AMNOG-Weiterentwicklung

TK will an generischem Preisanker festhalten

Berlin - 23.02.2016, 17:45 Uhr

Wenn Ärzte Arzneimittel verordnen, sollten sie die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung beachten. (Foto: Syda Productions/Fotolia)

Wenn Ärzte Arzneimittel verordnen, sollten sie die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung beachten. (Foto: Syda Productions/Fotolia)


Die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung müssen besser in der Arztpraxis ankommen – darüber besteht große Einigkeit, bei Kassen wie auch den Pharmafirmen. Die Techniker Krankenkasse schlägt nun vor, diese in den medizinischen Leitlinien zu berücksichtigen. Zugleich warnt sie davor, im AMNOG-Verfahren den generischen Preisanker aufzugeben.

Die mit dem AMNOG eingeführte frühe Nutzenbwertung gilt als lernendes System. Vorschläge, wie an den bestehenden Regelungen nachjustiert werden könnte, gibt es derzeit viele. Nicht zuletzt, nachdem der Pharmadialog auf der Zielgeraden ist. Dass Ärzte nicht ausreichend über die Beschlüsse zu den Nutzenbewertungen informiert sind, ist ein immer wiederkehrender Kritikpunkt.

„Derzeit erhalten einige Patienten neue Therapien nicht schnell genug, andere bekommen teure Präparate, die keinen Zusatznutzen haben“, klagte daher am Dienstag auch Tim Steimle, Leiter des Fachbereichs Arzneimittel der Techniker Krankenkasse (TK), auf der Pharma 2016 in Frankfurt. „Wir wünschen uns daher, dass die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschuss  stärker in die Verordnungsentscheidung einbezogen werden.“ Konkret: Die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung sollten in den medizinischen Leitlinien berücksichtigt werden.

Dies würde die Ärzte bei der Therapiewahl unterstützen und gleichzeitig dem Einfluss der Pharmaindustrie auf die Leitlinien entgegenwirken, meint man bei der TK. Heute, so Steimle, stehe der Arzt in einem Konflikt: Er solle die Leitlinien berücksichtigen, die aber häufig eine andere Empfehlung geben als die frühe Nutzenbewertung.

Teilweise geheime Preise denkbar

Steimle spricht sich auch gegen eine Lockerung des generischen Preisankers aus: Kann der Hersteller eines neuen Präparats in der frühen Nutzenbewertung keinen Zusatznutzen gegenüber älteren Vergleichstherapien nachweisen, darf er bislang auch keinen höheren Preis dafür nehmen. Eine Regelung, an der laut TK „auf keinen Fall gerüttelt werden sollte“. Anderenfalls käme es zu weiteren Mehrausgaben der Krankenkassen. Und diese würden sich wahrscheinlich auch in einem höheren Beitragssatz widerspiegeln, so Steimle. 

Dafür will die TK den Pharmaunternehmen an anderer Stelle entgegenkommen: Sie plädiert dafür, dass die Preise von Arzneimitteln, die ihren Zusatznutzen noch nicht belegen konnten, zumindest in Teilen geheim bleiben. Ziel ist es, mit Hilfe des geheimen Rabattes unnötige Marktrücknahmen zulasten der Patienten zu vermeiden. Denn ein öffentlicher Rabatt in Deutschland kostet die Industrie auch in anderen Ländern Geld - Deutschland ist für viele andere Länder nach wie vor Referenzpreisland. Das führt dazu, dass Unternehmen, denen der Erstattungsbetrag für ihr neues Arzneimittel zu gering erscheint, ihr Präparat lieber ganz vom Markt nehmen – selbst wenn schon viele Patienten auf das neue Medikament eingestellt sind.

In einem weiteren Punkt ist die TK ganz auf Linie mit dem GKV-Spitzenverband und vielen anderen Kassen: „Wir sehen keinen Sinn darin, dass die Pharmaunternehmen in den ersten zwölf Monaten den Preis für ein neues Medikament selbst festlegen dürfen und die Kassen diesen bezahlen müssen – unabhängig davon ob es später einen Zusatznutzen nachweisen kann oder nicht. Dies erhöht lediglich den Anreiz für die Hersteller bereits im ersten Jahr nach Marktzugang möglichst viel Umsatz, also große Patientenzahlen, zu generieren“, sagte Steimle. 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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