Lagebericht des ABDA-Präsidenten

Schmidt: Die Politik muss handeln!

Düsseldorf - 01.10.2015, 12:30 Uhr

Friedemann Schmidt vermisst Planungssicherheit für Apotheker (Foto: A. Schelbert).

Friedemann Schmidt vermisst Planungssicherheit für Apotheker (Foto: A. Schelbert).


Mit deutlichen Worten forderte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt in seinem Lagebericht auf dem Apothekertag mehr Unterstützung für die Leistungen der Apotheker. Auch in Zukunft seien die Apotheker bereit, ihre Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft zu erfüllen. Aber es fehle, so Schmidt, „das klare Bekenntnis der Politik zu einer leistungsgerechten, planbaren und sich weiterentwickelnden ökonomischen Basis für die freiberufliche Apotheke“.

Der 3. Oktober 1990 gehört für Friedemann Schmidt „zu den zehn wichtigsten Tagen meines Lebens, welches die anderen neun sein mögen, überlasse ich Ihrer Phantasie“. Seinen Lagebericht bei der Eröffnung des Apothekertags nutzte Schmidt zu einem kleinen Rückblick auf die Zeit, als sich die deutsche Einheit vollzog. Die Einheit, so Schmidt, sei ein Triumph von Freiheit und Selbstbestimmung über Repression und Gleichmacherei. Und auch die Millionen von Menschen, die heute aus ihren Ländern fliehen, sind auf der Suche nach politischer Freiheit. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, „dass wir Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland alles in unserer Macht stehende tun, um die Menschen, die zu uns kommen, zu unterstützen. Wir müssen hier helfen, weil wir Heilberufler sind.“

Schmidt erinnerte sich auch daran, wie er die Wendezeit erlebte, als er seine Apotheke übernahm (siehe hierzu auch das Interview in der neuen DAZ Nr. 40 mit Friedemann Schmidt). Er sei froh, dass sich die Apothekerinnen und Apotheker damals zur Freiberuflichkeit bekannten. Aber: „Freiberuflichkeit ist keine Floskel, nicht nur ein schönes Bekenntnis zu Freiheit, Eigenverantwortung und Subsidiarität“, so Schmidt, „Freiberuflichkeit ist auch ein Organisationsprinzip, nach dem diese fünf Millionen Menschen in Deutschland ihr Leben eingerichtet haben.“

Mehr politische Unterstützung!

Deutlich forderte Schmidt mehr politische Unterstützung. Die Apotheker seien in Vorleistung gegangen und hätten der Politik und Gesellschaft ein Angebot gemacht, was  Apotheker zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen beitragen könnten. Die Politik begrüße diese Vorschläge, aber habe sie nicht umgesetzt, z. B. im Präventionsgesetz. „Und im E-Health-Gesetz drohen sie erneut verspielt zu werden“, fügte Schmidt hinzu. Manche fragten sich schon, ob die Gesundheitspolitik die Apotheker überhaupt noch ernst nimmt.

Es reicht nicht, nur die Finanzierung innovativer Arzneimittel sicherzustellen, man müsse auch den Therapieweg aktiv begleiten, zeigte sich Schmidt überzeugt. Die Apotheker haben hier ihre Hausaufgaben gemacht. Jetzt erwarten die Apotheker „wirksame politische Schritte in unsere Richtung“.

Die Politik habe allerdings die Machtposition der Gesetzlichen Krankenkassen so gestärkt, dass heute ein fairer Interessensausgleich zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern praktisch unmöglich ist, stellte der ABDA-Präsident fest. Er beklagte, dass heute statt Verhandlungsergebnissen meist Schiedsstellenentscheidungen die Regel sind: „Wenn diese Entwicklung sich so fortsetzt, verliert die Selbstverwaltung der Heilberufe ihren Sinn.“  Die Gesundheitspolitiker sollten diese Entwicklungen schleunigst korrigieren.

Der Preis der Arbeit

Seit über zehn Jahren verhandelten die Apotheker mit der Gesundheitspolitik über den Preis der Arbeit. Allerdings fehlt schon ein Mindestmaß an Übereinstimmung bei der Leistungsbewertung, wie Schmidt herausstellte. Schmidt wörtlich: „Wir sind aufgrund der unmöglichen Formulierung im § 78 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln in die Rolle des Bittstellers verwiesen, der auf eine günstige Gelegenheit warten und dann in einem völlig ungeregelten Prozess und ohne jeden verbindlichen Rechtsanspruch bei der Politik vorsprechen muss mit der Bitte, sich doch einmal mit dem Thema einer gerechten Honorierung der Arbeit von zehntausenden Apothekerinnen und Apotheker und ihrer Mitarbeiter zu beschäftigen.“ Eine unakzeptable Situation, mit falscher Steuerungswirkung und: Es fehlt an einem Mindestmaß von Planungssicherheit für den Berufsstand, stellte der ABDA-Präsident fest.

Rückblickend habe die Gesundheitspolitik zu keinem Zeitpunkt zu ihrer damaligen Entscheidung gestanden, die apothekerliche Vergütung mit dem preisunabhängigen Fixzuschlag leistungsgerechter und planbarer zu machen. Immer wieder erfolgten Eingriffe. Natürlich haben die Apotheker auch einiges erreicht, resümierte Schmidt, und die wirtschaftliche Situation stabilisieren können, aber: „Wir können doch nicht zulassen, dass das erreichte Niveau jetzt für weitere zehn Jahre eingefroren und die Apothekerinnen und Apotheker damit von einer insgesamt positiven wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes abgekoppelt werden.“

Worum es bei der Honorarfindung geht

Schmidt fragte, worum es bei der Honorarfindung eigentlich gehe, um einen angemessenen Preis für eine definierte Leistung oder um ein sozialverträgliches Apothekereinkommen? Etwa ein Durchschnittseinkommen? Wer sollte das definieren, fragte Schmidt und meinte, das klinge nach Sozialismus. Denn auch Apotheken, die nicht das Durchschnittseinkommen erreichen, sind unverzichtbar für die Versorgung in der Fläche. Es sei jetzt Aufgabe der Apotheken, die Indikatoren für eine gute Versorgung zu definieren und mit den Erwartungen der Gesellschaft abzugleichen.

Zur Honorarfrage wurde der ABDA-Präsident noch konkreter. Es gehe hier um die Frage, welchen Preis eine Arbeitseinheit des Apothekers habe, also die Abgabe einer Arzneimittelpackung. 2004 habe man sich mit der Politik auf den Ausgangspreis verständigt. Eine richtige Entscheidung aber nur, „wenn auch der Preis für unsere Arbeitseinheit ebenso regelmäßig überprüft und angepasst wird...“, so Schmidt. Aber seit Jahren werden berechtigte Forderungen nach angemessener Beteiligung politisch motiviert blockiert. „Wir wollen auch dabei sein wenn es in Deutschland bergauf geht“, fügte Schmidt unter großem Beifall des Auditoriums zu.

In Deutschland liege der Versorgungsgrad mit Apotheken schon unter dem EU-Durchschnitt, es gebe zu wenige Apothekerinnen und Apotheker, zu wenig Studienplätze und massive Probleme bei den Assistenzberufen, stellte der ABDA-Präsident abschließend fest. Seine Erwartungen an die Politik: Sie sollte sich für ein Kräftegleichgewicht zwischen Leistungserbringern und Kassen einsetzen, das Angebot der Apotheker, mehr Verantwortung im System übernehmen zu wollen, unterstützen und sich zu einer leistungsgerechten Basis für die freiberufliche Apotheke bekennen. Wenn die Gesundheitspolitiker das System der Arzneimittelversorgung  weiterentwickeln wollen, „müssen sie handeln. Wir haben einen Anspruch darauf und die Patientinnen und Patienten haben ihn auch“, so Schmidt. Für seine Rede durfte er „standing ovations“ entgegennehmen.


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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