Apothekensterben

Nachwuchs-Mangel macht Apothekern Sorgen

Düsseldorf - 23.02.2016, 15:47 Uhr

Nachwuchsmangel sorgt dafür, dass so manche Apotheke schließen muss. (Foto: Roy Pedersen/Fotolia)

Nachwuchsmangel sorgt dafür, dass so manche Apotheke schließen muss. (Foto: Roy Pedersen/Fotolia)


Zuletzt warnte die Landesapothekerkammer Brandenburg vor baldigen Versorgungsproblemen, wenn Apotheken, die ohne Nachfolger bleiben, schließen müssen. Nachwuchs – vor allem auf dem Land – fehlt aber in ganz Deutschland. Während die einen deshalb Studenten umwerben, setzen andere auf Rezeptsammelstellen.

Die Geschäftsführerin der Landesapothekerkammer (LAK) Brandenburg, Kathrin Fuchs, schlug jetzt auch in der Publikumspresse Alarm. In der Märkischen Allgemeinen warnte sie vor einer problematischen Entwicklung der Anzahl der Apotheken im Land. 575 gibt es dort aktuell nach Angaben der LAK. Diese Zahl könne aber womöglich schon bald geringer werden, befürchtet Fuchs. Der Grund: Vor allem die vergebliche Suche nach Nachfolgern – insbesondere in den ländlicheren Gebieten. Da statistisch gesehen in den kommenden zehn Jahren nicht nur in Brandenburg, sondern bundesweit nach einer Schätzung des ABDA ein Drittel der Apotheker in den Ruhestand gehen, fürchtet Fuchs langfristig um die Versorgung der Bevölkerung. 

Junge Leute zieht es in die Städte

Auch in Sachsen sieht der Sächsische Apothekerverband (SAV) das Problem der demografischen Entwicklung. Die Zeitung Die Welt zitierte deren Vorsitzenden, Thomas Dittrich, die Suche nach Nachfolgern gestalte sich im ländlichen Raum schwieriger als in den Ballungsräumen. Ende des vergangenen Jahres zählte der SAV 991 Apotheken in Sachsen. Lutz Gebert, Sprecher der Thüringer Apothekenkammer, hatte im Januar gegenüber der Thüringer Allgemeinen geschätzt, dass rund jede zehnte Apotheke in dem Bundesland in den kommenden Jahren schließen könnte. Im September 2015 gab es 561 Apotheken in Thüringen.

Die jungen Leute zöge es immer mehr in die Städte, so dass die Nachfolger mit der entsprechenden Qualifikation auf dem Lande fehlen würden. So erklärte ABDA-Sprecherin Ursula Sellerberg bereits im Januar gegenüber DAZ.online, warum viele Apotheker vergebens suchen und viele Dorfapotheken ihre Türen endgültig schließen, wenn der Inhaber in den Ruhestand geht. Die Beispiele nicht nur aus dem Osten der Republik, sondern bundesweit häufen sich – exemplarisch in der jüngeren Vergangenheit etwa aus Holzkirchen und Schwarzach in Bayern oder Herzhorn in Schleswig-Holstein.

Flächendeckende Arzneimittelversorgung gewährleistet

Indes sieht die ABDA die flächendeckende Arzneimittelversorgung insgesamt weiterhin gewährleistet, wie ein Sprecher der ABDA sagte. Auch sei die Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln 25 Jahre nach der Wiedervereinigung in Ost und West gleichermaßen gut. Regionale Unterschiede in der Apothekenstruktur hätten nichts mit der Deutschen Einheit zu tun, so der Sprecher. Dennoch sinkt die Zahl der Apotheken insgesamt weiter. Zuletzt hat die ABDA im September 20.296 Apotheken gezählt. Ende 2014 waren es noch 20.441. Die Zahlen für Ende 2015 veröffentlicht die ABDA im Frühjahr 2016.

Stärkste Rückgänge nach Berücksichtigung von Neueröffnungen und Schließungen verzeichneten die beiden Landesapothekerkammern in Nordrhein-Westfalen zusammen mit insgesamt 46 weniger Apotheken. Zwischen Ende 2014 und September 2015 sank die Zahl der Offizinen von 4388 auf 4342. In Baden-Württemberg waren es 26 Apotheken weniger, die Zahl sank hier im gleichen Zeitraum von 2612 auf 2586.

Zuwächse gab es nur in Bremen, das zwei Offizin mehr verzeichnen konnte. In Brandenburg und im Saarland gab es in diesem Zeitraum in der Summe keine Veränderung, in den übrigen Bundesländern jeweils ein Minus. In den letzten drei Monaten schlossen aber auch in Brandenburg noch vier Apotheken und die zum Teil noch nicht vollständig erhobenen Zahlen der übrigen Länder dürften die negative Tendenz für das Gesamtjahr bestätigen.

Verstärkt wird das Problem durch die ebenfalls weiter zurückgehende Zahl der Ärzte insbesondere auf dem Land, wo Praxen zum Teil mit dem gleichen Problem des Nachfolger-Mangels zu kämpfen haben. Dazu kommen die allgemein weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Apotheker, von denen sich Anfang 2015 laut ABDA-Präsident Friedemann Schmidt rund ein Viertel in einer betriebswirtschaftlich schwierigen Situation sahen.

Studierende schon fürs Praktikum auf dem Land gewinnen

Gänzlich hilflos stehen die Verbände und Kammern dem Phänomen des Nachwuchs-Mangels allerdings nicht gegenüber. In Sachsen-Anhalt etwa bemüht sich die LAK, bereits die Studierenden aufs Land zu holen. Im Januar richtete sie zum dritten Mal eine Praktikumsbörse aus, bei der Pharmaziestudenten und Apotheker, die nach Fachkräften suchen, zueinander finden konnten. „Ich kann sie nur ermuntern, sich für eine Ausbildungsapotheke in einer ländlichen Region zu entscheiden. Denn dort nehmen sich die Apotheker und ihre Mitarbeiter oft mehr Zeit für ihre Schützlinge“, warb dort etwa der Vizepräsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, Lars Mohrenweiser.

In Brandenburg macht sich die Landesapothekerkammer für einen Studiengang Pharmazie im Bundesland stark, in Sachsen kämpft der SAV dafür, den seit dem Jahr 2011 von Schließung bedrohten Studiengang an der Uni Leipzig zu erhalten. „Wenn man einen Studienstandort in der Region hat, kann das sicherlich die Chancen bieten, den Nachwuchs vor Ort ansprechen und auch vor Ort halten zu können“, sagte ein Sprecher der ABDA zu solchen Bemühungen.

Rezeptsammelstellen als Lösung

Das Landesgesundheitsministerium Brandenburgs betrachtet das Problem wiederum von einer anderen Seite. „Natürlich kann nicht in jedem Dorf eine Apotheke sein“, sagte Ministeriumssprecher Gabriel Hesse der Märkischen Allgemeinen. Auch auf dem flachen Land sei die Versorgung gesichert, etwa durch Rezeptsammelstellen. Dort geben beispielsweise in einem speziellen Briefkasten Patienten ihre Rezepte ab und werden dann von einer Apotheke mit den Medikamenten beliefert. „Wichtiger als eine Dorfapotheke ist, dass der Patient zu seinem Medikament kommt“, sagte Hesse der Zeitung.

Ob eine Rezeptsammelstelle eingerichtet werden kann, ist dabei streng im § 24 der Apothekenbetriebsordnung geregelt. Dies geht etwa nur, wenn „zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheken eine Rezeptsammelstelle erforderlich ist“, so der Text der Verordnung. Nicht immer ist das der Fall wie jüngst das Beispiel aus dem Kölner Stadtteil Merkenich zeigte. Dort lehnte die Apothekerkammer Nordrhein eine solche Rezeptsammelstelle ab, weil im Umkreis von nur fünf Kilometern Apotheken zu finden seien.

Die Apothekenbetriebsordnung sehe verschiedene Instrumente vor, um auch besondere regionale Herausforderungen zu bewältigen, sagte ein Sprecher des ABDA. „Wenn Rezeptsammelstellen die beste lokale Lösung für ein aufkommendes Versorgungsproblem darstellen, kann man dies im Sinne der dort lebenden Patienten natürlich nur begrüßen“, sagte der Sprecher.


Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Achso, na dann....

von Sven Gallinat am 24.02.2016 um 7:42 Uhr

"Indes sieht die ABDA die flächendeckende Arzneimittelversorgung insgesamt weiterhin gewährleistet [...]"
Toll, dann ist doch alles in Butter, und es gibt gar keine Probleme....
Das Motto lautet wohl: et hätt noch immer jot jejange

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Rezeptsammelstellen

von Doris Grünewald am 23.02.2016 um 19:14 Uhr

Wenn aber, wie hier geschenen, die zuständige Apothekerkammer mit großen Eifer einer ca 15km weit weg liegenden Apotheke eine Rezeptsammelstelle genehmigt, die der nur ca. 3,8 km weit weg liegenden ansässigen Apotheke die Rezete wegschnappt, dann sorgt die Kammer selbst dafür, dass bald alle Landapotheken verschwinden.

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