Domestizierung

Der Wolf wurde in Europa zum Hund

Tübingen - 20.11.2013, 17:27 Uhr


Der Hund ist ein domestizierter Wolf. Seine Zähmung begann möglicherweise schon vor 32.000 Jahren, und zwar in Europa.

Die meisten Haustiere zähmte der Mensch erst, nachdem er begonnen hatte, Ackerbau zu treiben. Dazu gehören z.B. die Huftiere Rind, Schaf und Schwein. Den Hund machte der Mensch sich hingegen schon zum „Haustier“, als er Schlafplätze aufsuchte, die den Namen „Haus“ nicht verdienen, und sein Leben als Jäger und Sammler fristete.

Aufgrund der weiten Verbreitung des Wolfes auf der nördlichen Erdhalbkugel und der sehr frühen Domestizierung des Hundes war bisher nicht klar, wo diese stattgefunden hatte. Viele Prähistoriker lokalisierten das Geschehen vor etwa 15.000 Jahren im heutigen China. Doch ein Team von Genetikern und Prähistorikern um Olaf Thalmann in Finnland und Johannes Krause in Tübingen kam jetzt zu dem Ergebnis, dass die vier existierenden Abstammungslinien der Hunde alle in Europa ihren Ursprung haben.

Da die DNA im Zellkern von Hunden und Wölfen kaum Unterschiede aufweist, sequenzierten die Forscher die Mitochondrien-DNA aus den Knochen von 18 prähistorischen Wölfen und Hunden und verglichen diese mit der Mitochondrien-DNA jetzt lebender Artgenossen im gesamten Verbreitungsgebiet. Dabei ergab sich eine große Übereinstimmung der Hunde-DNA mit der DNA der damals in Europa lebenden Wolfsrasse, die allerdings schon vor Tausenden von Jahren ausgestorben ist.

Weitere Indizien weisen darauf hin, dass der Hund schon vor 32.100 bis 18.800 Jahren domestiziert wurde. Wahrscheinlich hatte sich der Wolf dem Menschen immer wieder genähert, um sich Abfälle aus der "Küche" zu holen, z.B. Knochen. Von einzelnen Wölfen, die solche Nahrungsreste stahlen oder um sie bettelten, fühlte der Mensch sich nicht bedroht, und allmählich muss er erkannt haben, dass der Wolf ihm nützlich werden kann. 

Quelle: Thalmann O, et al. Complete Mitochondrial Genomes of Ancient Canids Suggest a European Origin of Domestic Dogs. Science 2013;342(6160):871-874.

 


Dr. Wolfgang Caesar