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Anhörung im Bundestag
Grüne: Cannabis-Arzneimittel für mehr Patienten
Cannabis-Arzneimittel könnten vielen Schwerkranken helfen – das ist durch wissenschaftliche Studien belegt. Doch es gibt viele rechtliche Hürden, die den Patienten den Zugang zu Medizinal-Cannabis oder Arzneimitteln mit aus Cannabis gewonnenen Wirkstoffen erschweren. Hinzu kommt, dass die Krankenkassen die teuren Therapiekosten oft nicht übernehmen. Das wollen die Grünen ändern.
In ihrem Antrag verlangt die Grünen-Fraktion von der Bundesregierung unter anderem einen Gesetzentwurf vorzulegen, um betäubungsmittelrechtliche Strafverfahren bei Patienten zu vermeiden, „wenn sie Cannabis auf der Basis einer ärztlichen Empfehlung besitzen, anbauen oder sich verschaffen“. Es sei ein Verfahren zu entwickeln, nach dem ärztliche Empfehlungen für die Verwendung von Cannabis-Medikamenten anhand einer Liste von Indikationen aufgestellt und nachgewiesen werden können. Außerdem plädieren die Grünen dafür, schwerstkranken, jedoch nicht an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung leidenden Patienten einen Anspruch auf Kostenübernahme für Medikamente im Off-Label-Use zu ermöglichen.
Professor Lukas Radbruch, Facharzt für Anästhesiologie und Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, sieht keinen Grund dafür, die Anwendung medizinischer Cannabisprodukte auf tödliche Erkrankungen zu beschränken. Allerdings gebe es bisher zu wenige Studien mit hohem Evidenzniveau, die einen Nutzen der Behandlung beweisen, sagte er in der Anhörung. Laut Professor Thomas Henze von der Deutschen Multiple Sklerose-Gesellschaft profitieren viele Patienten von einer Behandlung.
Der Sachverständige Professor Lorenz Böllinger sagte: Wahrscheinlich würden sich weniger Betroffene Cannabis-Produkte illegal beschaffen, wenn die Krankenkassen ihnen die Therapie – bis zu 1500 Euro monatlich – bezahlen. Georg Wurth vom Deutschen Hanf-Verband und Gabriele Gebhardt von der Patientenvereinigung Selbsthilfenetzwerk Cannabis als Medizin erläuterten anhand von Beispielen, wie kompliziert die finanzielle und rechtliche Lage von Betroffenen sei. Viele Patienten seien in der Vergangenheit zu Geld- oder Haftstrafen verurteilt worden.
Den Eigenanbau von Cannabis zum therapeutischen Gebrauch lehnt Professor Friedemann Paul, Leiter der Hochschulambulanz für Neuroimmunologie an der Berliner Charité, ab. Die genaue Zusammensetzung der selbstgezüchteten Pflanzen sei unbekannt, das gehe mit Wirkschwankungen einher. Außerdem sei nicht abzuschätzen, wie stark die Pflanzen mit Schadstoffen kontaminiert sind.
Die von den Grünen geforderte Indikationsliste hält Paul für „absolut sinnvoll“. So könnten Erfahrungen gesammelt und gebündelt werden, erklärte er. Laut Stephan Simon vom GKV-Spitzenverband gehe aus der Forderung hervor, dass ein „Bunter Strauß von Erkrankten behandelt werden soll“. „Wir lehnen eine solche Pauschalisierung ab“, stellte er vor den Abgeordneten klar.
Simon erklärte, die Voraussetzungen für eine generelle Kostenübernahme einer Therapie mit Cannabis oder Cannabis-haltigen Arzneimitteln durch die gesetzlichen Krankenkasse seien nicht gegeben. Damit die Kasse die Behandlung bezahlt, müsse das jeweilige Arzneimittel zugelassen sein. Im Einzelfall werde geprüft, ob eine Erstattungsfähigkeit vorliege.
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Berlin - 11.05.2012, 09:15 Uhr