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Pharmacon Schladming
Obstipation - Mythen und Legenden
Um das Thema Obstipation und Laxanzien ranken sich viele Mythen und Legenden. Obwohl vieles davon mittlerweile als widerlegt gilt, hält es sich dennoch hartnäckig - auch in der Beratung. Apothekerin Dr. Hiltrud von der Gathen hat in ihrem Vortrag auf dem Pharmacon in Schladming Fakten geschaffen.
„Verstopfung ist selbst verschuldet und hat daher keinen Krankheitswert“ oder „Verdauungsbeschwerden lassen sich mit Lebensstiländerungen in den Griff bekommen“: Diese traditionelle Sichtweise auf die Obstipation sorge dafür, dass die Patienten in eine Ecke gestellt würden, kritisiert Apothekerin Hiltrud von der Gathen aus Recklinghausen in einem ihrer wie gewohnt praxisnahen Vorträge auf dem Pharmacon in Schladming. Die Vorurteile hätten auch dazu geführt, dass Laxanzien aus der Erstattungsfähigkeit ausgeschlossen wurden, wie auch zur allgemeinen Aberkennung des Leidensdrucks. Laut von der Gathen komme erschwerend hinzu, dass viele Dinge, die mittlerweile widerlegt sind, aus den Köpfen nicht wegzukriegen sind und einer wirksamen Therapie daher oft im Wege stehen. Mit einigen der Mythen um Obstipation und Laxanzien räumte die Apothekerin auf.
Flüssigkeit, Bewegung und Ballaststoffzufuhr
In der Regel wird Patienten mit Verstopfung erst einmal empfohlen, mehr zu trinken. Das hätte aber nur einen Effekt, so von der Gathen, wenn der Betreffende dehydriert ist. Bei einer normalen Flüssigkeitszufuhr zwischen 1,3 und 1,5 Liter am Tag bringe eine weitere Steigerung nichts. Außerdem besteht bei einigen Grunderkrankungen eine ärztlich verordnete Flüssigkeitsrestriktion. Diesen Patienten könne man nicht einfach empfehlen, mehr zu trinken.
Ein weiterer häufig ausgesprochener Rat bei Verstopfung lautet: „Mehr Bewegung“. Dies ist von vielen, vor allem älteren Patienten, gar nicht umzusetzen. Zudem, berichtete von der Gathen, hätte eine zusätzliche Stunde Sport am Tag laut einer Studie keine Auswirkung auf den Stuhlgang – weder bei Verstopfung noch bei normaler Verdauung.
Auch bei der Ballaststoffzufuhr gibt es häufig Umsetzungsschwierigkeiten. Um die empfohlene Menge von 30 g Ballaststoffen am Tag zu sich zu nehmen, müsse man in den Augen von Hiltrud von der Gathen ein „Müsliapostel mit Birkenstock-Sandalen“ sein. Ältere Menschen könnten diese Mengen aus verschiedenen Gründen gar nicht bewältigen, beispielsweise weil die Speichelproduktion im Alter nachlässt, anticholinerge Arzneimittel eingenommen werden, die Mundtrockenheit verursachen, oder einfach das Gebiss nicht mehr so gut sitzt. „Da wird dann die Vollkornschnitte mit Radieschen und Paprika zur lukullischen Herausforderung“, so von der Gathen.
Hypokaliämie und Abhängigkeit
Doch nicht nur zur Verstopfung selbst, sondern auch zu den Laxanzien halten sich einige Legenden hartnäckig. Zum Beispiel, dass der Dauergebrauch von Laxanzien immer zu Hypokaliämie und somit zu einer Verschlimmerung der Obstipation führe. Elektrolytverluste träten aber nur bei zu weichen Stühlen auf, so von der Gathen. Bei normaler Stuhlkonsistenz, wie sie bei der Therapie der chronischen Obstipation anzustreben ist, sei dies kein Problem. Auf einen längerfristigen Einsatz salinischer Laxanzien wie Glaubersalz sollte allerdings verzichtet werden, da es hier immer zu Elektrolytverlusten kommt.
Auch die vielzitierte Abhängigkeitsgefahr ist laut von der Gathen ein Mythos. Tritt nach Absetzen des Abführmittels die Obstipation wieder auf, sei das keine Abhängigkeit, sondern die Krankheit ist schlicht immer noch vorhanden. Und eine Verschlechterung der Symptome sei eine Verschlechterung der Krankheit „Verstopfung“ – und mitnichten ein Rebound.
3 Kommentare
Abführmittel
von Heiko Barz am 19.01.2016 um 16:39 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Kommentar Heiko Barz
von Wolfgang Steffan am 21.01.2016 um 8:44 Uhr
AW: Frechheit
von Birgit Fichte am 21.01.2016 um 18:22 Uhr
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