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Raubüberfall, Diebstahl oder gefälschte Rezepte: Kriminelle machen vor öffentlichen Apotheken nicht Halt. Wer besonnen reagiert, vermeidet Schlimmeres – und hilft der Polizei, Täter dingfest zu machen.
Jagdszenen aus Nordrhein-Westfalen: Am 29. Januar überfiel ein bewaffneter Täter eine Apotheke in Petershagen. Er bedrohte die anwesende Mitarbeiterin, erbeutete alle Tageseinnahmen und flüchte. Eine aufmerksame Kollegin beschrieb den Verbrecher und sein Auto so genau, dass er bald darauf verhaftet werden konnte. Beamte durchsuchten seine Wohnung und stellten die Beute sowie eine Softairwaffe sicher. Solche Schreckensszenarien sind verglichen mit anderen Branchen eher selten.
Apotheker oder PTA sollen „bloß nicht den Helden spielen"
Aus Daten einzelner Landeskriminalämter ergeben sich bundesweit 60 bis 70 Raubüberfälle auf Apotheken pro Jahr – ein extrem niedriger Wert, gemessen an der Gesamtzahl von 45.475 Raubdelikten (2014). Die Polizei summiert unter diesen Tatbestand Diebstahl (§ 242 Strafgesetzbuch; StGB) und Nötigung (§ 240 StGB). Juristen sprechen von der Wegnahme einer Sache mittels Gewalt oder Gewaltandrohung. Zum Vergleich: In 2014 ereigneten sich 193 Raubüberfälle auf Geldinstitute und 681 auf Tankstellen.
Gerade seltene Ereignisse werden zur Gefahr, falls das Apothekenteam falsch reagiert. Iris Wüster, Sprecherin der Polizei Nordrhein-Westfalen aus Aachen, warnt vor dem Einsatz von Gegenständen zur Selbstverteidigung, etwa Pfefferspray: „Man sollte nichts tun, was die Gewaltspirale weiterdreht, sondern alles an Wertsachen herausgeben und bloß nicht den Helden spielen.“ Besser ist, während eines Raubüberfalls ruhig und höflich zu bleiben und den Täter ernst zu nehmen. Mit hastigen Bewegungen oder Gegenwehr bringen sich Opfer in Gefahr. Sie sollten besser versuchen, sich das äußere Erscheinungsbild gut einzuprägen. Steht vielleicht ein Fluchtfahrzeug in der Nähe? Hier kann auch ein Gedächtnisprotokoll mit den Namen aller Zeugen, sprich Mitarbeitern und Kunden, wertvolle Hilfe leisten. Ist der Täter verschwunden, muss sofort die Polizei informiert werden, um keine Zeit zu verlieren. Erst danach geht ein Anruf an den Apothekenleiter. Beamte nehmen alle Aussagen vor Ort auf. Termine im Polizeipräsidium sind möglich, um weitere Aussagen zu protokollieren oder Verdächtige zu identifizieren.
Doch zu einem Raub muss es gar nicht kommen, falls Mitarbeiter wachsam sind. Wie die Polizei berichtet, erkunden Kriminelle mögliche Objekte vorab, um ihren Überfall zu planen. Erscheinen unbekannte Kunden an wenigen Tagen hintereinander in der Offizin - ohne etwas zu kaufen - sollten bei den Mitarbeitern und dem Apotheker Alarmglocken läuten. Personen, die stundenlang vor einer Apotheke warten, machen sich ebenfalls verdächtig.
Apotheker aufgepasst: Langfinger in der Freiwahl
Wachsamkeit ist auch bei Ladendieben gefragt. An einem durchschnittlichen Verkaufstag entwenden Kriminelle im Einzelhandel Waren für sechs Millionen Euro, berichtet die Industrie- und Handelskammer (IHK). Besonders begehrt sind leicht transportable, hochpreisige Artikel wie apothekenexklusive Kosmetik. „Jeder Diebstahl ist einer zu viel, schlussendlich bezahlen die ehrlichen Kunden im Rahmen der Mischkalkulation den Schaden mit“, sagt Gerald Grusser, Hauptgeschäftsführer der IHK Erfurt. Bei der Prävention versuchen Landenbau-Experten in der Freiwahl „tote Winkel“ und schlecht ausgeleuchtete Bereiche zu vermeiden. Sind Regale maximal 1,70 Meter hoch, gelingt es Kunden nicht einfach, zu verschwinden. Angestellte können vermeintlich suspekte Personen im Auge behalten.
Darüber hinaus arbeiten Apothekenleiter immer häufiger mit Kameras, was im Freiwahlbereich bei deutlichem Hinweis auch legitim ist. Begrüßen Angestellte potenzielle Kunden schon beim Eintreten, wissen potenzielle Gauner sofort, dass sie mit aufmerksamem Personal zu rechnen haben.
Käufer, die lange zögern und suchend umherblicken, sollten direkt angesprochen werden. Reagieren sie auf Beratungsangebote abweisend, kann es sich um Ladendiebe handeln. Weite Mäntel, Kinderwägen, Regenschirme oder offene Einkaufstaschen zählen möglicherweise zur straflosen Handlungsvorbereitung eines Diebstahls.
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