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Großhandelsverband Phagro
Großhändler brauchen neue DIN-Spezifikation für Fahrzeuge nicht
Der Großhandelsverband Phagro kritisiert eine neue Norm für klimatisierte Nutzfahrzeuge zur Arzneimitteldistribution. Wegen der unterschiedlichen Anforderungen bei verschiedenen Transporten sei diese Normierung überflüssig.
Das Deutsche Institut für Normung veröffentlichte am 1. März 2016 die neue Norm DIN SPEC 91323. Sie enthält Prüfanforderungen für die Funktionsqualifizierung von klimatisierten Nutzfahrzeugen zur Distribution von Arzneimitteln. Der Großhandelsverband Phagro kritisierte die Norm in vielfacher Hinsicht „aufgrund erheblicher Zweifel an der Notwendigkeit dieser Spezifikation sowie an der Qualität einzelner Inhalte“.
Kritik der Pharmagroßhändler
Die Norm werde mit neuen Leitlinien der Europäischen Union für die Arzneimitteldistribution („Good Distribution Practice“, GDP-Guideline) begründet. Darin seien direkte Anforderungen an die Heiz- und Kühlleistungen der Fahrzeuge und den dafür nötigen Prüfumfang nicht vorgesehen. Aus Sicht des Phagro sei dies bewusst nicht geschehen, weil die Anforderungen abhängig von den transportierten Arzneimitteln und der Transportdauer sehr unterschiedlich seien. Damit treffe schon die Grundannahme, dass die Pharmabranche Bedarf an einheitlich qualifizierten Fahrzeugen habe, nicht zu.
Der Phagro habe die Normung konstruktiv begleitet, kritisiere aber das Verfahren. Zwar sei der falsche Ansatz, nur eine Qualifizierung für den Temperaturbereich von 15 bis 25 Grad Celsius vorzusehen, fallen gelassen worden. Doch seien wesentliche Entscheidungen nicht inhaltlich ausdiskutiert oder nicht im Konsens getroffen worden, kritisiert der Phagro.
Außerdem sei die Öffentlichkeit nicht über ein allgemeines Stellungnahmeverfahren eingebunden worden. Vielmehr sei das Ergebnis von den dominierenden Akteuren wie Prüfstellen, Zertifizierern und Unternehmen des Fahrzeugbaus geprägt, so der Phagro. „In der Summe spiegelt die nun vorliegende Spezifikation nicht die Bedürfnisse des pharmazeutischen Großhandels wider“, heißt es vom Phagro.
Dr. Thomas Trümper, Phagro-Vorsitzender, erklärte: „Die Mitgliedsunternehmen des Phagro können aufgrund ihrer etablierten Qualitätssicherungssysteme, die die Umsetzung der GDP-Leitlinien beim Transport umfassen, keine Notwendigkeit erkennen, einem weiteren Regelwerk zur Qualitätssicherung zuzustimmen, das - wie jüngste Werbebroschüren von Zertifizierern zeigen - ohnehin eher Marketinginstrument für Drittinteressen als Instrument der Arzneimittelsicherheit im Sinne der GDP-Leitlinien ist.“
Berufspolitische Interpretation
Die neue Norm regelt nicht den Umgang mit Arzneimitteln, sondern sie ist eine technische Norm über Nutzfahrzeuge „für die Distribution von Arzneimitteln, die innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs transportiert werden sollen“. Dies kann zusätzlichen Aufwand bei Großhandelsfahrzeugen auslösen, für die bereits Regelungen bestehen. Doch die Norm ändert nicht das Arzneimittel- oder Apothekenrecht und sollte daher auf Botenfahrten der Apotheken zu den Endkunden nicht anzuwenden sein. Dies ergibt sich zusätzlich aus dem Wortlaut, der ausdrücklich „Nutzfahrzeuge“ nennt, die nur von wenigen Apotheken für Botendienste eingesetzt werden.
Allerdings bietet die neue Norm einen zusätzlichen Aspekt für die Diskussion über Anforderungen an Versandapotheken. Beim Versand an Endkunden wird die an den Großhandel gerichtete GDP-Guideline üblicherweise nicht eingehalten, zumal Paketdienste die Arzneimittel nicht gesondert behandeln. Vor diesem Hintergrund hatte die Apothekerkammer Nordrhein beim Deutschen Apothekertag 2015 gefordert, die GDP-Guideline für Versandapotheken vorzuschreiben.
Die Versandapotheken sollten ihrerseits die Transportunternehmen auf die Einhaltung der Leitlinie verpflichten. Damit sollten Arzneimittel konsequent unter 25 Grad Celsius transportiert werden. Der Antrag war kontrovers diskutiert worden. Die Antragsteller hatten auf teilweise tagelange Transportzeiten verwiesen. Die Antragsgegner hatten argumentiert, die angestrebte Regelung werte den Versandhandel auf und nehme den Vor-Ort-Apotheken einen Qualitätsvorteil gegenüber dem Versand.
Außerdem wurden Bedenken geäußert, eine solche Vorschrift für den Versand könnte möglicherweise auch Botenfahrzeuge der Vor-Ort-Apotheken treffen, obwohl die Arzneimittel darin nur über viel kürzere Zeiträume transportiert werden. Der Botendienst könnte dann komplett unwirtschaftlich werden. Die Versorgung würde damit gefährdet und nicht gestärkt. Daraufhin hatte das Plenum den Antrag mehrheitlich abgelehnt. Mit der neuen Norm dürfte die Sorge eher zunehmen, dass verschärfte Regeln für Versandapotheken letztlich alle Fahrten zu Endkunden beeinträchtigen könnten.
1 Kommentar
Ergänzender Hinweis
von Michael Broda am 02.03.2016 um 23:45 Uhr
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