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Impfstoff-Streit in Baden-Württemberg
Etappensieg für Apothekerin
In Baden-Württemberg geht der Streit zwischen Apothekern und AOK um die produktneutrale Impfstoff-Verordnung weiter: Das Sozialgericht Stuttgart hat zugunsten der Apotheken entschieden – die Kasse will das Urteil nicht auf sich sitzen lassen.
Seit Anfang 2013 streiten sich AOK Baden-Württemberg und Apotheker vor Gericht. Anlass gaben die von AOK Baden-Württemberg im Namen aller gesetzlichen Kassen im Ländle abgeschlossenen Rabattverträge über verschiedene Schutzimpfungen. Ohne Beteiligung der Apotheken hatte die Kasse mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Vereinbarung getroffen: Die Ärzte sollten Impfstoffe nur noch produktneutral verordnen – also einen „Impfstoff gegen…“ zum Beispiel Grippe/FSME/Varizellen.
Der Apotheker sollte dann mithilfe eines Posters und der Betriebsstättennummer des Arztes den jeweils richtigen rabattierten Impfstoff auswählen. Die AOK sah die Apotheken in der Pflicht, diese Auswahl vorzunehmen – wenn sie keinen Rabattimpfstoff abgaben, drohte die Retaxation.
Apotheker: Vereinbarung zulasten Dritter
Sowohl der Landesapothekerverband (LAV) als auch eine einzelne betroffene Apothekerin gingen daraufhin juristisch gegen die Kasse vor. Sie sind überzeugt: Eine produktneutrale Verordnung entspricht nicht den Vorgaben der Arzneimittelverschreibungsverordnung. Und eine nicht ordnungsgemäße Verordnung darf der Apotheker gar nicht beliefern. Die Vereinbarung zwischen Kasse und Ärzten gehe damit unzulässiger Weise zulasten der Apotheken – zumal sie das finanzielle Risiko tragen.
Im Eilverfahren gingen die Auffassungen der Gerichte bereits auseinander: Das Sozialgericht Stuttgart entschied zunächst zugunsten der Apothekerin: Der AOK wurde untersagt, zu behaupten, die klagende Apothekerin sei im Falle einer produktneutralen Verschreibung von Impfstoffen verpflichtet, anhand von Angaben auf einem Poster rabattierte Impfstoffe auszuwählen und abzugeben. Auf die Beschwerde der AOK hob das Landessozialgericht diesen Beschluss allerdings auf.
Sozialgericht: Keine Umsetzungsverpflichtung
Daraufhin ging es ins Hauptsacheverfahren. Hier entschied das Sozialgericht Stuttgart am 13. Oktober erneut im Sinne der Apothekerin. Die schriftlichen Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. Nach Informationen von DAZ.online hat sich das Gericht gründlich mit dem ablehnenden Beschluss des Landessozialgerichts auseinander gesetzt und seine Schwachstellen ausgearbeitet. Es hält an seiner Einschätzung fest, dass die Risikoverteilung zulasten der vertraglich nicht eingebunden Apotheken nicht hinzunehmen sei. Auch verstoße die produktneutrale Verordnung gegen geltendes Recht. Nicht zuletzt soll das Gericht darauf hingewiesen haben, dass die Norm, die die Rabattverträge der Kassen zu Schutzimpfungen regelt (§ 132e SGB V), keine Umsetzungsverpflichtung für Apotheken enthält. Anders sieht es bei sonstigen Rabattverträgen aus (§ 129 SGB V).
Mittlerweile gibt es die den Streit auslösenden Rabattverträge der AOK Baden-Württemberg gar nicht mehr. Es war zu Lieferausfällen der Rabattpartner gekommen, bei einer zweiten Ausschreibungsrunde der AOK blieben die Bieter aus. Auch bundesweit haben sich derartige Ausschreibungen für Schutzimpfungen nicht durchgesetzt. Ein Ausnahme sind die Grippeimpfstoffe. In Baden-Württemberg gibt es mittlerweile zwischen Krankenkassen und LAV einen neuen Vertrag zum Sprechstundenbedarf, der für Klarheit sorgt.
Es geht ums Prinzip
Mag die praktische Relevanz des Streits im Augenblick gering sein: Es geht den Parteien ums Prinzip. Die AOK Baden-Württemberg erklärte gegenüber DAZ.online zwar, sie kommentiere keine Entscheidungen, „die nicht rechtskräftig sind und so auch nicht rechtskräftig werden“. Aber die gesetzlichen Krankenkassen in Baden-Württemberg, für welche die AOK Baden-Württemberg an dem Verfahren beteiligt ist, und der LAV seien sich in einem Punkt immer einig gewesen: „Die unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich des Erstattungsanspruchs der Apotheke im Fall der Nichtabgabe eines rabattierten Impfstoffs können nicht abschließend in erster Instanz geklärt werden.“
Das letzte Wort ist also nicht gesprochen – erneut ist das Landessozialgericht am Zug.
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