- DAZ.online
- News
- Spektrum
- Jede dritte Apotheke ist ...
Immer mehr österreichische Apotheken schreiben rote Zahlen. Diese Warnbotschaft hat der Apothekerverband der Alpenrepublik ausgegeben.
Vor fünf Jahren hat nach Angaben des Österreichischen Apothekerverbandes jede vierte der rund 1370 öffentlichen Apotheken in Österreich rote Zahlen geschrieben. Heute soll bereits jede dritte im Minus sein. Das sind in Summe 400 Unternehmen. Dabei soll der Betriebsverlust bei etwa 60 Prozent der Betroffenen weniger als fünf Prozent, bei etwa einem Viertel zwischen fünf und zehn Prozent und bei etwa 15 Prozent über zehn Prozent des erzielten Umsatzes ausmachen. Diese Ergebnisse hat die unabhängige KMU Forschung Austria, die auf Sozial- und Wirtschaftsforschung mit Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) spezialisiert ist, anhand von mehr als 500 Jahresabschlüssen von Apotheken für den Verband ermittelt.
Quelle: KNU-Forschung Austria
Mehrere Einflussfaktoren
Bei diesem Fazit ergänzen sich nach Analyse der Experten eine schlechte Umsatzrentabilität und eine niedrige Eigenkapitalquote „Zwei Prozent der Apotheken haben eine Eigenkapitalquote von mehr als 30 Prozent und eine Umsatzrentabilität von mehr als zehn Prozent. 19 Prozent der Apotheken haben eine negative Eigenkapitalquote. Das Schlechte an der Situation ist, dass auch noch Verluste erzielt werden“, erläuterte Peter Voithofer, Direktor der KMU-Forschung Österreich. Die Umsatzrentabilität der Apotheken sei mit 2,8 Prozent zwar im Schnitt noch höher als im Einzelhandel, wo 1,9 Prozent registriert würden, doch auch diese Kurve zeige seit Jahren nach unten, fügte der Direktor des Apothekerverbandes Sven Abart an. Der Präsident des Verbands, Christian Müller-Uri, ergänzte: „Die Apotheken in Österreich verdienen aufgrund des Sparzwangs im Gesundheitswesen zu wenig.“
Apothekenvergütung am Tiefpunkt
Nach Angaben des Apothekerverbandes haben sich die Ausgaben der Krankenkassen für Medikamente in den letzten zehn Jahren fast um die Hälfte erhöht (von ca. 1,7 auf rund 2,6 Milliarden Euro). Die Apotheken konnten davon jedoch nicht profitieren. Ihre Gesamtvergütung wuchs über denselben Zeitraum lediglich um 16,7 Prozent (von 317 auf 433 Millionen Euro). Zwar stieg der Kassenumsatz der Abgabestellen um 5,6 Prozent auf 2,62 Milliarden Euro, aber die jährlich sinkenden Spannen auf die verschriebenen Arzneimittel ließen die Erträge schmelzen. Mit diesen machen die Apotheken 70 Prozent ihrer Umsätze. Abart stellte dazu fest: „2005 betrug diese Spanne 20,47 Prozent. 2015 waren es nur noch 15,67 Prozent.“ Unter dem Strich blieb im Jahr 2015 nur ein Bruchteil in Höhe von 2,61 Prozent eines Kassenmedikamentes bei der Apotheke.
Auch in Österreich müssen Apotheken immer wieder erklären: Steigende Arzneimittelkosten bedeuten nicht, dass Apotheken mehr verdienen. (Quelle: IPF/Österreichische Apothekerkammer)
Sonderrabatte und Refundierungsmodelle
Müller-Uri betonte zudem, dass die Apothekerschaft zwischen 2004 und 2008 via Sonderrabatte und Refundierungsmodelle 146,7 Millionen Euro zur Entschuldung der österreichischen Krankenkassen aufgewendet hätten: „Diese Belastung der Apotheken können wir aus heutiger Sicht nicht mehr fortführen." Die entsprechende Vereinbarung lief Ende 2015 aus.
Zuschüsse für Notdienst gefordert
Der Apothekerverband reklamiert nun finanzielle Erleichterungen durch die öffentliche Hand und will hierzu vordringlich bei den Notdiensten ansetzen. Jede Nacht haben in Österreich 280 Apotheken Bereitschaftsdienst. Das sind im Jahr 100.000 Bereitschaftsdienste mit 1,8 Millionen Kundenkontakten, rechnet der Verband vor. Dieser Service koste 33 Millionen Euro. Davon schulterten die Apotheken mit 30 Millionen den Löwenanteil. Den Rest zahlten die Kunden und einen ganz kleinen Teil von nicht einmal einem halben Prozent die Sozialversicherungsträger. Nun will der Verband konkret 15 Millionen Euro als Unterstützung. Im benachbarten Ausland würden diese Dienste häufig aus öffentlichen Geldern finanziert, so die Begründung.
Jammern auf hohem Niveau?
Im Hauptverband der Sozialversicherungsträger soll dieses Ansinnen allerdings Kopfschütteln ausgelöst haben, wird in dem Publikationsorgan „derStandard.at“ nachgekartet. „Dass die Branche in Österreich ein Sanierungsfall sein soll, ist mir neu", wird dessen Sprecher Dieter Holzweber, zitiert. Er habe nicht den Eindruck, es hier mit einer armen Klientel zu tun zu haben: „Da wird auf hohem Niveau gejammert.“ Schließlich habe der Direktor des Apothekerverbandes Sven Abart zugegeben, dass es bislang keine Pleitewellen gegeben habe und dabei auf die Auffangmechanismen der Apotheken und die „hohe Solidarität“ innerhalb der Branche verwiesen.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.