Retax-Gefahr?

Erstattungsbetrag versus Importquote

Berlin - 13.02.2013, 09:58 Uhr


Seit Monatsbeginn werden die Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel abgerechnet – 13 Präparate sind betroffen. Auch wenn die Botschaft lautete, dass bei GKV-Rezepten keine Besonderheiten zu beachten sind, tauchen in der Praxis erste Probleme auf. Wie ist etwa vorzugehen, wenn es neben dem Original mit Erstattungsbetrag auch einen zunächst „preisgünstig“ erscheinenden Import gibt?

Beispiel Zytiga (Abirateronacetat): Hier ist zwischen dem Originalhersteller Janssen-Cilag und dem GKV-Spitzenverband ein Erstattungsbetrag vereinbart. In der Apothekensoftware ist dies allerdings nicht direkt zu erkennen. Hier wird derzeit ein GKV-VK von 4.746,21 Euro angezeigt. Zugleich finden sich mehrere als preisgünstig gekennzeichnete Importe für 4.730,23 Euro. Der Preisvorteil des Importes beträgt, bezogen auf den GKV-VK also 15,98 Euro. Die Vorgaben der Importregelung (§ 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V) sind damit auf den ersten Blick erfüllt – der Preisabstand beträgt etwas über 15 Euro. Also: Importquote erfüllen, um sich keinem Retax-Risiko auszusetzen?

Doch ein Blick in den Stammsatz zeigt: Für das Janssen-Cilag-Präparat gibt es einen Erstattungsbetrag. 439,56 Euro können nochmals in Abzug gebracht werden. Die Importe, für die keine Erstattungsbeträge vereinbart sind, sind damit deutlich teurer für die Kassen. Sticht dieser Erstattungsbetrag nun den Import? Die GKV-Sicht ist klar: Importquote hin oder her – Importarzneimittel, die den für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis des Bezugsarzneimittels übersteigen, sind grundsätzlich unwirtschaftlich und dürfen folglich nicht zulasten der Krankenkassen abgerechnet werden.

Zu bedenken ist auch § 5 des Rahmenvertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V, in dem Details zur Abgabe importierter Arzneimittel geregelt sind. Hier findet sich im ersten Absatz folgende Bestimmung: „Die Abgabe eines rabattbegünstigten Arzneimittels hat Vorrang vor der Abgabe eines nicht rabattbegünstigten importierten Arzneimittels“. Im Blick hatte man bei der Vereinbarung dieses Passus die Rabattverträge nach 130a Abs. 8 SGB V – doch ist er auch auf Erstattungsbeträge übertragbar?

Auf Nachfrage bei der ABDA, wie sich Apotheken hier am besten vor Retaxationen schützen können, hieß es von dort, man vertrete „in Übereinstimmung mit den Verbänden des pharmazeutischen Großhandels sowie der pharmazeutischen Unternehmen und der GKV“ die Auffassung, dass bei einem Vergleich zwischen dem Preis eines Originalherstellers und dem Preis eines Arzneimittelimporteurs – insbesondere im Sinne des § 5 des Rahmenvertrages – die zu gewährenden Herstellerrabatte Berücksichtigung finden müssen. Dies treffe auch auf den Rabatt nach § 130b SGB V, also den Erstattungsbetrag, zu. Dieser sei mithin vor dem Vergleich in Ansetzung zu bringen.

Das Problem ist nur: Die Apotheke darf nicht übersehen, dass das fragliche Präparat einen Erstattungsbetrag hat – die Liste dieser Arzneimittel muss somit stets präsent sein. Mittlerweile ist bereits der 16. Preis zwischen einem Pharmaunternehmen und dem GKV-Spitzenverband verhandelt worden – und es werden mehr. Die ABDA erklärte gegenüber DAZ.online, sie werde die Softwarehäuser informieren. Sie sollen technisch sicherstellen, dass die Apotheken die beschriebene Situation sofort in ihrer Software erkennen und die richtige Auswahl vornehmen können.

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Kirsten Sucker-Sket