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Italien und das Fremd- und Mehrbesitzverbot
Fahrplan für die Liberalisierung steht
Italiens Apotheker verharren derzeit in Schockstarre: Im Senat liegt ein bereits beschlossenes Gesetz, das die komplette Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes vorsieht. Weil die zuständige Ministerin wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste, war das Vorhaben bislang auf Stand-By. Jetzt könnte die Liberalisierung aber schnell vorangetrieben werden.
Für Italiens rund 18.000 inhabergeführte Apotheken könnte es diesmal wirklich ernst werden: Das Abgeordnetenhaus hat im vergangenen Jahr schon das „Konkurrenzgesetz“ beschlossen, das in vielen Märkten mehr Wettbewerb schaffen soll. Neben Deregulierungen im Taxi- und Postwesen trifft es auch die Apotheker: Laut Parlamentsbeschluss soll es großen Unternehmen ausdrücklich erlaubt werden, Apotheken zu betreiben. Die bisherige Pflicht, dass jede Apotheke von einem Pharmazeuten geführt werden muss, soll entfallen. Ebenso soll die Vorgabe wegfallen, dass ein Apotheker maximal drei Filialen betreiben darf.
Wie viele Gesetze in Italien hat auch das Konkurrenzgesetz schon einen langen Weg hinter sich. Seit mehreren Monaten liegt es zur Abstimmung bereit im Senat. Der italienische Senat und das Abgeordnetenhaus sind im Moment noch gleichberechtigt, der Senat muss also allen Gesetzen zustimmen und hat zahlreiche Änderungsrechte. Das für die Apotheker so wichtige Konkurrenzgesetz kam bislang allerdings nicht voran, weil die dafür zuständige Ministerin für Wirtschaftliche Entwicklung, Federica Guidi, im März 2016 über einen Korruptionsskandal stolperte. Guidi soll ihrem Ehemann, der bei einem internationalen Ölkonzern arbeitet, regelmäßig Regierungsgeheimnisse verraten haben.
Korruptionsaffäre stoppt Liberalisierungsgesetz
Der für das Gesetz zuständige Industrieausschuss des Senats hatte das Gesetz eingefroren, und wollte es erst weiterverfolgen, wenn ein neuer Minister benannt ist. Das könnte nun sehr bald der Fall sein. Bei einer Ausschussanhörung am gestrigen Donnerstag beschwerten sich die Senatoren bei der Regierung über die Verzögerung bei der Neubesetzung des Ministerpostens. Man blamiere sich mit solchen Abläufen im europäischen Ausland, sollen die Senatoren bemängelt haben. Medienberichten zufolge soll die Regierung inzwischen aber zugesichert haben, dass das Gesetz nach den anstehenden Regional- und Kommunalwahlen am 5. Juni weiter verfolgt werden soll. Ein Nachfolger von Guidi stehe offenbar schon in den Startlöchern. Noch im Juni könnte das Konkurrenzgesetz vom Senat beschlossen werden, einen Monat später könnte es in Kraft treten.
Für die Apotheker gibt es fast keine Hoffnung mehr, die Liberalisierung und somit die Gründung von Apothekenketten zu verhindern. Im Senat liegen zwar noch mehr als 100 Änderungsanträge zum Konkurrenzgesetz. Keiner davon fordert aber die Aufhebung der Liberalisierungs-Klausel. Ganz im Gegenteil: Einige Anträge fordern sogar noch weitergehende Deregulierungs-Maßnahmen, die im ersten Entwurf des Gesetzes noch vorhanden waren.
Anfangs hatte das Ministerium für Wirtschaftliche Entwicklung nämlich geplant, auch die für Apotheken bestehende Bedarfsplanung abzuschaffen. Derzeit gibt es für Apotheken Planungsbezirke mit jeweils 3.000 Einwohnern. Ist in einem solchen Bezirk schon eine Apotheke etabliert, gilt eine Niederlassungsbeschränkung.
Beruhigungsmittel landen fast in OTC-Shops
Noch viel schlimmer hätte die Apotheker allerdings eine
andere Regelung aus dem ersten Gesetzentwurf getroffen. Zunächst war geplant,
die Medikamentenliste „Fascia C“ zu liberalisieren und somit zu erlauben, dass
die dort enthaltenen verschreibungspflichtigen, aber nicht erstattungsfähigen
Präparate auch in Supermärkten und OTC-Shops verkauft werden dürfen. Die Fascia
C ist die zweitgrößte Medikamentenliste in Italien: Die Apotheker machen mit
den darin enthaltenen Präparaten einen Umsatz von rund 2,5 Milliarden Euro, das
entspricht einem Gesamtanteil am Arzneimittelmarkt von etwa 13 Prozent. In der
Liste sind teilweise hochdosierte Schmerzmittel, Anti-Depressiva und
Beruhigungsmittel enthalten. Die Apotheker hatten aber Glück: Das
Abgeordnetenhaus stimmte einem Änderungsantrag zu, der sowohl die Befreiung der
Bedarfsplanung als auch der Freigabe der „Fascia C“ aufhob.
3 Kommentare
Italien? Und dann Europa?
von Heiko Barz am 08.05.2016 um 7:48 Uhr
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Korrupte Minister und deren Geldgeber!
von Barbaros Orhon am 07.05.2016 um 21:48 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
So schnell..
von Christiane Patzelt am 06.05.2016 um 16:08 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
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