Digitalisierung

Bayern will das eRezept testen

20.04.2016, 17:30 Uhr

Wird auf das Papierrezept verzichtet, soll die Verordnung auf einem zentralen Server gespeichert werden, auf den nur Ärzte und Apotheker mithilfe eines Sicherheitscodes zugreifen können. (Foto: dpa)

Wird auf das Papierrezept verzichtet, soll die Verordnung auf einem zentralen Server gespeichert werden, auf den nur Ärzte und Apotheker mithilfe eines Sicherheitscodes zugreifen können. (Foto: dpa)


Lange Zeit war es graue Theorie, nun könnte das eRezept erstmals zur Anwendung kommen: Unter Federführung des bayerischen Gesundheitsministeriums wollen Apotheker und Ärzte in Oberbayern ein Modellprojekt starten. Ziel ist es, Fördermittel aus dem Innovationsfonds zu erhalten.

Digitale ärztliche Verordnungen haben in Deutschland einen langen Leidensweg hinter sich. Eigentlich war die Einführung des eRezeptes schon 2006 mit dem ersten Roll-Out der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) geplant. Weil insbesondere die Ärzte immer wieder vor Datenlecks warnten, nahm der damalige Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) das eRezept aus dem Einführungsplan. Es gehört jedoch nach wie vor zu einer der wenigen Pflichtanwendungen der eGK, deren Einführung der Gesetzgeber als unbedingt notwendig eingestuft hat. Doch auch im 2015 verabschiedeten E-Health-Gesetz war kein Fahrplan für die Einführung elektronischer Verschreibungen zu finden.

In den kommenden Wochen könnte das Thema jedoch an Fahrt gewinnen. Nach Informationen von DAZ.online bereiten das bayerische Gesundheitsministerium, die Bayerische Ärztekammer sowie Landesapothekerverband und -kammer ein gemeinsames Modellprojekt im oberbayerischen Ingolstadt vor. Dabei soll der Patient künftig angeben können, ob er das Rezept digital oder in Papierform haben möchte. Wird auf das Papierrezept verzichtet, soll die Verordnung auf einem zentralen Server gespeichert werden, auf den nur Ärzte und Apotheker mithilfe eines Sicherheitscodes zugreifen können.

Modellprojekt in Ingolstadt

Dem Vernehmen nach soll die Bayerische Landesärztekammer ihre Mitglieder in der Region Ingolstadt auf das Projekt aufmerksam machen, sodass sich interessierte Ärzte dafür einschreiben können. Ob sich auch die Apotheker einschreiben müssen, ist derzeit noch nicht geklärt. Auch nicht zu erfahren war, wie die digitalen Verordnungen bei den Krankenkassen abgerechnet werden könnten.

Federführend organisiert wird das Projekt von einem zum Bayerischen Gesundheitsministerium gehörenden Institut, der Bayerischen Telemedallianz (BTA). Das Institut wurde gegründet, um E-Health-Projekte und die Telemedizin im Freistaat voranzutreiben. Ziel des Konsortiums aus Gesundheitsministerium, Apothekern und Ärzten ist es, sich mit dem Projekt beim Innovationsfonds zu bewerben. Bis Anfang Juli muss die Bewerbung beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vorliegen.

Zur Erinnerung: Der G-BA vergibt jährlich 225 Millionen Euro, um innovative Versorgungsprojekte zu fördern. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, hatte mehrfach erwähnt, dass Arzneimittel-Projekte zu den förderungswürdigen Bereichen gehörten. Um einen Zuschlag zu erhalten, müssen die Bewerber aber strenge Auflagen erfüllen. Unter anderem muss mindestens eine Krankenkasse bereit sein, sich an dem Vorhaben zu beteiligen. Dem Vernehmen nach stehen die Gespräche zwischen dem Konsortium und einer größeren Kasse kurz vor dem Abschluss.

Starke politische Unterstützung

Die Chancen des Ingolstädter E-Rezept-Projektes auf eine Berücksichtigung im Innovationsfonds stehen gut. Zwar gibt es Konkurrenten, wie beispielsweise die Versandapotheke Zur Rose, die einem Artikel des Branchendienstes Apotheke Adhoc zufolge ein ähnliches Versorgungsmodell in Bremen an den Start bringen will. Allerdings gibt es wahrscheinlich wenige Projekte, die auf eine derartig starke Unterstützung der Politik setzen können.

Denn das bayerische Gesundheitsministerium hat es sich ausdrücklich zum Ziel gesetzt, AMTS-Projekte bei der Bewerbung beim Innovationsfonds zu unterstützen. Auf Nachfrage sagte eine Ministeriumssprecherin: „Dem Gesundheitsministerium ist daran gelegen, dass auch bayerische Projekte in den Genuss von Fördermitteln aus dem Innovationsfonds kommen. Die Arzneimitteltherapiesicherheit und das Voranbringen telemedizinischer Prozessabläufe sind ein großes Anliegen für das Ministerium. Deshalb werden auch ideell erfolgsversprechende Projektvorhaben aus diesen Bereichen unterstützt.“

Erhält das Vorhaben eine Finanzspritze vom G-BA, könnten in Ingolstadt noch in diesem Jahr die ersten eRezepte zur Anwendung kommen. Erst dann könnte auch die Frage nach der Vergütung der Heilberufler geklärt werden. Aber selbst wenn der G-BA keinen Zuschlag erteilt, könnte das Konsortium das Projekt weiterverfolgen. Dem Vernehmen nach ist der landesweite Roll-Out schon geplant. Unklar ist allerdings noch, wie man das Vorhaben ohne Fördermittel finanzieren soll.

Update: Der Artikel wurde am 22. April um eine Antwort des bayerischen Gesundheitsministeriums ergänzt.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

eRezept

von George Kalman am 22.04.2016 um 11:34 Uhr

Sehr geehrter Damen und Herren,
bereits in 2007 war ein eRezept Test in Schleswig Holstein durchgeführt. Bei diesen Test war ein eRezept von eine Gesudheitskarte in eKiosk in das Apotheke System übertragen.
Wie ich in Ihren Beitrag lese ist das Ziel des Test in Bayern "Ziel ist es, Fördermittel aus dem Innovationsfonds zu erhalten."
Bei solche Einstellung werden wir noch weitere 10 Jahre auf Vernuftige Anwendungen warten müssen.
Gruß
George Kalman

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