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Sepsis-Behandlung
Ursache für Unterdrückung der Immunabwehr gefunden?
Patienten mit einer Sepsis haben es - auch nach einer erfolgreichen Behandlung der Erstinfektion - noch lange nicht geschafft. Viren oder Bakterien können in einer zweiten, immunsuppressiven Phase der Erkrankung noch einmal auftreten. Neue Forschungserkenntnisse haben gezeigt, woran das liegen könnte.
Eine Sepsis löst im menschlichen Körper schwere Entzündungsreaktionen aus. Diese können durch die moderne Intensivmedizin in vielen Fällen zunächst erfolgreich behandelt werden. Danach kann es jedoch in einer zweiten, immunsuppressiven Phase der Erkrankung (Immunparalyse) für viele Patienten noch einmal kritisch werden. Wird eine latente Infektion reaktiviert oder kommt eine neue, opportunistische Infektion hinzu, so versagt die Körperabwehr. Solche Infektionen erhöhen die Zahl der Todesfälle durch eine Blutvergiftung deutlich.
Verantwortlich ist die mtDNA
Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe aus Anästhesiologen, Mikrobiologen, Physiologen und anderen Forschern der Universitäten Duisburg-Essen, Bonn, Bochum und Jena hat nun mit Hilfe von Tier-und Humanexperimenten eine vielleicht wegweisende Entdeckung gemacht: Sie haben herausgefunden, warum das Immmunsystem bei Sepsis-Patienten lebensgefährlich geschwächt ist. Die neuen Erkenntnisse wurden in der Fachzeitschrift „Anesthesiology“ veröffentlicht.
Eine zentrale Rolle spielt dabei offenbar eine bestimmte Erbsubstanz, die Mitochondrien-DNA (mtDNA). Diese Erbinformation ist normalerweise in den „Kraftwerken menschlicher Zellen“ eingeschlossen. Bei Zellschäden, wie im Verlauf einer Sepsis kann sie jedoch ins Blut gelangen und ist dort dann in hoher Konzentration vorhanden.
Vermittlung über Toll-Like-Rezeptoren
Die Wissenschaftler bestimmten die Serumkonzentrationen der mtDNA von Patienten mit Sepsis und gesunden Probanden. Tatsächlich war die mtDNA-Serum-Konzentration bei den Sepsis-Patienten beträchtlich erhöht. Wie die mtDNA ihre schädigende Wirkung dann vermittelt, haben die Forscher ebenfalls ermittelt. Sie gehört zu den Liganden endogener Toll-Like-Rezeptoren (TLR). Im Tierexperiment verursachte eine einzelnes MtDNA-Injektion eine TLR9-abhängige Immunsuppression in „normalen“ Mäusen, nicht aber in Mäusen ohne den Rezeptor (TLR9 k.o.-Mäuse). Zudem löste sie verschiedene weitere immunsuppressive Mechanismen aus.
Sterblichkeit erhöht
Der anerkannte Sepsis-Forscher Simon Schäfer, Oberarzt an der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Essen und Co-Autor der Studie, erläutert: „Wir konnten mit Hilfe der transgenen Mäuse zeigen, dass die mtDNA über den Toll-like-Rezeptor 9, einen Oberflächenrezeptor, der weissen Blutkörperchen, wirkt. Das führte praktisch zu einer Abschaltung der Immunantwort der Abwehrzellen und daher zur Lähmung des Immunsystems.“ Einige der an den Mäusen erhobenen Befunde zeigten sich auch bei den Sepsis-Patienten. Dabei waren die mtDNA-Konzentrationen mit einer erhöhten 30-Tage-Sterblichkeit assoziiert.
Die neuen Resultate könnten einen Ansatzpunkt für die Entwicklung von Wirkstoffen bilden, die gegen die mit der Sepsis einhergehende Unterdrückung des Immunsystems gerichtet sind. Damit könnte letztendlich auch die Überlebensrate von Sepsis-Patienten verbessert werden. Allein in Deutschland versterben jedes Jahr mehr als 50.000 Personen an den Folgen einer Blutvergiftung.
Quelle
Schäfer ST et al.: Mitochondrial DNA: An Endogenous Trigger for Immune Paralysis. Anesthesiology. 2016 Jan 15. [Epub ahead of print]
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