BfArM-Präsident in Interview

Broich wiederholt Kritik an Importen – und verspricht Alzheimer-Medikament

Stuttgart - 31.08.2015, 09:00 Uhr

Karl Broich fordert: Die gesamte Händlerkette muss nachvollziehbar sein. (Foto: BfArM)

Karl Broich fordert: Die gesamte Händlerkette muss nachvollziehbar sein. (Foto: BfArM)


Der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Karl Broich, hat seine Kritik an der gesetzlichen Importquote für Arzneimittel wiederholt. Im Interview mit der linksliberalen „taz – die tageszeitung“ erklärte Broich am Samstag, sie habe „überhaupt keinen Sinn mehr“. Außerdem prognostizierte er die baldige Zulassung eines ersten vielversprechenden Alzheimer-Präparats.

Auf die Frage, was er wette, wie Forschung und Industrie aus der Sackgasse kommen könnten, in der sie in punkto Alzheimer-Therapien steckten, antwortete Broich, er wette nicht, er mache ein Versprechen: „Ich sage, dass wir, bevor ich pensioniert werde, ein erstes vielversprechendes Medikament gegen Alzheimer zugelassen haben werden in Deutschland.“ Broich ist 55 Jahre alt. Klar sei aber auch, dass niemand Heilung versprechen könne. Und es werde vermutlich auch nicht „das eine magische Medikament geben, das alles kann“. Dafür seien schlicht zu viele Gene an der Krankheit beteiligt „und dafür wissen wir auch zu wenig über die Primärmechanismen.“ Aber man werde in Zukunft in früheren Krankheitsstadien ansetzen können und es werde Kombinationen von Medikamenten mit unterschiedlichen Wirkmechanismen geben, die je nach Stadium der Krankheit modifiziert werden.

Arzneimittel-Schwarzmarkt entsteht

Auch zum Parallelhandel mit Arzneimitteln äußerte sich Broich in dem Interview. „Für den Parallelimport und vor allem für seine Zwangsquote gibt es aus meiner Sicht heutzutage überhaupt keinen Sinn mehr.“ Um die Kosten für Arzneimittel zu kontrollieren existierten andere Instrumente. Die Geschäfte einiger Arzneimittelimporteure, die wie Broker arbeiteten, „schaffen erst die Schlupflöcher, die Kriminelle dann für ihre Zwecke nutzen“. Man müsse davon ausgehen, dass auch innerhalb Europas ein Schwarzmarkt für Arzneimittel entstehe. Die „massiven Arzneimittelfälschungen aus Italien“, seien ein „Vorgeschmack auf das, was auf uns zukommen könnte.“ Gestohlene Ware werde „umetikettiert, weiterverkauft und über Umwege wieder in die legale Handelskette eingespeist. Auch in Deutschland ist derart gefälschte Ware aufgetaucht.“ Broich äußerte den Verdacht, dass man es dabei mit organisierter Kriminalität zu tun habe und zog Parallelen zum Drogenhandel: „der Anreiz sind die hohen Gewinnmargen“.

Lieferkette besser kontrollieren

Als Gegenmaßnahmen fordert Broich, die Vertriebswege für Arzneimittel sicherer zu machen und die Lieferketten besser zu kontrollieren. Offensichtlich mit Blick auf die Arzneimittel-Fälschungsschutzrichtlinie und SecurPharm spricht er davon, durch neue Packungscodes und Registriernummern Fälschungen „komplizierter zu machen“.  „Die gesamte Händlerkette muss nachvollziehbar sein“, fordert Broich. Insgesamt zeigt er sich allerdings pessimistisch: Angesicht der dramatischen Preisentwicklung im Arzneimittelsektor nehmen wir an, dass es sich um ein Problem handelt, dass eher zu- als abnehmen wird.“

Broich, der das BfArM seit 2014 leitet, ist Neurologe und Psychiater. Er leitete die Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Halle. Er hat bereits in der Vergangenheit mehrfach die Abgabequote für Importarzneimittel in Apotheken scharf kritisiert. Apotheken müssen fünf Prozent ihres Umsatzes mit jeder gesetzlichen Krankenkasse mit re-importierten Arzneimitteln machen, die mindestens 15 Prozent oder 15 Euro günstiger sind als das deutsche Original. Andernfalls droht ihnen ein Straf-Malus.


Dr. Benjamin Wessinger (wes), Apotheker / Herausgeber / Geschäftsführer
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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