung
Trockenheitsgefühl, Schmerzen, erhöhter pH-Wert
Pflegeprodukt (Moisturizer) mit saurem pH-Wert
Schmerzen beim Sex
Gleitmittel (Lubrikant), ggf. mit saurem pH-Wert
Weiter bestehende Beschwerden trotz topischer Hormontherapie
Zusatzbehandlung mit Pflegeprodukt (Moisturizer) nach Arztrücksprache
Symptome vaginaler Trockenheit und Kinderwunsch
Produkt ohne Beeinträchtigung der Spermienbeweglichkeit wählen

Literatur

Edwards D, Panay N Treating vulvovaginal atrophy/genitourinary syndrome of menopause: how important is vaginal lubricant and moisturizer composition? Climacteric 2016; 19 (2): 151–161

Heine L, Kerkhoff J. Scheidentrockenheit. https://www.netdoktor.de/symptome/scheidentrockenheit/#Erkrankungen, Abruf am 31.10.2023

Lennecke K, Hagel K. Selbstmedikation für die Kitteltasche. 7. Aufl. (2021), Deutscher Apotheker Verlag

Naumova I, Castelo-Branco C Current treatment options for postmenopausal vaginal atrophy. Int J Woman’s Health 2018; 10: 387–395

Neubeck A. Evidenzbasierte Selbstmedikation. 6. Aufl. (2023), Deutscher Apotheker Verlag

Gebrauchsinformationen der genannten Produkte

Autorin

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin und Autorin in Berlin. Seit 2001 schreibt sie Beiträge für Zeitschriften des Deutschen Apotheker Verlags sowie für medizinische Fachverlage.

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