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AOG in Nepal
„Vier Millionen Menschen leben noch in behelfsmäßigen Unterkünften“
Im April vor einem Jahr bebte die Erde in Nepal, eine schreckliche Katastrophe für die gesamte Region: Tausende Menschen starben, Tausende wurden verletzt. Die Grundversorgung im Land brach zusammen, von unzähligen Häusern, Schulen und Krankenhäusern blieben nur die Grundmauern erhalten. Apotheker ohne Grenzen war die ganze Zeit in der Region. Wie es heute in den Distrikten Gorkha und Sindhupalchowk aussieht, berichtet Eliette Fischbach von AoG.
DAZ.online: Frau Fischbach, warum hat Apotheker ohne Grenzen sich nach dem schweren Beben in Nepal im vergangenen Jahr vor Ort engagiert?
Eliette Fischbach: Wir waren schon vor dem Beben im Baglung-Disktrikt aktiv, seit 2009 bildet AoG dort Menschen vor Ort zu besseren Gesundheitshelfern fort. Sie lernen, Krankheiten richtig einzuschätzen und in einem Gesundheitsposten Arzneimittel auszugeben. Einen Tag nachdem das Erdbeben passierte, kamen zwei unserer ehrenamtlichen Mitarbeiter aus Deutschland bereits in Nepal an. Eigentlich sollten sie vor Ort das langfristige Projekte besuchen. Nun waren sie als erste Einsatzkräfte vor Ort und bildeten unser Fact-findig-Team.
DAZ.online: Dass die Hilfsposten wieder aufgebaut werden sollten, war ihren Kollegen im vergangenen April schnell klar. Warum hat der Aufbau dann aber beinah ein Jahr gedauert?
Fischbach: Wir hatten wirklich mit allen Schwierigkeiten zu kämpfen, die man sich so denken kann. Nachdem sich der erste Schock gelegt hatte, die Menschen einigermaßen versorgt waren (unsere Nothilfe ging bis Ende Mai 2015), haben wir entschieden, uns in den Bezirken Gorkha und Sindhupalchowk zu organisieren, gemeinsam mit unserem langjährigen Projektpartner der Social Welfare Assocciation Nepal (Swan), dem Medikamentenhilfswerk Action Medeor und in Absprache mit dem Gesundheitsministerium in Nepal. Wir wollten – auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit - den Wiederaufbau von Gesundheitsposten unterstützen. Dies in zwei Distrikten in einem zerstörten Land zu organisieren war schon schwierig, und dann kam die Monsunzeit, das Klima stellte eine weitere große Herausforderung dar. Und dann kam noch die „Benzin-Krise“.
Im September 2015 hatte Nepal eine neue Verfassung verabschiedet, was aber nicht alle Bewohner im Land begrüßt haben. Vor allem die Volksgruppe der Madhesis, die in Nepal wie auch in Indien leben, fühlte sich politisch nicht genug vertreten. Sie blockierten die Grenze zwischen Indien und Nepal, so dass keine Benzinlieferungen aus Indien mehr in Nepal ankamen. Darauf ist das Land aber angewiesen. Die alltäglichsten Produkte wir Brot waren plötzlich nicht mehr verfügbar. Alles wurde teurer. Zwischenzeitlich wurde Benzin über China importiert. Zum Glück wurde zu Jahresbeginn 2016 die Krise gelöst und wir können wieder Baumaterial in die entlegenen Gebiete transportieren.
DAZ.online: Wie sieht es heute aus?
Fischbach: Wir haben nun insgesamt acht Gesundheitsposten in Nepal wieder aufgebaut. Sechs in Gorkha und zwei in Sindhupalchowk. Bis weiteres Engagement möglich wird, muss nun erst einmal das Gesundheitsministerium im Land entscheiden, wie es weiter geht, ob zum Beispiel feste Häuser und größere Gesundheitszentren auch von NGOs gebaut werden dürfen. Momentan liegt dies allein in den Händen der Regierung.
DAZ.online: Was genau passiert in einem Gesundheitsposten?
Fischbach: Das sind Häuser auf der sogenannten untersten medizinischen Versorgungsebene. Es gibt dort Wasser und sanitäre Einrichtungen, die Menschen die dorthin kommen, werden von Gesundheitshelfern empfangen. Diese können einschätzen, ob es sich um eine eher harmlose Erkrankung handelt und passende Arzneimittel ausgeben. Wenn es sich um schlimmere Krankheiten handelt, müssen die Betroffenen in das nächstgelegene Krankenhaus. Dies bedeutet oft eine Fahrt per Bus und dauert im besten Fall mehrere Stunden. Je nach Lage des Dorfes sind diese Menschen aber auch mehrere Tage unterwegs.
Viele Organisationen versuchen den Menschen in Nepal zu helfen, jedoch leben ein Jahr nach dem Beben immer noch 4 Millionen Menschen in behelfsmäßigen Unterkünften welche auch ihre Gesundheit gefährden. Schon das zeigt: es gibt noch einiges zu tun.
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