Supplemente in der Schwangerschaft

Nur Eisen und Folsäure oder noch mehr?

Remagen - 09.11.2015, 07:30 Uhr

Welche und wie viele Supplemente während der Schwangerschaft sind empfehlenswert? (Foto: Syda Productions/Fotolia)

Welche und wie viele Supplemente während der Schwangerschaft sind empfehlenswert? (Foto: Syda Productions/Fotolia)


Eisen und Folsäure-Präparate in der Schwangerschaft, reicht das wirklich aus? Oder wären komplexe Multivitamin- und Mikronährstoff-Supplemente nicht noch besser? Ein aktueller Cochrane Review geht dieser Frage auf den Grund.

Eine Supplementierung mit multiplen Mikronährstoffen wird wegen der positiven Auswirkungen auf die Schwangerschaft, das Ungeborene und das Kleinkind schon länger empfohlen. In der Frage, ob diese komplett an die Stelle einer Zusatzversorgung mit Eisen und Folsäure treten sollte, sind sich die Wissenschaftler allerdings bislang nicht einig. Dies stellt ein aktueller Cochrane-Review fest. Er hat die Datenlage bis März 2015 aufgearbeitet und recht überzeugende Ergebnisse gefunden.  

Siebzehn aussagekräftige Studien

Neunzehn Studien mit 138.538 Frauen wurden in diesen Bericht aufgenommen, aber nur siebzehn (mit 137.791 Frauen) davon steuerten auswertbare Daten bei. Fünfzehn Untersuchungen wurden in Ländern in niedrigen und mittleren Einkommen durchgeführt, unter anderem in China, Indien, Mexiko, Indonesien, Nepal und einigen afrikanischen Ländern. Sie verglichen die Gabe von multiplen Mikronährstoff-Supplementen, die Eisen und Folsäure enthielten, mit reinen Eisen-Supplementen mit oder ohne Folsäure an Schwangere. Zwei in Großbritannien durchgeführte Prüfungen verglichen multiple Nahrungsergänzungen mit einem Placebo.

Klare Erkenntnisse

Insgesamt hatten Schwangere, die multiple Nahrungsergänzungen bekommen hatten, weniger Babys mit einem niedrigen Geburtsgewicht, weniger Babys, die bezogen auf ihr Reifealter klein waren, und weniger Totgeburten als schwangere Frauen, die nur Eisen, mit oder ohne Folsäure genommen hatten. Die Qualität der Beweise hierfür wird von den Autoren überwiegend als sehr hoch eingestuft.

Für andere Parameter, die die Mutter oder die Schwangerschaft betreffen, wie etwa Frühgeburten, Blutarmut der Mutter im dritten Trimester der Schwangerschaft, Müttersterblichkeit, Sterblichkeit des Kindes kurz vor oder nach der Geburt oder Risiko einer Kaiserschnitt-Geburt, zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Auch hier war die Beweislage nach Bewertung der Reviewer teilweise sehr klar.

In einer Vergleichsstudie gegen Placebo aus Großbritannien wurden demgegenüber keine deutlichen Unterschiede zwischen den Gruppen bezüglich Frühgeburten, Babys, die bezogen auf ihr Reifealter klein waren oder ein geringes Geburtsgewicht hatten, oder mütterliche Anämie im dritten Trimester gefunden.

Empfehlung mit Einschränkungen

Die Autoren empfehlen angesichts dieser eindeutigen Ergebnisse, in der Schwangerschaft auf  multiple-Mikronährstoff- Nahrungsergänzungsmittel umzusteigen, statt nur Eisen und Folsäure zuzuführen. Eine Einschränkung macht der Review allerdings. Die Empfehlung bezieht sich in erster Linie auf schwangere Frauen, die in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen leben, denn dort kommen entsprechende Mangelzustände häufiger vor.

Wieviel von was?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt derzeit eine Eisen und Folsäure-Supplementierung für Frauen während der Schwangerschaft im Rahmen der routinemäßigen vorgeburtlichen Betreuung. Dabei liegt die empfohlene Dosis von Eisen zwischen 30 mg und 60 mg. In Gebieten mit einer hohen Anämie-Prävalenz (40 Prozent und höher) sollten 60 mg gegeben werden. In den meisten Entwicklungsländern wird dies aber offenbar nicht befolgt, denn höhere Dosen von Eisen verursachen Magen-Darm-Beschwerden wie Verstopfung, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), die Universität der Vereinten Nationen (UNU) und die WHO haben im Jahr 1999 eine Standard-Zusammensetzung für eine Multi-Mikronährstoff-Tablette entwickelt. Die „UNIMMAP”-Tablette enthält eine Reihe von Vitaminen und Mikronährstoffen, wobei die Menge der empfohlenen Tageszufuhr (RDA) entspricht. Sie enthält jedoch weniger Eisen als von der WHO empfohlen, denn die Eisen- Absorption soll durch die ebenfalls enthaltenen Vitamine C, A und B2 gefördert werden. So kommt man mit weniger aus.

 

Quelle: Haider BA, Bhutta ZA. Multiple-micronutrient supplementation for women during pregnancy. Cochrane Database Syst Rev. 2015 Nov 1;11:CD004905. [Epub ahead of print] Review.


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