Karl Lauterbach und das Anti-Korruptionsgesetz

Kompromiss in letzter Sekunde?

Berlin - 12.04.2016, 08:00 Uhr

Viel Zeit bleibt ihm nicht mehr: Karl Lauterbach (SPD) hofft beim geplanten Entwurf des Anti-Korruptionsgesetzes auf die Änderung der Änderung. (Foto: dpa)

Viel Zeit bleibt ihm nicht mehr: Karl Lauterbach (SPD) hofft beim geplanten Entwurf des Anti-Korruptionsgesetzes auf die Änderung der Änderung. (Foto: dpa)


Am Donnerstag soll das Anti-Korruptionsgesetz im Bundestag verabschiedet werden. Doch Politiker und Gesundheitsexperten streiten immer noch heftig über den jüngst modifizierten Entwurf. Am heutigen Dienstag steht ein Treffen des Gesundheitsausschusses an, ebenso eine letzte Runde der Rechtsexperten der Koalition. Wird noch einmal alles gekippt?  

Die stärkste politische Gegenwehr gegen das geplante Korruptionsgesetz kommt derzeit aus den Reihen der SPD. Für Karl Lauterbach (SPD), deutet sich das Hauptproblem im Bereich der vielen neuen Wirkstoffe an, die in den kommenden Jahren zugelassen werden. „Das Problem liegt eher auf der medizinischen als auf der juristischen Seite“, erklärt er gegenüber DAZ.online.

Neue Immuntherapeutika, neue Antirheumatika oder andere innovative Wirkstoffe im Rahmen der neuen personalisierten Therapien würden sicherlich auch in Zukunft in Anwendungsbeobachtungen durch Ärzte an Patienten eingesetzt werden, sagt Lauterbach. In diesen Fällen gäbe es eigentlich nie einen direkten Wettbewerber. Die Wirkstoffe seien so speziell, dass es nie einen zweiten Anbieter geben wird, der geschädigt wird. Der Arzt wird also durch den Originalhersteller bestochen, das Arzneimittel einzusetzen. 

An der Realität vorbei

„Der Arzt schädigt auch keinen anderen Arzt, der sagen könnte, er verliere einen Patienten“, erklärt Lauterbach. „Aber, der Patient wird behandelt, weil der Arzt den Anreiz bekommen hat.“ Das sei Korruption – und in der früheren Fassung des Anti-Korruptionsgesetzes durch den Rückgriff auf das Berufsrecht abgedeckt – das würde nun entfallen. Und das will Lauterbach nicht hinnehmen.

Es gehe auch nicht um einige wenige Fälle. „Ich habe mir die letzten AMNOG-Zulassungen durchgeschaut, es betrifft durchaus neun von zehn Wirkstoffen." Jetzt hofft Lauterbach auf einen Kompromiss in der letzten Sekunde.

Die Kritik der gesetzlichen Krankenkassen zielt in eine ähnliche Richtung. „Die Reichweite des Gesetzes wird durch den Kompromiss extrem eingeschränkt“, sagte das Vorstandsmitglied des Kassen-Spitzenverbandes, Gernot Kiefer, im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Aus Kiefers Sicht entstehen durch den Kompromiss zu viele Schlupflöcher: „Die neue Regelung läuft nämlich darauf hinaus, dass Zuwendungen von Monopolen zukünftig nicht unter Strafe gestellt werden, weil sich damit per Definition keine Bestechung verbindet.“ Das aber gehe an der Realität des Gesundheitswesens vorbei. 

Jan-Marco Luczak (CDU), Berichterstatter für das Gesetzgebungsverfahren im Rechtsausschuss, hat Lauterbachs Kritik bereits als „unzutreffend“ zurückgewiesen. Die von ihm genannten Fälle würden selbstverständlich künftig vom Gesetz erfasst. „Wenn ein Arzt bewusst ein schlechteres Medikament verschreibt, weil er dafür einen persönlichen Vorteil erhält, dann ist das künftig glasklar als Korruption strafbar." Der Zweck des Gesetzes, der den fairen Wettbewerb sowie das Vertrauen der Patienten schützt, werde nicht geändert, so Luczak.


Nicola Kuhrt, DAZ.online
nkuhrt@daz.online


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