Die Pipeline der forschenden Pharmaunternehmen

328 Projekte von Aids bis Wurmbefall

Berlin - 29.09.2015, 16:15 Uhr

Was ist in den nächsten Jahren von forschenden Pharmaunternehmen zu erwarten? (Bild: lily/Fotolia)

Was ist in den nächsten Jahren von forschenden Pharmaunternehmen zu erwarten? (Bild: lily/Fotolia)


Die 46 Mitgliedsunternehmen des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa) haben eine gut gefüllte Pipeline: 328 Projekte für neue Arzneimittel befinden sich in den letzten Phasen der Arzneimittelentwicklung. Bis 2019 könnten sie als neue Präparate auf den Markt kommen. Sie richten sich gegen rund 120 Krankheiten – etwa ein Drittel von ihnen gegen Krebserkrankungen. Dies geht aus der aktuellen Erhebung „Perspektive 2019“ des vfa hervor.

Der Anteil der Krebsarzneimittel wächst seit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms im Jahr 2003 beständig – 34 Prozent sind es in der gegenwärtigen Pipeline.18 Prozent der Arzneimittel, die bis 2019 zugelassen sein könnten, sollen gegen Entzündungskrankheiten wie etwa Rheumatoide Arthritis, Asthma, Multiple Sklerose oder Morbus Crohn zum Einsatz kommen. Weitere 15 Prozent sollen gegen Infektionskrankheiten wirken – darunter befinden sich insbesondere Impfstoffe, etwa gegen Ebola, Dengue-Fieber, Noroviren- und MRSA-Infektionen. Aber auch neue Antibiotika sind in der Entwicklung. Zwei basieren auf bekannten Wirkstoffen, sollen aber inhalierbar sein, zwei Fixkombinationen aus einem antibiotischen und einem resistenzbrechenden Wirkstoff sollen gegen multiresistente gramnegative Bakterien wirksam sein. Auch gegen den Darmkeim Clostridium difficile sollen zwei neue Antibiotika auf dem Weg in den Markt sein, zudem ein Medikament mit zwei monoklonalen Antikörpern. 42 Medikamente (13 %) dienen der der Behandlung von Patienten mit seltenen Krankheiten.

Weniger Projekte gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Dagegen sind nur noch neun Prozent der Projekte auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausgerichtet – 2007 waren es noch rund 18 Prozent. „Hier gibt es schon viel gut wirksames“, erläuterte Dr. Siegfried Throm, Geschäftsführer Forschung, Entwicklung und Innovation beim vfa, diese Entwicklung. Allerdings: Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nach wie vor Todesursache Nummer 1 – und so wird auch in diesem Gebiet die Suche nach besseren Arzneimitteln nicht aufhören. Ganz frisch auf dem Markt ist etwa ein neuer monoklonaler Antikörper, ein PCSK-9-Inhibitor, der den Cholesterinspiegel auf neue Art senkt – und das auch, wenn er besonders hoch ist. Ein weiterer hat gerade die EU-Zulassung erhalten, weitere könnten folgen.

Throm erklärte, dass die Entscheidung eines Unternehmens für ein bestimmtes Projekt, von verschiedenen Faktoren abhänge. Neben neuen Ansatzpunkten in der Grundlagenforschung sind dies etwa der medizinische Bedarf, die Verkaufsaussichten oder auch Wünsche von Organisationen oder staatlichen Einrichtungen, die sich einen Partner aus der Industrie gesucht haben.

Bedeutung für den Standort Deutschland

Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des vfa, betonte bei der Vorstellung der aktuellen Pipeline, wie wichtig auch der Standort Deutschland für den medizinischen Fortschritt ist. 6,06 Milliarden Euro investierte die pharmazeutische Industrie 2013 hierzulande in Forschung und Entwicklung – damit steht sie hinter den USA (29,34 Mrd. Euro) und Japan (9,88 Mrd. Euro) auf Platz drei. 2015 sei Deutschland an der Entwicklung 21 neuer Wirkstoffe (12 %) maßgeblich beteiligt gewesen. Auch als Studienstandort liege Deutschland weit vorne: Kliniken und Praxen seien an 83 Prozent der Studienprojekte, die heute regelmäßig in einer Vielzahl von Ländern zugleich stattfinden, beteiligt. Fischer betonte, es sei eine Stärke der hiesigen Ärzteschaft und des deutschen Gesundheitswesens, dass sie so umfassend an der Entwicklung neuester Therapien mitwirken und Patienten die Chance hätten, diese schon vor der Zulassung zu erhalten. „Diese Stärke des Standorts gilt es zu erhalten!“

Dass die Beteiligung nicht noch höher ist, liegt Fischer zufolge an den unkalkulierbaren, teilweise sehr langen Genehmigungszeiten für Studien mit begleitender Röntgen-, CT- oder PET-Diagnostik. Mit klaren und EU-konformen Genehmigungsfristen könnten hingegen zehn bis 15 Prozent mehr Studien in Deutschland stattfinden. Dieses Beispiel zeige: Es gehe der Industrie nicht um Fördergelder, sondern um vernünftige Rahmenbedingungen, so Fischer.

Hier finden Sie eine Liste des vfa mit Projekten, die bis 2019 zu einer Zulassung führen könnten.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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