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jahrelang fehlinterpretiert
Hormonersatzbehandlung doch nicht so schlecht wie ihr Ruf
Vor rund fünfzehn Jahren haben die Ergebnisse der Women’s Health Initiative-Studie die Hormonersatztherapie von Frauen in den Wechseljahren ins Abseits gerückt. Nun bedauern Autoren der WHI-Studie die Fehlinterpretation ihrer Studiendaten.
Die Ergebnisse der WHI-Studie hatten die Fachwelt seinerzeit in Aufruhr versetzt. In die randomisierte klinische „Landmark“-Studie, die in den USA durchgeführt wurde, waren rund 16.000 Studienteilnehmerinnen einbezogen. Das Durchschnittsalter lag bei 63 Jahren.
Es kam heraus, dass Hormone nicht, wie erhofft, vor Herzinfarkt oder anderen Folgen der koronaren Herzkrankheit schützen. Bei Einnahme eines Kombinationspräparates aus Östrogen und Gestagen (Progestin) nahmen die Herzinfarkte, Schlaganfälle, Thrombosen und Embolien sogar zu, ebenso wie die Häufigkeit von Brustkrebsdiagnosen. Auch bei alleiniger Einnahme von Östrogen (durch Frauen ohne Gebärmutter) gab es mehr Schlaganfälle und Thrombosen. Nach etwa fünf Jahren wurde die Studie vorzeitig beendet. In der Folge waren die Verordnungen von Hormonpräparaten deutlich zurückgegangen.
Jahrelange Fehlinterpretation
Nun stellen zwei maßgebliche Autoren der WHI-Studie in einer Publikation im New England Journal of Medicine fest, ihre Daten seien jahrelang fehlinterpretiert worden. Zum einen habe ein großer Teil der Studienteilnehmerinnen die Wechseljahre längst hinter sich gehabt. Zum anderen habe etwa jede zweite bedeutende Risiken wie ausgeprägte Adipositas und Bluthochdruck oder Rauchen gehabt. Zum Teil existierten sogar Vorerkrankungen wie Diabetes oder koronare Herzerkrankungen. Zudem sei nur ein einziges, in Europa weitgehend unübliches Präparat in einer für die genannte Altersgruppe zu hohen Dosierung geprüft worden.
Trotzdem hätten Hunderttausende von Frauen daraufhin ihre Hormonpräparate abgesetzt oder seien nicht angemessen behandelt worden, weil die Annahme vorherrschte, dass die Hormonersatzbehandlung durchweg gesundheitliche Risiken berge. Jedoch übersteige der Nutzen dieser Ersatzbehandlung bei Weitem mögliche Risiken, meinen JoAnn Manson von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston und Andrew Kaunitz von der Universität Florida.
Die „Timing“-Hypothese
Betrachte
man in der WHI-Studie nur die Frauen zwischen 50 und 59 Jahren, so zeige sich
in dieser Gruppe eine nachhaltige Beseitigung der Hormonmangel-Symptome, eine geringere
Zahl an Knochenbrüchen und eine Senkung der Erkrankungsrate an Diabetes und an
Todesfällen. Bei der Untergruppe mit einer alleinigen Östrogentherapie sei sogar
eine Senkung der Brustkrebs-Rate im Vergleich zur Placebo-Gruppe beobachtet
worden. Manson und der Bostoner Epidemiologe Shari Bassuk leiten hieraus in
einem aktuellen Review ihre „Timing-Hypothese“ ab. Hiernach sollte eine
Hormonersatztherapie bei Patientinnen mit einem günstigen koronaren Profil im
Idealfall sofort beim Eintreten der Wechseljahre begonnen werden, um den
größtmöglichen Benefit zu erlangen. (Mehr dazu in dem Beitrag „Estrogen-Gabe – eine Frage des Timings", erschienen in DAZ 2016,
Nr. 14).
Erleichterung bei den Frauenärzten
"Es ist sehr erfreulich, dass die Autoren der WHI-Studie selbst soeben im New England Journal of Medicine die Aussagefähigkeit ihrer eigenen Studie zurechtgerückt haben", kommentiert der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, Christian Albring die Neubewertung in einer Pressemitteilung für seinen Verband sowie für die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und die Deutsche Menopause Gesellschaft.
„Mindestens ein Drittel aller Frauen in den Wechseljahren ist durch den Verlust der Hormonproduktion so sehr beeinträchtigt, dass sie eine medizinische Unterstützung brauchen, die über allgemeine Tipps zur Lebensführung und pflanzliche Placebos aus dem Drogeriemarkt hinausgeht. Viele von ihnen haben jahrelang um ihre Gesundheit gefürchtet, wenn wir ihnen einen Ersatz ihrer Hormone empfohlen und verordnet haben. All diese Frauen können jetzt wirklich erleichtert sein, und wir als ihre behandelnden Frauenärztinnen und -ärzte sind es auch."
2 Kommentare
Frauenärzte verschweigen Risiken
von Iris Hinneburg am 08.05.2016 um 19:55 Uhr
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Evidenz und falsch interpretierte Studien
von Karl Friedrich Müller am 04.05.2016 um 15:22 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
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