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Sex wichtiger als Essen
Mysteriöse Zellen bei Fadenwürmern
Das Liebesleben des Fadenwurms ist spannender als mancher vermuten würde: Forscher des University College London berichten in „Nature“ über neu entdeckte Neuronen bei Caenorhabditis Elegans.
Zwei einzelne Nervenzellen bringen Fadenwurm-Männchen dazu, selbst unter ungünstigen Bedingungen lieber Sex zu haben als zu fressen. Diese sogenannten „mysteriösen Zellen des Männchens“ (MCMs) entstehen während der Sexualentwicklung aus gewöhnlichen Stützzellen des Nervensystems, berichten Forscher um Michele Sammut vom University College London im Fachblatt „Nature”.
Der nur etwa einen Millimeter lange Fadenwurm Caenorhabditis Elegans kommt natürlicherweise im Boden gemäßigter Klimazonen vor. In der Entwicklungsbiologie und der Genetik werden die Tiere gern als Modellorganismen eingesetzt. Ihr aus gut 380 Neuronen bestehendes Nervensystem ist darum bestens untersucht. Dennoch seien die beiden MCMs der Wissenschaft bisher verborgen geblieben, schreiben die Forscher um Sammut.
Die Fadenwürmer kommen als Zwitter – auch Hermaphrodit genannt – vor und können sich als solche selbst befruchten. Daneben gibt es noch eine männliche Form, die sich mit einem Hermaphrodit sexuell fortpflanzen kann.
Konditionierung ist plötzlich egal
Die Rolle der MCMs untersuchten die Forscher in einem Versuch: Fadenwürmer werden normalerweise von Salz angezogen. Koppelt man in einem klassischen Konditionierungs-Experiment die Anwesenheit von Salz mit einer unangenehmen Erfahrung – in diesem Fall Hunger – meiden die Würmer später Salz.
Treffen männliche Fadenwürmer aber während der Konditionierung auf Hermaphroditen, also potenzielle Partner, werden sie weiter von einer salzhaltigen Umgebung angezogen. Sie flüchten also nicht vor dem Salz – das ja infolge der Konditionierung Hunger signalisiert – und suchen sich andernorts etwas zu fressen. Sie lassen sich weiter davon anziehen – in der Hoffnung auf Sex.
Genau diese Form des sexuellen Lernens werde von den „mysteriösen Zellen“ ermöglicht, berichten die Wissenschaftler. Zerstörten die Wissenschaftler die betreffenden zwei Zellen, wechselten die Männchen ihre Vorliebe nicht – sie mieden Salz genau wie die Hermaphroditen.
Lebensspanne fast verfünffacht
Die Forscher zeigten weiter, dass die Zellen während der Sexualentwicklung der Männchen aus bereits vollständig differenzierten Stützzellen des Nervensystems hervorgehen, sogenannten Gliazellen. Nach der Umwandlung der Zellen werden sie in das bereits bestehende neuronale Netzwerk integriert. Sie ermöglichen den Männchen dann, sein Verhalten an seine reproduktiven Bedürfnisse anzupassen, schreiben die Forscher.
Über Caenorhabditis Elegans haben Wissenschaftler schon viel Erstaunliches herausgefunden – etwa, dass sich die Lebensspanne der unscheinbaren Würmer mit einer Kombination zweier Genveränderungen fast verfünffachen lässt. Normalerweise werde der Wurm lediglich etwa einen Monat alt, berichteten Wissenschaftler des Buck-Instituts für Altersforschung in Novato (US-Staat Kalifornien) im Fachblatt „Cell Reports”.
Forscher der Stanford University School of Medicine berichteten wiederum, dass Fadenwurm-Männchen das Leben ihrer Partnerinnen gezielt verkürzen. Die mittlere Lebensspanne von Hermaphroditen sinke im Beisein junger Männchen im Schnitt um mehr als ein Fünftel, hieß es im Fachmagazin „Science”. Ursache sei eine freigesetzte Substanz – und nicht etwa die Mühen des Geschlechtsverkehrs oder der Nachwuchsproduktion
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