Kossendeys Gegengewicht

Heilender Kaufmann oder verkaufter Heilberufler?

11.05.2016, 15:25 Uhr

Was denn nun? Apothekerin Kossendey-Koch fragt sich, warum sich niemand traut, eine korrekte Definition des Berufs vorzunehmen. (Foto: stockpics / Fotolia)

Was denn nun? Apothekerin Kossendey-Koch fragt sich, warum sich niemand traut, eine korrekte Definition des Berufs vorzunehmen. (Foto: stockpics / Fotolia)


Nach Umsatzfragen durch Apothekerkammer und Pharma-Großhändler drängt sich Ann-Katrin Kossendey-Koch erneut die eine große Frage auf: Warum gibt es keine korrekte Definition des Apothekerberufs? Ausgerechnet die Telefonschleife eines Landesapothekerverbands zeigt ihr, wo es derzeit falsch läuft.  

Der Bescheid ist jetzt gerade vor ein paar Tagen gekommen. Meine Apothekerkammer teilt mir schriftlich mit, welchen Beitrag ich von April diesen Jahres bis März nächsten Jahres leisten darf. „Als Apothekeninhaber zahlen Sie einen Betrag, dessen Höhe sich nach einem Vomhundertsatz des jeweils im Vorjahr erzielten Nettoumsatzes bemisst.“

Wieso eigentlich? Warum wird der Beitrag anhand meines Umsatzes berechnet? Jeder weiß, dass der Umsatz für eine Apotheke seit Jahren gar keine Bemessungsgrundlage mehr ist. 

Ich hatte gerade auch eine Verhandlung mit einem Pharma-Großhändler. Das erste, was der gemacht hat, war, die Hochpreiser  penibel aus meinem Umsatz raus zu rechnen. 

Bei Gesprächen mit der Hausbank fragt der Bankberater nicht nach dem Umsatz, er will die ganze betriebswirtschaftliche Auswertung sehen, um über den Ertrag eine Einschätzung der finanziellen Lage des Unternehmens „Apotheke“ vornehmen zu können.

Das Risiko „Hochpreiser“ inklusive Vorfinanzierung und drohender Retaxation durch die Krankenkassen ist unseren Standesvertretungen doch hinreichend bekannt. Es ist mir völlig unverständlich, wieso man dann von offizieller Seite immer noch den Umsatz als Bemessungsgrundlage für Beiträge bemüht?

Ann-Katrin Kossendey-Koch

Apotheker - weder Fisch, noch Fleisch 

Genauso wie ich es nicht begreife, warum ich neben meiner Mitgliedschaft in der Apothekerkammer Zwangsmitglied bei der Industrie- und Handelskammer sein muss. Was regelt die IHK für mich? Wo ist sie mir eine Stütze oder Hilfe? Außer im Ausfüllen von Überweisungsbelegen für den erhobenen Beitrag. Die „eingetragene Kauffrau“ hinter meinem Namen ist eine reine Formalie - viele kaufmännische Instrumentarien sind mir doch per Gesetz verboten. 

Warum traut sich keiner eine korrekte Definition unseres Berufes vorzunehmen? Wir sind nicht Fisch, nicht Fleisch - weder reine Heilberufler, noch reelle Kaufleute, sondern nur die Kuh, die gemolken wird. Eine Kasse und das Herausgeben von Wechselgeld machen noch keinen Kaufmann aus. Jahrelang wurde der kaufmännische Anteil unseres Berufes verteufelt, es war nicht standesgemäß über diese Seite des Apothekers öffentlich zu diskutieren. Vielleicht wollte man während der goldenen Jahre der Apothekerzunft auch keine schlafenden Hunde wecken. Nur sind diese rosigen Zeiten längst märchenhafte Vergangenheit, von der die jungen Kollegen leider nicht mehr zehren können. 

Das Schweigen über die Tatsache, dass wir nicht nur von unserem ethischen Anspruch leben können und mit dem Heiligenschein keine Brötchen zu bezahlen sind, hat dazu geführt, dass jede Honorardiskussion so unglaublich zäh und erfolglos ist. Politische Versprechen wie etwa beim Notdienstfonds werden nicht eingehalten. Aber anstatt die restlichen Millionen vehement einzufordern, bedanken sich unsere Standesvertreter artig, dass wir überhaupt was bekommen haben und faseln was von Gemeinwohlpflichten.  

Trotz „Kurze Wege“ und „Körperpflege“ 

Auch jetzt bei der Diskussion zum Thema „Angemessene Entlohnung für Rezeptur und BTM“ lässt sich der politische Wille bereits erahnen - Umverteilung statt Honorarerhöhung. Und das bereits im Vorfeld des Gabrielschen Gutachtens. 

Aber wer soll sich denn auch äußern von unseren Standesvertretern? Unsere ABDA, die durch ihr bisheriges Verhalten nicht sehr glaubwürdig erscheint? Oder der Deutsche Apothekerverband? Da hat man das Gefühl, der bestünde nur aus Herrn Becker, der zumindest ab und an mal etwas lauter poltert, aber damit die Öffentlichkeit auch nur marginal erreicht. Bleiben die 17 landeseigenen Verbände und Kammern... nur die erwecken den Eindruck, mehr mit dem Gezecke intern und untereinander zu tun zu haben, als die großen Ziele zu fokussieren. 

Ich habe letzte Woche mit dem LAV-SOFO-Markt telefoniert. Die haben eine amüsante Telefon-Warteschleife, ein Apothekenlied mit schlichtem Text und eingängiger Melodie. Unabhängig davon, ob Textreime wie „kurze Wege“ auf „Körperpflege“ literarisch hochwertig sind, es ist eine nette Idee und besser als so manche Warteschleife mit Computergedüdel. 

Landesverbände stehen sich im Weg

Auf meine Nachfrage sagte man mir, dass man das Lied vom Landesapothekerverband Sachsen-Anhalt gekauft hätte und dass ich ja bei Gefallen meinen LAV ansprechen könne, ob er die Lizenz besorgen würde, um sie dann den niedersächsischen Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. 

Dieses Beispiel zeigt so eindrucksvoll, was mit guten Ideen, und sind sie noch so klein, passiert, wenn zu viele Köche im Brei herumrühren. Wenn schon das Herunterladen einer Telefonschleife künstlich erschwert wird, weil sich die einzelnen Landesverbände selber im Weg stehen, dann leuchtet jedem ein, dass die großen Probleme erst recht auf der Strecke bleiben.


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9 Kommentare

Beiträge

von Martin Didunyk am 12.05.2016 um 20:40 Uhr

Liebe Frau Kollegin,

Sie wissen doch selbst, wie unermüdlich und höchst erfolgreich unsere Kammern und Verbände agieren.

Die üppigen Beiträge der Mitglieder sind das Letzte, das dieses System am Leben erhält. Denn Vertrauen und Hoffnung in Professionalität sind schon lange abhanden gekommen.

Seien Sie großzügig und ermöglichen unseren Top Vertretern noch sorgenfreie Jahre in guter Stimmung, in Berliner Premium lagen, ganz so als wäre alles in Ordnung....

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umsatz- oder gewinnabhängige Vereinbarungen

von Dr. Peter Post am 12.05.2016 um 13:30 Uhr

Gemäß §8, Satz 2 des Apothekengesetzes dürfen keine Vereinbarungen getroffen werden, die für die vereinbarte Leistung eine Umsatz- oder Gewinnbeteiligung zusagen, wie z.B. Mietverträge. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Umsatzmitteilung an die Kammer hiervon ausgenommen sein soll. Wer sie vornimmt, gefährdet seine Betriebserlaubnis. Tröstlich ist nur, dass die Kammer für letztere zuständig ist und sich nicht den Ast absägen wird, auf dem sie sitzt.

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Kammerbeiträge

von Volker König am 12.05.2016 um 9:52 Uhr

Meines Erachtens wäre die Berechnung des Kammerbeitrages auf der Grundlage des Rohertrages zumindest eine diskussionswürdige Alternative. Dann könnten wir uns eventuell auch die Streitereien um anzurechnende Umsätze oder eventuelle Deckel sparen. In unserem Kammerbezirk wurde schon vor Jahren einmal mit der Umsatzmeldung die Höhe des Rohertrages abgefragt, um verlässliche Zahlen für eine Neujustierung zu erhalten. Leider war die Bereitschaft zur Übermittlung der Daten von seiten der Kollegenschaft allenfalls rudimentär ausgeprägt. Sogar mit anwaltlicher Unterstützung wurde teilweise gegen diese Abfrage vorgegangen, so dass es im Endeffekt doch wieder bei der Umsatzhöhe als Bemessungsgrundlage blieb. Seitdem ist einiges Wasser die Flüsse hinunter geflossen und hat auch einen weiteren großen Teil unserer Spanne mit sich gerissen. Vielleicht ist es angesichts der weiter wachsenden Schere zwischen Umsatz und Gewinn an der Zeit, neu über dieses Thema nachzudenken.

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Warteschleifen-Melodie

von Alexander Köthe am 11.05.2016 um 22:48 Uhr

Liebe Frau Kossendey, nur zur Info: beim LAV Baden-Württemberg kann sich jedes Mitglied dieses Lied gratis und unkompliziert im Login-Bereich der Homepage herunterladen! Und das sogar in verschiedenen Dateiformaten, je nachdem welches die Telefonanlage braucht.

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AW: Richtig so!

von Ann-Katrin Kossendey-Koch am 12.05.2016 um 11:38 Uhr

Leider bin ich aber in Niedersachsen und komme nicht so einfach an das Lied. Das ist ja auch nur ein kleines Beispiel dafür, dass es effektiver wäre, nur noch maximal vier Landesverbände/-kammern zu haben (Nord, Süd, Ost und West).

Kammerbeiträge

von Jens-Wilhelm Salchow am 11.05.2016 um 18:24 Uhr

Liebe Frau Kossendey-Koch,
vielleicht entsinnen Sie sich daß ich seinerzeit in der AK Nds das Bemessungsthema zur Sprache brachte. Unser damaliger Geschäftsführer berichtete auch umfassend und "very sophisticated", warum das so alles prima sei. Außer von mir war kein Mucks zu hören, schon gar kein Begehren nach Änderung. Möglicherweise habe ich für alles Mögliche disqualifiziert, da ich ja schließlich auch am AM-Versand teilnehme. Nee, teilnahm. Jetzt privatisiere ich.
Ihr
JWS

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Kammerbeiträge

von Jens-Wilhelm Salchow am 11.05.2016 um 18:24 Uhr

Liebe Frau Kossendey-Koch,
vielleicht entsinnen Sie sich daß ich seinerzeit in der AK Nds das Bemessungsthema zur Sprache brachte. Unser damaliger Geschäftsführer berichtete auch umfassend und "very sophisticated", warum das so alles prima sei. Außer von mir war kein Mucks zu hören, schon gar kein Begehren nach Änderung. Möglicherweise habe ich für alles Mögliche disqualifiziert, da ich ja schließlich auch am AM-Versand teilnehme. Nee, teilnahm. Jetzt privatisiere ich.
Ihr
JWS

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Kammerbeiträge

von Jens-Wilhelm Salchow am 11.05.2016 um 18:23 Uhr

Liebe Frau Kossendey-Koch,
vielleicht entsinnen Sie sich daß ich seinerzeit in der AK Nds das Bemessungsthema zur Sprache brachte. Unser damaliger Geschäftsführer berichtete auch umfassend und "very sophisticated", warum das so alles prima sei. Außer von mir war kein Mucks zu hören, schon gar kein Begehren nach Änderung. Möglicherweise habe ich für alles Mögliche disqualifiziert, da ich ja schließlich auch am AM-Versand teilnehme. Nee, teilnahm. Jetzt privatisiere ich.
Ihr
JWS

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Sparmaßnahmen !

von gabriela aures am 11.05.2016 um 14:40 Uhr

Wir müssen sparen- da können die Kammern und Verbände doch mit gutem Beispiel vorangehen !

1. 4+4 statt 17+17 - spart einiges an Entschädigungen für Ehrenamtler, die sich dann wieder voll ihrer Berufung, dem Apothekersein, widmen können.
2. Beiträge vom Rohertrag ausgehend berechnen.
Dann werden wir für die steigende Zahl der Hochpreiser , die den RE vermindern nicht doppelt oder dreifach (für Verbandsmitglieder) zur Kasse gebeten.
Abgesehen davon geht es ja wohl nicht an, daß sich unsere Standesvertretung in schlechten Zeiten trotzdem großzügig an unserem weniger werdenden Geld bedient und zusätzlich ihre eigenen Ausgaben steigert.

Es gab doch im September genaue Zahlen, wieviel die Apotheken den Krakas durch die Selbstmedikation sparen - warum ist unsere Standesvertretung und somit auch die Pressestelle nicht in der Lage, daraus mal eine positive Meldung zu machen, in der neben der bekannten Einsparungen vielleicht sogar unsere Kompetenz erwähnt wird ?
(Die Antwort kann ich mir schon denken: Haben wir noch nie gemacht....wenn wir das jetzt bringen, dann fragt "man" (wer?) sich und uns, warum wir das jetzt machen....)

Das ist heilberuflich - und trotzdem kaufmännisch !
Nicht kaufmännisch, sondern Ramschladen-Niveau und politisches Harakiri ist, wenn der Präsident himself die Sonderpreise für OTC verspricht.

Zum Thema von AKK-K zurück:
dieses Klein-Klein und föderalistische Gezicke ist Sandkasten-Niveau !
Hatten wir doch auch mal mit dem Impfplan - die BLAK hat ihn "erfunden" und somit den anderen Kammern nicht kostenlos zur Verfügung gestellt !

Das ist nicht nur unkollegial und unprofessionell, sondern in Zeiten von Facebook und sonstiger www.Vernetzung auch dumm :-)

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