- DAZ.online
- News
- Politik
- vdek fordert AMNOG 2.0
Der Ersatzkassenverband vdek appelliert an die Politik, angesichts steigender Kassenbeiträge aktiv zu werden. Ansatzpunkte sieht er bei hochpreisigen Arzneimitteln. Aber auch die Finanzpolster im Gesundheitsfonds sollten abgeschmolzen und die paritätische Finanzierung wieder eingeführt werden.
Für rund 80 Prozent der GKV-Mitglieder hat sich zum Jahreswechsel der Zusatzbeitrag zu ihrer Krankenkasse erhöht – sie zahlen zwischen 1,0 und 1,7 Prozent zusätzlich zum paritätisch getragenen Beitragssatz von 14,6 Prozent. Weitere Steigerungen seien absehbar, erklärte der Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen, Christian Zahn, am Mittwoch bei der vdek-Neurjahrspressekonferenz. Angesichts der allgemeinen Kostenentwicklung im Gesundheitswesen sowie der teuren Reformen der Großen Koalition, werde der durchschnittliche Zusatzbeitrag in vier Jahren bei 2,0 Prozent liegen, prognostizierte er.
Statt auf die Rücklagen der Kassen zu verweisen, sollte die Politik kurzfristig dafür sorgen, dass die Finanzpolster im Gesundheitsfonds abgeschmolzen und die freiwerdenden Mittel den Kassen zur Abfederung der reformbedingten Kosten zur Verfügung gestellt werden. Konkret: Die Liquiditätsreserve des Fonds sollte auf höchstens 35 Prozent einer Monatsausgabe reduziert werden. Eine Verringerung der Schwankungsreserve um 2,5 Milliarden brächte „immerhin 0,2 Beitragssatzpunkte“, so Zahn.
Zudem müsse die Politik wieder zu einer gänzlich paritätischen Beitragsfinanzierung zurückfinden. Dies ließe sich auch einfach umsetzen, ohne dass die GKV-Finanzarchitektur angegriffen würde: Der individuelle Zusatzbeitrag müsse hierzu nur ebenso wie der allgemeine Beitragssatz von Arbeitgeber und Arbeitnehmer hälftig getragen werden.
Arzneimittelkosten: Trotz AMNOG aus dem Ruder gelaufen
Ulrike Elsner, hauptamtliche Vorsitzende des vdek, verwies zudem auf Handlungsbedarf im Bereich der Arzneimittelversorgung. Das 2011 eingeführte Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) sei zwar eine „Revolution“ gewesen – denn nun müssen neue Arzneimittel auf ihren Zusatznutzen hin überprüft werden. Doch die Kosten für die neuen Präparate habe man mit dem Gesetz nicht in den Griff bekommen. Statt geplanter Einsparungen von zwei Milliarden Euro im Jahr habe man bis einschließlich 2014 lediglich 600 Millionen Euro eingespart. Nicht zuletzt, weil die zunächst geplante Nutzenbewertung im Bestandsmarkt wieder gestrichen wurde.
Damit die Kosten im Arzneimittelbereich nicht weiter davonlaufen, müsse zum einen an den bewährten Instrumenten wie Festbeträgen, Rabattverträgen, Herstellerabschlag und Preismoratorium festgehalten werden, so Elsner. Zudem ist aus vdek-Sicht ein „AMNOG 2.0.“ fällig. Zentrale Ansatzpunkte sind dabei die folgenden:
- Der Erstattungsbetrag für neue Arzneimittel muss rückwirkend ab Markteinführung gelten und nicht erst ein Jahr später.
- Auch Orphan Drugs müssen einer vollständigen Nutzenbewertung unterzogen werden. Die Annahme, der Zusatznutzen sei bereits mit Zulassung belegt, sei strategieanfällig und führe zu Umgehungsversuchen der Industrie. So sei die Zahl der Orphan Drugs zuletzt deutlich gestiegen.
- Die Preisgestaltung muss transparenter werden. Es muss deutlich werden, wie Pharmaunternehmen ihre Preise kalkulieren – und ob wirklich Forschungskosten dahinterstecken.
- Die Arztsoftware muss die jeweils aktuellen
Nutzenbewertungen des Gemeinsamen Bundesausschusses abbilden.
In Anbetracht des Pharma-Dialogs, der am Donnerstag noch einmal stattfinden wird, warnte Elsner, diesen als „Wünsch dir was-Konzert" zu betrachten. Weitere Geschenke an die Pharmaindustrie könne man sich jetzt nicht erlauben.
BPI widerspricht
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) trat den vdek-Forderungen zu Arzneimitteln prompt entgegen: Die Reformideen konterkarierten den ursprünglichen Geist des AMNOG. Dieses habe die Versorgung mit Innovationen zu verbessern wollen. „Der vdek hingegen will das reparaturbedürftige Gesetz offensichtlich immer weiter aushöhlen, bis es zu einem reinen Kostendämpfungsinstrument geworden ist, das medizinische Versorgung auf bestmöglichem Niveau erschwert oder gar verhindert“, sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Insbesondere die nicht ganz neue Forderung nach rückwirkenden Erstattungsbeträgen sei „grundfalsch“. Der Erstattungsanreiz für Innovationen im ersten Jahr sei ausdrücklich politisch gewollt. „Wer diese Grundlage streicht, schafft Unsicherheit, und die ist Gift für jegliche Innovationstätigkeit“. Auch den Vorwurf der Orphanisierung wies Fahrenkamp zurück: Wer davon spreche, unterstelle den Zulassungsbehörden, dass sie falsche Zulassungen erteilen.
2 Kommentare
GKV
von Christoph Leddin am 21.01.2016 um 15:55 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
AMNOG 2
von Dribusch am 21.01.2016 um 12:45 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.