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Erklärungsbedürftige Verpackungen
Herausforderung Vitamin-Trinkfläschchen
Über eine schwer zu öffnende Verpackung hat sich sicher jeder schon einmal geärgert. Meistens bleibt das ohne Folgen. Manche Verpackungskonzepte sind aber so kompliziert, dass der Inhalt hinterher wertlos ist - und der Verbraucher bemerkt es nicht einmal.
Verpackungen stellen oft weit mehr als einen Schutz dar. Sie sollen das Produkt von der Konkurrenz abheben und die Eigenschaften und Inhaltsstoffe betonen. Gelegentlich entsteht dabei der Eindruck, dass das Aussehen wichtiger ist als die Anwenderfreundlichkeit. Besonders schwierig wird es dann, wenn die Handhabung auf den ersten Blick intuitiv erscheint, vom Hersteller aber ganz anders gedacht ist. Anwendungsfehler sind dann vorprogrammiert.
Vitakick vs. Vitasprint
Forscher um Professor Felix Ecker aus dem Fachgebiet Pharmazeutische Technologie und Verpackungswissenschaft der Hochschule Fulda haben die Handhabung zweier Trinkfläschchen mit Nahrungsergänzungsmitteln untersucht und nach einer gängigen Norm (DIN CEN/TS 15945) bewertet. Prüfpräparate waren die Vitamin-B12-Präparate VitaKick® (Tetesept) und Vitasprint® (Pfizer). Für ihre Untersuchung ließen Wissenschaftler insgesamt 40 Probanden im Alter zwischen 65 und 80 Jahren die Verpackungen öffnen. Die ein Hälfte versuchte sich an VitaKick®, die andere an Vitasprint®.
Beide Nahrungsergänzungsmittel bestehen aus einer Flüssigkeit und Vitamin B12 in Pulverform in einem separaten Reservoir. Öffnet man die Verpackung wie vom Hersteller vorgesehen, wird im ersten Schritt das Vitaminpulver gelöst.
Beim VitaSprint®-Trinkfläschchen muss dazu eine Lasche an der Oberseite des Deckels angehoben werden, anschließend kann der gesamte obere Verschluss entfernt werden. Ein Stempel wird sichtbar. Drückt man diesen, gelangt das Pulver in die Flüssigkeit. Durch Schütteln wird es gelöst.
Zum Öffnen des VitaKick®-Trinkfläschchens muss der Schraubdeckel zunächst im Uhrzeigersinn gedreht werden. Das im Deckel eingearbeitete Pulver wird dadurch freigegeben und anschließend durch Schütteln gelöst.
Erst im zweiten Schritt soll der Anwender dann das Fläschchen vollständig öffnen und die trinkfertige Lösung entnehmen. Bei Vitasprint® geschieht das durch einfaches Abheben des Deckels, bei VitaKick® durch Drehen des Schraubverschlusses gegen den Uhrzeigersinn. Bei beiden Präparaten ist es aber auch ohne Probleme möglich, die wirkstofffreie Lösung einzunehmen, ohne das Vitaminpulver zuvor aufzulösen.
Der Fehler blieb unbemerkt
Und genau das hat die Mehrheit der Studienteilnehmer auch getan. Obwohl einige der Probanden sogar angaben, Erfahrungen mit ähnlichen oder identischen Verpackungen zu haben (80 Prozent bei VitaKick®, 20 Prozentbei Vitasprint®.
Lediglich drei der 40 Prüfteilnehmer lösten, wie vom Hersteller vorgesehen, das B12-Pulver vor der Einnahme in der Flüssigkeit auf, davon zwei bei Vitasprint®, einer bei Vitakick®. Sieben brachen den Öffnungsversuch ab, die restlichen 30 stellten die Lösung nicht richtig her.
Bei Vitasprint® bereitete der Stempel Schwierigkeiten. Er wurde nicht gedrückt, weil er unter anderem als Greifhilfe wahrgenommen wurde. Bei VitaKick® lag der Fehler darin, dass der Verschluss sofort - wie üblich - gegen den Uhrzeigersinn geöffnet wurde. Bei beiden Präparaten wurde dann das Vitaminpulver mit der Verpackung entsorgt. Die Teilnehmer waren sich dabei nicht bewusst, einen Fehler gemacht zu haben.
Es besteht Handlungsbedarf
In den Augen der Wissenschaftler kann angesichts dieser Ergebnisse keines dieser Trinkfläschchen als leicht zu öffnende Verpackung bezeichnet werden. Beide Verpackungskonzepte waren für die Prüfteilnehmer im Alter zwischen 65 bis 80 Jahren schwer verständlich. Alle 40 Teilnehmer versuchten zunächst die Trinkfläschchen intuitiv – und diesem Fall falsch – zu öffnen. Daraus zogen die Forscher den Schluss, dass selbsterklärende Verpackungskonzepte offenbar von den Anwendern bevorzugt werden.
Bei den beiden getesteten Präparten sehen die Fuldaer Wissenschaftler jedenfalls dringenden Handlungsbedarf, das Verpackungskonzept zu optimieren. Denn in den meisten Fällen wurde die Vitaminmischung entsorgt, und das Präparat war wertlos.
Quelle:
Myriam Braun-Münker, Apothekerin und staatl. gepr. Lebensmittelchemikerin
Hochschule Fulda, Fachbereich Lebensmitteltechnologie
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