Gesundheitswächter Smartphone

Licht und Schatten von Big Data

Stuttgart - 07.04.2016, 09:45 Uhr

Schöne, neue Welt: Was soll ins Smartphone? Was nutzt es und wem? Viele Fragen sind offen. (Screenshot: DAZ.online)

Schöne, neue Welt: Was soll ins Smartphone? Was nutzt es und wem? Viele Fragen sind offen. (Screenshot: DAZ.online)


Gesundheits-Apps stehen hoch im Kurs. Mit zwei Plattformen will jetzt der Apple-Konzern Daten verwenden, um die Forschung voranzubringen und die Behandlung zu optimieren. Verbraucherschützer sind skeptisch, nachdem Ermittlungsbehörden mehrfach versucht hatten, iPhones gewaltsam zu entsperren.

Die Gesundheitsbranche gilt als einer der am schnellsten wachsenden Märkte weltweit. Kein Wunder, dass IT-Unternehmen versuchen, erfolgreich Fuß zu fassen. Google arbeitet an einer Hightech-Kontaktlinse, um den Blutzuckerspiegel zu bestimmen. Und IBMs Supercomputer Watson lernt, Big Data von Intensivstationen zu analysieren. Angesichts dieser Konkurrenz ist Apple jetzt mit zwei Plattformen am Start: einem ResearchKit für Wissenschaftler sowie einem neu entwickelten CareKit für Health Professionals und Patienten.

Vitalparameter für die Forschung?

Die Idee dahinter: Viele Menschen nutzen Apps in gesundheitlichem Kontext, um eigene Vitalparamater zu erfassen und auszuwerten. Stimmen User zu, greifen Apps des ResearchKits auf andere Gesundheits-Apps zu. Sie erfassen die körperliche Aktivität, das Gewicht, den Blutzuckerspiegel oder die Nutzung von Asthmasprays.

Darüber sollen Wissenschaftler bessere Chancen haben, Probanden für Studien zu rekrutieren. Einige Beispiele: Die MyHeart Counts-App von Stanford Medicine erfasst Parameter zur körperlichen Aktivität. Forscher untersuchen, welcher Zusammenhang zwischen kardiovaskulären Risiken und Lebensstil-Einflüssen besteht. Sie erlebten eine Überraschung. Innerhalb von 24 Stunden nach Livegang meldeten sich 11.000 Teilnehmer an. „Normalerweise braucht es ein Jahr und 50 über das Land verteilte Gesundheitszentren, um 10.000 Menschen für eine Studie anzuwerben“, sagt Alan Yeung, ärztlicher Direktor von Stanford Cardiovascular Health.

Von der Icahn School of Medicine kommt eine Asthma Health App, mit der Forscher erfassen, warum es zur Verschlimmerung des Krankheitsbildes kommt. Auch hier erklärten sich mehr als 2.500 Patienten kurzfristig zur Teilnahme bereit. Aus Deutschland kommt die „Back on Track - Kreuzbandriss-Studie“. Ärzte am Universitätsklinikum Freiburg erheben per App Daten zur medizinischen Versorgung von Patienten mit einer Kreuzbandruptur. 

„Zahlen sind alles“

Jetzt haben die Entwickler von Apple ein „CareKit“ veröffentlicht. Ziel ist, die Versorgung von Patienten zu verbessern – etwa nach einem chirurgischen Eingriff oder bei chronischen Erkrankungen. Apps, die CareKit nutzen, erfüllen unterschiedliche Aufgaben. Care Card soll dabei helfen, ärztliche Anweisungen einzuhalten, sprich die Einnahme von Arzneimitteln oder die Ausführung physiotherapeutischer Übungen. Mit dem Symptom and Measurement Tracker soll es Laien gelingen, Fieber, Schmerzen oder Müdigkeit präzise zu erfassen. Und per Insight Dashboard lassen sich Behandlungen mit Symptomen in Zusammenhang bringen, um zu klären, ob eine Therapie anschlägt. Über Connect können diese Informationen mit Ärzten oder Apothekern geteilt werden. Die neue Technik wirft jedoch zahlreiche Fragen auf.  

Der Patient wird gläsern

In den USA haben Ermittlungsbehörden größtes Interesse daran, iPhones bei Ermittlungen zu „knacken“. Zuletzt hatte ein kalifornisches Gericht Apple verpflichtet, Behörden „angemessen“ zu unterstützen. FBI-Ermittler hatten Medienberichten zufolge anfangs ohne Erfolg versucht, das iPhone eines der Attentäter von San Bernardino zu öffnen. Laut Informationen des „Wall Street Journal“ seien weitere Verfahren anhängig, bei denen es nicht um Terrorismus gehe.

Doch Apple wehrte sich, nachdem der Konzern zuvor mindestens 70 ähnliche Anordnungen umgesetzt hatte: ein klarer Hinweis auf die neue Strategie, Gesundheits-Daten in Geschäftsmodelle zu integrieren. Häufen sich negative Medienberichte, werden Patienten kaum bereit sein, Informationen von sich preiszugeben. 

Auch in Deutschland diskutieren Befürworter und Gegner der Nutzung von Gesundheitsdaten ihre Standpunkte kontrovers. TK-Chef Jens Baas wünscht sich, Informationen stärker zu nutzen. Er sieht elektronische Patientenakten direkt bei gesetzlichen Krankenkassen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hält dagegen, niemand dürfe „faktisch dazu gezwungen werden, so intime Daten wie die Herzfrequenz, die Geschwindigkeit beim Joggen oder die Häufigkeit des Trainings im Fitnessstudio zu veröffentlichen“. Er will prüfen, ob Einschränkungen auf Basis des europäischen Datenschutzrechts möglich wären. Das Thema wird an Bedeutung gewinnen, sobald elektronische Gesundheitskarten weitere Funktionen haben. 


Michael van den Heuvel, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Datenexzesse

von Heiko Barz am 07.04.2016 um 11:25 Uhr

"Apple Kozern"
nomen erst omen.

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