Pubertät

Gen für Risikobereitschaft steuert Sexualverhalten

London - 27.04.2016, 07:00 Uhr

 CADM2 (Zelladhäsionsmolekül 2) und MSRA: Forscher identifizierten 38 Genvarianten, die mit dem Alter beim ersten Geschlechtsverkehr assoziiert waren. (Foto: Giovanni Cancemi / Fotolia)

CADM2 (Zelladhäsionsmolekül 2) und MSRA: Forscher identifizierten 38 Genvarianten, die mit dem Alter beim ersten Geschlechtsverkehr assoziiert waren. (Foto: Giovanni Cancemi / Fotolia)


In welchem Alter ein Jugendlicher zum ersten Mal Geschlechtsverkehr hat, wird bekanntermaßen von sozialen und familiären Faktoren beeinflusst. Nach einer neuen Studie, veröffentlicht in „Nature  Genetics“, sollen aber auch genetische Faktoren für das Timing des Sexualverhaltens verantwortlich sein. 

Um die genetischen Unterschiede zu identifizieren, die einen Einfluss auf die zeitliche Entwicklung des Sexualverhaltens bei Kindern und Jugendlichen haben, haben Wissenschaftler von der Abteilung für Epidemiologie des britischen Medical Research Council Daten von knapp 60.000 Männern und rund 66.300 Frauen im Alter zwischen 40 und 69 Jahren analysiert.

Sie nutzten hierfür die UK Biobank, eine groß angelegte nationale Studie für die Gesundheitsforschung. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse konnten sie mithilfe von zwei zusätzlichen, unabhängigen Datensets bestätigen, einem mit fast 242.000 Männern und Frauen aus der isländischen deCODE-Studie und einem weiteren mit etwa 20.200 Teilnehmern der Women´s Genome Health Study aus den USA. Hiermit kamen Daten von insgesamt mehr als 38.0000 Personen zusammen. Die Ergebnisse publizierten sie in der Zeitschrift „Nature Genetics“

Auch die Gene bestimmen mit

Die Forscher identifizierten 38 Genvarianten, die mit dem Alter beim ersten Geschlechtsverkehr assoziiert waren. Die betreffenden Gene ordnen sie im Wesentlichen zwei Gruppen zu. John Perry, Forschungsleiter in der MRC-Abteilung für Epidemiologie und einer der Hauptautoren der Publikation, erläutert: „Soziale und kulturelle Faktoren sind zwar eindeutig relevant, aber wir haben gezeigt, dass das Alter beim ersten Geschlechtsverkehr auch von bestimmten Genen beeinflusst wird, und zwar von denen, die den zeitlichen Verlauf der körperlichen Reifung im Kinderalter mitbestimmen, und denjenigen, die zu den unterschiedlichen Persönlichkeitstypen beitragen.“

Als Beispiel wird das Gen CADM2 (Zelladhäsionsmolekül 2) angeführt. Es steuert die Aktivität des Gehirns und hat einen wesentlichen Einfluss auf die persönliche Risikobereitschaft. Es soll auch mitbestimmen, wie früh man seine Jungfräulichkeit verliert und wie viele Kinder man im späteren Leben haben wird.

Außerdem konnte das Gen Methionin Sulfoxid Reduktase A (MSRA) dem Alter beim ersten Geschlechtsverkehr zugeordnet werden. MSRA ist ein Faktor dafür, wie reizbar der Einzelne ist. Dabei lassen sich reizbarere Charaktere nach der Analyse mehr Zeit bis zur ersten körperlichen Liebe. 

Übergewicht kann frühe Pubertät auslösen

Warum diese Zusammenhänge für die  MRC-Wissenschaftler so interessant sind, beschreibt der Kinderarzt Ken Ong, ein weiterer Hauptautor der Arbeit, näher: „Wir haben bereits gezeigt, dass eine frühe Pubertät und ein schnelles Wachstum in der Kindheit sich im späteren Leben nachteilig auf Risiken für Krankheiten wie Diabetes, Herzkrankheiten und einigen Krebsarten auswirkt. Nun wissen wir, dass dieser Faktor schon viel eher unliebsame Folgen haben kann, wie etwa eine frühe Schwangerschaft mit all ihren Konsequenzen für die körperliche und seelische Gesundheit und die Ausbildung der jungen Menschen.“

Nach Meinung der MRC-Forscher sollte die Gesundheitserziehung deshalb darauf ausgerichtet werden, eine frühe Pubertät zu vermeiden. Dies gehe unter anderem über eine vernünftige Ernährung, glauben sie. Frühere Studien hätten nämlich eindeutig gezeigt, dass Überwicht und Überernährung bei Kindern eine frühe Pubertät auslösen könne.

Quelle

Day FR et al..Physical and neurobehavioral determinants of reproductive onset and success. Nat Genet. 2016 Apr 18. doi: 10.1038/ng.3551. [Epub ahead of print]


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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