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- Die Zyto-Apotheker
Die moderne Medizin setzt bei der Behandlung onkologischer Erkrankungen Patienten-individuelle Dosierschemata ein. Die hierfür erforderliche Maßanfertigung von Zytostatika ist eine Aufgabe, der sich vereinzelt öffentliche Apotheken angenommen haben. Diese kommen so auf eine spezielle Weise ihrem Arzneimittel-Versorgungsauftrag nach und fungieren zudem durch zusätzliche, onkologische Fachkompetenz als Therapiebegleiter für alle Beteiligten. Mit Gründung des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker e.V. (VZA) 1999 nimmt diese relativ kleine Gruppe von Spezialapotheken auch in der Gesundheitspolitik eine aktive Rolle ein.
Der VZA vertritt derzeit über 230 Mitglieder und deren öffentliche Apotheken mit insgesamt rund 3.000 Mitarbeitern. Diese stehen für eine wohnort- und zeitnahe sowie qualitätsorientierte Versorgung mit applikationsfertigen Zytostatika und weiteren Parenteralia, wie Ernährungs- und Analgetikalösungen. Die erforderliche aseptische Herstellung erfolgt in erster Linie durch die Mitgliedsapotheken des VZA selbst. Gegebenenfalls werden über Kooperationsverträge weitere Apotheken beliefert, die ebenfalls onkologische Patienten betreuen. Aber auch Apotheken ohne eine Herstellungslizenz für Zytostatikazubereitungen befinden sich unter den Mitgliedern. Diese werden von Drittanbietern beliefert und übernehmen alle weiteren Tätigkeiten im Rahmen einer Krebstherapie zwischen Arzt und Patient.
VZA-Mitglieder profitieren in mehrfacher Hinsicht von der Interessensvertretung ihres Verbandes. Vereinbarungen des VZA mit bislang fünf privaten Krankenversicherungen ermöglichen die Direktabrechnung bei Abgabe parenteraler Zubereitungen. Diese verringern den bürokratischen Aufwand für alle Beteiligten und entlasten die Patienten, da für sie die Vorfinanzierung entfällt. Außerdem hat es sich der ZVA zur Aufgabe gemacht, seine Mitglieder in gerichtlichen Auseinandersetzungen zu unterstützen – wie bei der Auslegung der Anlage 3 der Hilfstaxe. VZA-Geschäftsführer Dr. Rötger von Dellingshausen erklärt: „Die Abrechnung von Zytostatikazubereitungen wird immer komplizierter". Die Regelungen der Anlage 3 würden von Krankenkassen unterschiedlich interpretiert, was die Abrechnungen erschwere. Zudem würden die Mitgliedsapotheken durch die geltenden Abrechnungsregelungen sowie durch die gestiegenen Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung an die Zytostatikaherstellung zusätzlich belastet. Deshalb sehe der VZA die Existenz seiner Mitglieder und somit die flächendeckende Arzneimittelversorgung mit Parenteralia bedroht.
Für die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder bringt sich der VZA in sozialpolitische Entscheidungsprozesse wie die um die Hilfstaxe ein. Hierfür sucht er auch den Kontakt zu anderen Berufsverbänden. So ist der VZA in der Verhandlungskommission des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) personell vertreten, um diesen beispielsweise in Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband zu unterstützen. Laut von Dellingshausen hat der DAV den VZA aufgrund seines Know-hows als fachlich-inhaltliche Unterstützung akzeptiert. DAV wie auch ABDA hätten Kernforderungen des VZA bei ihren Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben berücksichtigt – etwa die nach der Abschaffung der sogenannten Zyto-Ausschreibungen.
Zyto-Ausschreibungen
Die Ausschreibungen über die Versorgung mit Zytostatika sind ein weiterer Anlass für Rechtsstreitigkeiten, in denen der VZA seine Mitglieder unterstützt. Seitdem einzelne Krankenkassen – insbesondere die AOK Nordost und die AOK Hessen – mit Apotheken Exklusivverträge über die Belieferung von Zytostatikaverordnungen abgeschlossen haben, fordert der Verband von der Politik, diese „gefährliche Ausschreibungspraxis“ zu verbieten. Er sieht durch die Verträge das freie Apothekenwahlrecht der Patienten beschnitten und die Gefahr, dass die Versorgung auf wohnortferne Betriebe ausgelagert wird. Darunter leide die Qualität der pharmazeutischen Betreuung.
Diese Vorwürfe wurden von den Krankenkassen zurückgewiesen. Die AOK Hessen sieht sich im Recht und retaxiert Apotheken auf Null, die ihre Patienten ohne Exklusivvertrag weiterversorgt haben und noch versorgen. Diese leiteten daraufhin rechtliche Schritte ein – mit Erfolg: Die erstinstanzlichen Entscheidungen der Sozialgerichte Darmstadt und Marburg sahen die freie Apothekenwahl der Patienten durch die Exklusivverträge in unzulässiger Weise eingeschränkt. Mittlerweile liegt der Rechtsstreit beim Bundessozialgericht. Dessen Entscheidung erwartet der VZA nun gespannt und mit Zuversicht.
Ein „sachlicher Unterstützer“
Für die Mitglieder des VZA sind die Auseinandersetzungen um die Ausschreibungen von großer Bedeutung. Denn sie sehen sich gegenüber Patienten, aber auch gegenüber Angehörigen sowie behandelnden Ärzten in der Rolle des „sachlichen Unterstützers bzw. Informationsgebers“. Zyto-Apotheken verstehen sich als wohnortnahe und qualitätsorientierte fachliche Berater – und sie sind darauf angewiesen, dass sich der Patient frei für ein spezielles, onkologisches Leistungsspektrum entscheiden kann.
Auf seiner Webseite wirbt der VZA mit „umfangreichem und stets aktuellem Wissen“ rund um das Thema Krebs für eigene Serviceleistungen. Kurze und leicht verständliche Textabschnitte klären Laien beispielsweise über Nebenwirkungen der Chemotherapie auf. Der „VZA-Apofinder“ erleichtert die Suche nach der nächstgelegenen Mitglieds-Apotheke, die nicht nur verspricht, fachlich zu beraten und Therapeutika zeitnah bereitzustellen, sondern auch rund um die Uhr erreichbar zu sein.
Nicht zuletzt macht sich der VZA dafür stark, dass die erbrachten Serviceleistungen auch angemessen vergütet werden und die Anlage 3 der Hilfstaxe zeitnah den aktuellen Entwicklungen angepasst wird. Ein wichtiger Schritt stellt dabei die Veröffentlichung der „Leitlinien einer guten onkologischen Versorgung in Deutschland“ dar, die auf der diesjährigen VZA-Jahrestagung in Berlin von dem Präsidenten des VZA Dr. Klaus Peterseim bereits angekündigt wurde. In Kooperation mit Onkologen arbeite der VZA daran, „möglichst effiziente und harmonische Zusammenarbeit zwischen verordnendem Arzt und herstellendem Apotheker" zu Gunsten der Krebspatienten sicherzustellen, so von Dellingshausen. „Wir hoffen, dass wir spätestens Ende dieses Jahres die Leitlinien veröffentlichen können."
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