Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

27.04.2014, 08:00 Uhr


Apotheken im Test. Wieder einmal. Das Ergebnis: ging so, hätte besser sein können, mein liebes Tagebuch. Auch wenn die ABDA meint, es sei bereits besser geworden. Und Besserung wird gelobt mit Hinweis auf die vielen Fortbildungsveranstaltungen. Aber bringt’s die Wald- und Wiesen-Fortbildung? Wie wär’s mit gezielten Trainings zu Neben- und Wechselwirkungs-Checks? Motto: Wie überstehe ich Stiftung Warentest-Prüfungen?

22. April 2014

Unser Bundesgesundheitsminister und die „Pille danach“ – das ist keine Liebesbeziehung. Er wehrt sich heftig gegen den Switch der PiDaNa von der Verschreibungspflicht in den OTC-Status, obwohl der Bundesrat wiederholt dafür plädiert. Tja, Gesundheitsminister Gröhe möchte nicht, dass Frauen in Notlage die „Pille danach“ unmittelbar in der Apotheke kaufen können. Sie sollen erst zu einem Arzt – und das muss im Notdienst nicht einmal ein Gynäkologe sein – gehen müssen. Durch die Verweigerungshaltung des Gesundheitsministers hat die EU sogar ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, denn eigentlich sollte eine EU-Richtlinie, in die der Bundesrat diesen Switch der „Pille danach“ aufgenommen hatte, bereits seit Oktober letzten Jahres unterzeichnet sein. Wie’s nun weitergeht, ist offen. Es scheint zu einer Machtprobe zu mutieren – oder zu einer irrationalen Pillen-Posse.

Die Diskussion über den Rückruf von MCP-Tropfen hält an. Was deutlich wurde: Selbst die Zulassungsinhaber, die Hersteller der Präparate, waren überrascht, dass die Zulassung quasi von heute auf morgen widerrufen wurde und die Tropfen sofort aus dem Markt genommen werden mussten. Man wusste zwar: da kommt was, aber man rechnete mit Übergangsfristen. Und jetzt? Jetzt werden die MCP-Tabletten und -Suppos knapp, weil Ärzte die Patienten umstellen. Lieferengpässe. Bis die Hersteller nun Präparate in der erlaubten Konzentration 1mg/ml auf den Markt bringen – das dauert. Dafür brauchen sie neue Zulassungen, langwierige Verfahren. Mein liebes Tagebuch, hätte es nicht möglich sein können, Rückrufe von Präparaten, auf die auch Schwerstkranke angewiesen sind, besser zu koordinieren?

23. April 2014

Dürfen bei der Berechnung des Kammerbeitrags auch die 16 Cent des Apothekenhonorars, das in den Nacht- und Notdienstfonds (NNF) fließt, mit einbezogen werden? Ja, sagen einige Kammern wie beispielsweise Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Westfalen-Lippe. Nein sagt die Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover. Frank Diener von der Treuhand: „Wir dürfen die Apotheken doch nicht für das Fremdinkasso für den Nacht- und Notdienstfonds bestrafen“. Da sollten diese Kammern  mal in sich gehen, mein liebes Tagebuch. Und wenn wir schon dabei sein: dann fragen wir mal, ob überhaupt die NNF-Pauschale in die Bemessung des Kammerbeitrags mit einfließen darf. Und gleich weiter: Sollte man nicht auch darüber diskutieren, ob denn heute noch der Umsatz eine Grundlage sein kann, einen Kammerbeitrag festzusetzen? Einige Kammern haben da schon andere Maßstäbe.

24. April 2014

„Eher schlecht als recht beraten die Apotheken im Test die Kunden“ sagt die Stiftung Warentest. Und die ABDA kommentiert, „dass sich die Bewertung seit dem letzten Test weiter verbessert hätte“. Ja, mein liebes Tagebuch, was nun? Wie schlecht muss es da erst beim letzten Test gewesen sein. Mit den Beratungstests der Stiftung Warentest ist das so eine Sache. 38 Vor-Ort- und Versandapotheken hat sie sich dieses Mal vorgeknöpft. Mit fingierten Rezepten wurde die Beratungsqualität und Informationsvermittlung getestet. Bewertet wurde aber auch die Kundenorientierung, der Service, die Gestaltung des Kundenbereichs. Es kam vor allem darauf an, Wechsel- und Nebenwirkungen zu entdecken und abzuklären. Wenn 4 der Vor-Ort-Apotheken „gut“ und 12 „befriedigend“ beraten und bei 5 Apotheken die Beratung noch „ausreichend“ ist, dann ist das doch so schlecht nicht. Kann man argumentieren. Und bei den Versendern finden sich mit „gut“ 3 Apotheken, mit „befriedigend“ 10, mit „ausreichend“ noch 4 und mit „mangelhaft“ eine Apotheke. Also, geht doch noch, oder? Alles o.k. so? Geht’s aufwärts mit der Beratungsqualität? Mein liebes Tagebuch, kommt drauf an, wie man’s sieht. Rein sprachlich vielleicht, ausreichend heißt ja immer noch: die Beratung reicht aus. Vielleicht rührt da der ABDA-Tenor her. Aber schaut man genauer hin: so wirklich viel besser ist das alles nicht geworden. Ob es da angebracht ist, eine Pressemeldung herauszugeben, die darauf abhebt, es sei besser geworden? Immerhin, die ABDA hat reagiert, hat versucht, das Beste aus dem mittelprächtigen Ergebnis zu machen, und sie kündigt an, berechtigte Kritik ernst zu nehmen, „da wir an einer stetigen Qualitätsverbesserung arbeiten.“ Aber kein Wort davon, dass 38 Apotheken überhaupt nicht repräsentativ sind, dass man auch die Methode der Stiftung infrage stellen kann.

Und da der Testbericht die getesteten Apotheken namentlich mit Standort nennt, wäre es auch interessant gewesen, von „test“ zu erfahren, wer denn die „pharmazeutischen Experten“ waren, die die Stiftung für sich eingespannt hat und worauf die „geschulten Tester“ bei der Erfassung der Raumgestaltung achten sollten. Transparenz auf beiden Seiten, bitte!

Jetzt mal Kritik nach innen, mein liebes Tagebuch: Die Aufgaben, die die Stiftung Warentest den Apotheken stellte, waren durchaus lösbar. Neben- und Wechselwirkungs-Checks gehören dazu, die muss eine Apotheke kompetent durchführen (unverzeihlich, dass eine Apotheke das Angebot des Testers, später wiederzukommen, damit sie die Aufgabe in Ruhe lösen könne, nicht angenommen hat). Und weiter: Die richtige Konzentration einer Rezeptur zu hinterfragen, muss sein. Kontakt mit dem Arzt aufzunehmen und falsche Verordnungen anzusprechen, ist unsere Aufgabe. Das muss auch bei einer nicht-repräsentativen Auswahl zu einem besseren Ergebnis führen.

Was hat die ABDA, haben die Kammern hier bereits gezielt getan, um die Beratungsqualität zu verbessern? So arg viel nicht, oder? Der Hinweis auf die zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen verpufft. Fortbildungsveranstaltungen bringen zwar (Grund)Wissen, aber das befähigt noch lange nicht, einen Arzneicheck durchzuführen, Querverbindungen zu ziehen und das Wissen patientengerecht zu kommunizieren.

Wie wär’s denn damit: Ein bundesweites Angebot an Seminaren und Workshops, in denen Neben- und Wechselwirkungs-Checks systematisch geübt werden? In denen trainiert wird, die gängigsten Wechselwirkungen zwischen Rx- und OTC-Präparaten zu erkennen? In denen man lernt, Rezepturen auf ihre Plausibilität zu hinterfragen. Workshops, in denen man auch beigebracht bekommt, mit welchen Worten man das Wissen an den Patienten bringt. Auf den Punkt gebracht: Wir brauchen Seminare, in denen man lernt, Stiftung-Warentest-Tests zu überstehen.

Klar, dass das suboptimale Testergebnis eine Steilvorlage für den GKV-Spitzenverband ist, genüsslich darauf hinzuweisen, dass Apotheker „gutes Geld“ für die Beratung bekommen und die Versicherten das Recht auf eine gute Beratung durch den Apotheker haben. Trotzdem, mein liebes Tagebuch, es ist voll daneben, hier nachzutreten. Und erst recht ist es unpassend, das teure Krebsmittel Glivec als Beispiel zu nehmen, um zu zeigen, dass ein Apotheker für die Abgabe aufgrund der dreiprozentigen Vergütung und des Fixhonorars bei diesem Präparat über 250 Euro kommt. Als ob Glivec wie geschnitten Brot über den HV-Tisch ginge und der Apotheker sich eine goldene Nase verdienen würde (sind 250 Euro viel angesichts der Finanzierungskosten?) Da hätte man sich ein scharfes Kontra vom Apothekerverband gewünscht. Verbunden mit einer Darstellung, dass Apotheken den Kassen einen Zwangsrabatt geben, für die Kassen kostenlose Dienstleistungen erbringen wie Rabattverträge, Erfüllung von Importquoten und Inkassoleistungen. Und dass der Staat alleine 19 Prozent Mehrwertsteuer bekommt. Mein liebes Tagebuch, auf solche groben Pressemeldungen gehören deftige Erwiderungen. Ich glaube nicht, dass Ärzte vergleichbare schräge Anwürfe unkommentiert geschluckt hätten. Wo bleibt unser Selbstbewusstsein?

25. April 2014

Österreichs Apotheken rüsten sich, um dem OTC-Versandhandel, der voraussichtlich im nächsten Jahr erlaubt wird, die Stirn zu bieten. Der österreichische Apothekerverband hat eine Online-Plattform auf die Beine gestellt, auf der die Kunden ihre Arzneimittel auswählen und vorbestellen können, um sie dann in einer Apotheke ihrer Wahl abholen zu können. Beachtlich: Rund 700 der insgesamt 1340 Apotheken Österreichs haben sich schon für „Apodirekt“ angemeldet und sind vom Start weg dabei. Zugang zu dieser Plattform hat der Kunde nicht nur über einen PC, sondern auch mobil über eine nette App des Apothekerverbands. Alles komfortabel eingerichtet. Aber, mein liebes Tagebuch, es bleibt die Frage, ob der Kunde Arzneimittel vorbestellt, um sie selbst abzuholen? Ist nicht gerade – neben den Preisen – die Zustellung nach Hause oder an den Arbeitsplatz das Bequeme und Verlockende am Versand? Und die Diskretion? In einem Jahr wird man wissen, wie Apodirekt angenommen wird und ob es gegen den Versandhandel eine Chance hat.

26. April 2014

Mein liebes Tagebuch, der Apotheken-Testbericht geht mir nicht aus dem Sinn. Warum eigentlich knöpft sich die Stiftung Warentest immer nur Apotheken vor und keine Ärzte und ihre Arztpraxen? Auch die diagnostischen und Beratungsleistungen des Arztes lassen sich von Testern und Experten bewerten. Lässt er sich zum Ausstellen von Wunschrezepten und -Krankschreibungen überreden? Drängen die Ärzte zu IGeL-Leistungen, die nichts bringen? Welchen Eindruck macht die Praxis, das Wartezimmer, das Sprechzimmer? Wär doch wirklich mal spannend, oder? Und dann die Pressemitteilung von Montgomery.


Peter Ditzel