Beratungs-Quickie

Ein ß-Blocker für einen Asthmapatienten

München - 24.03.2016, 17:55 Uhr

(Foto: ABDA)

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Welche Punkte sind bei der Beratung wichtig? Was für Zusatzinformationen kann man geben? Im „Beratungs-Quickie“ stellen wir jede Woche einen neuen Fall vor. Diesmal geht es um einen älteren Patienten, der eine Verordnung über ein Asthmaspray und einen ß-Blocker einreicht.

Ein älterer Herr betritt die Apotheke. Er ist etwas kurzatmig. Das liege an der ungewohnten Bewegung. Der Fahrstuhl zur Arztpraxis sei im Moment außer Betrieb. Normalerweise laufe er nicht so viele Treppen wie heute. Früher hatte er nur zeitweilig Beschwerden wegen seines Asthmas. Aber zum Glück habe er ja seine Medikamente. Auch wegen seines Blutdruckes. Der liege eher etwas hoch, aber sei laut Arzt für sein Alter tolerabel. Er zeigt auf einen Zettel mit den Werten 150/95 mmHg, Puls 77 Schläge/Minute.

Formalien-Check

Verordnet sind zwei Diskus® Pulverinhalatoren Viani forte® 50 µg/500 µg zu je 60 ED sowie 100 Stück Nebilet® Tabletten (N3). Das Rezept ist vollständig. Der Patient ist laut Rezept nicht von der Zuzahlung befreit. Für beide Medikamente ist „aut-idem" angekreuzt.

Viani forte® 50 µg/500 ist in den Normgrößen N1 (1 x 60 ED) und N3 (3 x 60 ED) im Handel. Die verordnete Menge fällt nach Packungsgrößenverordnung in den N2-Bereich. Ein Stückeln in einen bestehenden N-Bereich ist nach § 6 Absatz 2 Rahmenvertrag nicht erlaubt. Es existieren aber Importe unter dem Namen Seretide® als N2-Packung (2 x 60 ED), die abgegeben werden können. Import und Original werden als gleich angesehen. Rabattverträge mit bestimmten Importeuren müssten dann auch beachtet werden, existieren aber in diesem Fall nicht.

Die Regelungen des Rahmenvetrags beziehen sich aber nur auf Verordnungen nach Stückzahl. Der Arzt kann das Rezept in eine reine Normgrößenverordnung über Viani forte® 50 µg/500 µg 2 x N1 ändern. Das bedeutet  jedoch doppelte Zuzahlung für den Kunden. Da es sich in der Regel um eine Dauertherapie handelt, kann der Arzt auch darauf hingewiesen werden, die 3x 60 Stück, also die N3, zu verordnen. Da hier auch ein Rabattvertrag besteht, wüde das nicht nur dem Patienten, sondern auch der Kasse Kosten ersparen.

Für Nebilet® steht eine zuzahlungsfreie rabattierte Alternative zur Verfügung. Da kein Austausch erfolgen darf, werden neben der Zuzahlung Mehrkosten in Höhe von 20,41 Euro fällig.

Ab dem Ausstellungsdatum ist das Rezept einen Monat gültig. 

Beratungs-Basics

Der Pulverinhalator enthält zwei Wirkstoffe, das langwirksame β2-Sympathomimetikum Salmeterol und das Glucocorticoid Fluticason. Als Dauermedikation zur Langzeitkontrolle ist es nicht für die Behandlung eines akuten Anfalls geeignet. Die Dosierung erfolgt nach ärztlicher Verordnung, meist zweimal täglich eine Inhalation. Die Anwendung sollte vor einer Mahlzeit erfolgen, um einen cortisonbedingten Mundsoor zu verhindern.

Nebivolol ist ein ß-Blocker mit hoher ß1-Selektivität. Der Wirkstoff wird zur Behandlung der essenziellen Hypertonie und bei älteren Patienten ≥ 70 Jahren bei bestimmten Formen der Herzinsuffizienz zusätzlich zur Standardtherapie eingesetzt. Die regelmäßige Einnahme von einmal 5 mg (eine Tablette) empfiehlt sich morgens. Nebivolol ist bei Hypotonie, Bradykardie, schweren Durchblutungsstörungen und Asthma kontraindiziert.

Die gleichzeitige Verordnung eines ß2-Sympathomimetikums mit einem ß-Blocker ist kritisch zu sehen. Dies gilt auch für den kardioselektiven ß-Blocker Nebivolol. Bei gleichzeitiger Anwendung kann es zu einer gegenseitigen Wirkungsabschwächung kommen. Vermehrte Dyspnoe und die Auslösung eines Asthmaanfalls sind möglich. Die Rücksprache mit dem Arzt ist erforderlich. Je nach Grunderkrankung empfiehlt sich zum Beispiel die Umstellung auf Calciumkanalblocker oder AT-II-Antagonisten. Wichtig: ß-Blocker dürfen nicht abrupt abgesetzt werden und müssen ausschleichend dosiert werden

Der DAZ.online-Beratungsquickie

Jede Woche präsentieren wir einen kurzen Fall, wie er im Apothekenalltag vorkommen könnte. Die Fälle und die Beratungshinweise basieren auf dem Rezepttrainer 1, dem Rezepttrainer 2 und dem HV-Trainer, des Deutschen Apotheker Verlags.
Die Beispiele geben Anregungen zur Beratung und anderen Dingen, die bei der Abgabe zu beachten sind:

  • Formalien-Check: unter anderem Informationen zur Verordnungsfähigkeit sowie Gültigkeit des Rezeptes
  • Beratungs-Basics: die wichtigsten Informationen zur Anwendung
  • Auch noch wichtig: Infos zu häufigen Nebenwirkungen und anderen Anwendungsproblemen, Wechselwirkungen mit der Selbstmedikation, Warnzeichen für Komplikationen, …
  • Darf`s ein bisschen mehr sein? Weitergehende Informationen und mögliche Zusatzempfehlungen
Fehlt was?
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Auch noch wichtig

Bei Erstverordnung ist die Anwendung des Diskus® zu erläutern. Eine genaue Beschreibung zur Anwendung des Diskus® finden Sie hier.

Salmeterol ist in niedriger Dosierung ß2-Rezeptor spezifisch, so dass am Herzen kaum Nebenwirkungen auftreten. Nebenwirkungen wie Tremor, Kopfschmerzen und Palpitationen sind möglich, klingen aber meist bei regelmäßiger Behandlung wieder ab. Bei Überdosierung können Herzklopfen und innere Unruhe vorkommen.

Bei inhalativ angewendetem Cortison sind keine systematischen Nebenwirkungen zu befürchten.

Die Blutdrucksenkung durch Nebivolol tritt nach ein bis zwei Wochen, die optimale Wirkung gelegentlich erst nach vier Wochen ein. Mögliche Nebenwirkungen, wie Müdigkeit, Schwindel und Kopfschmerzen treten vor allem in der Einstellungsphase auf. 

Wechselwirkungen mit verordneten Arzneimitteln und in der Selbstmedikation sind zu beachten:

Viele nichtsteroidale Antirheumatika (so auch ASS 500 mg, Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen in der Selbstmedikation) sind bei Asthma kontraindiziert. Bei regelmäßiger Einnahme bewirken NSAIDs außerdem eine Erhöhung des Blutdrucks und eine Wirkabschwächung von Antihypertonika. Es ist eine engmaschige Blutdruckkontrolle mit Neueinstellung notwendig. In der Selbstmedikation ist für Asthmatiker und Patienten mit Bluthochdruck(therapie) Paracetamol geeignet.

Bei Asthmatikern sind bei der Selbstmedikation mit pflanzlichen Arzneimitteln individuelle Überempfindlichkeiten zu berücksichtigen.

Darf´s ein bisschen mehr sein?

  • Zur Asthmaprävention sind Anfallsauslöser, wie aktiv/passiv Rauchen, Allergene und Schadstoffen, zu meiden.
  • Nicht-medikamentöse Therapiemaßnahmen, wie Schulung des Asthmapatienten, Raucherentwöhnung, Sport oder Rehabilitation sind wichtig.
  • Eine Verlaufskontrolle der Asthmatherapie mit dem Peak-Flow-Meter, die der Patient zu Hause selbstständig durchführen und dokumentieren kann, ist empfehlenswert.
  • Der Kunde sollte darauf hingewiesen werden, sein Spray für die Bedarfsmedikation jederzeit bei sich zu haben.
  • In den Leitlinien der Deutschen Hochdruckliga wird ein Zielblutdruck von unter 140/90 mm Hg für fast alle Patienten empfohlen.
  • Lebensstiländerungen, wie Einschränkung der Kochsalzzufuhr, des Alkoholkonsums, des Rauchens sowie die Gewichtsreduktion, Bewegung und gesunde Ernährung, haben für die Behandlung und Prävention der Hypertonie große Bedeutung.
  • Regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks in der Apotheke oder mit eigenem Blutdruckmessgerät sind anzuraten.  
  • Hilfe zur retaxsicheren Abgabe bei Mehrfachverordnungen (wie 2 x N1)  bietet der PZN-Checkplus des Deutschen Apothekenportals.        

Die Praxis scheint über den Hinweis der Therapieüberprüfung dankbar. Nach einiger Zeit erscheint der Herr mit einer neuen Verordnung über Viani® Forte N3, Salbutamol Spray und Amlodipin Tabletten. Schmunzelnd empört er sich: Die Lauferei, die man ihm hier wegen eines Rezeptes abverlange, grenze schon an eine Unverschämtheit. Die viel größere Frechheit sei allerdings, dass er in Zukunft wohl keine Ausrede mehr habe, den Lift statt der Treppen zu nehmen. 


Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Beratungs-Abkürzung

von Dr. Peter Post am 25.03.2016 um 14:06 Uhr

Wie kommen Sie darauf, dass ein Rezept vom August 2014 gültig ist?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Korrektur

von Julia Borsch/DAZ.online am 29.03.2016 um 9:33 Uhr

Lieber Her Dr. Post, da haben sie natürlich recht. Vielen Dank fürs aufmerksame Lesen.
Wir sind bei den Quickies immer davon ausgegangen, dass die Rezepte zum Zeitpunkt der Einlösung gültig sind, nicht jetzt. Das war im aktuellen Fall tatsächlich missverständlich. Ich habe das korrigiert. Jetzt heißt es nur nich "Ab dem Ausstellungsdatum ist das Rezept einen Monat gültig."
Viele Grüße

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