GLP- und GCP-Verstöße

Wieder Schlamperei bei klinischen Studien in Indien

Remagen - 12.05.2016, 07:00 Uhr

Verdacht:  Das indische Semler Research Centre soll Studien manipuliert haben. (Foto: Comugnero Silvana/Fotolia)

Verdacht: Das indische Semler Research Centre soll Studien manipuliert haben. (Foto: Comugnero Silvana/Fotolia)


Schon wieder ist ein indisches Auftragsforschungsunternehmen international ins Zwielicht geraten. Es geht um das Semler Research Centre in Bangalore. Sowohl die US-FDA als auch die WHO haben dort GLP-und GCP-Verstöße bei der Durchführung klinischer Studien aufgedeckt. Nun wird auch in der EU geprüft, ob im Binnenmarkt Arzneimittel hiervon betroffen sind.

Bei einer Inspektion von Semler´s Bioanalytik war die Food and Drug Administration Anfang Oktober letzten Jahres mehreren Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung von klinischen Studien auf die Spur gekommen. Unter anderem sollen Proben von Studienteilnehmern ausgetauscht und manipuliert worden sein. Zudem hat auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach einer Überwachung der bioanalytischen und klinischen Einrichtungen des Auftragsforschungsunternehmens schwerwiegende GLP-und GCP-Verstöße festgestellt. Dabei ging es um Medikamente, die in das Präqualifizierungsprogramm der WHO einbezogen sind.

Die FDA hat die Antragsteller/Zulassungsinhaber daraufhin mit einem Anhörungsschreiben vom 20. April 2016 dazu aufgefordert, Stellung zu nehmen und die betreffenden Bioäquivalenz/Bioverfügbarkeitsstudien für ihre jeweiligen Genehmigungsverfahren gegebenenfalls in einer anderen Einrichtung zu wiederholen. Details zu den Beanstandungen der WHO sind in einer „Notice of Concern“ (NOC) vom 12. April 2016 niedergelegt. 

Zahlreiche Studien betrofffen

Hiernach sollen bei mindestens fünf klinischen Studien Manipulationen gefunden worden sein. Als Prüfarzneimittel werden Atazanavir, Acetazolamid, Celecoxib, Saquinavir und Lamivudin angeführt. Zweifel meldet die WHO zudem an zwölf weiteren Studien mit AIDS-, Malaria-, Tuberkulosemitteln, sowie Ophthalmika, Antibiotika und Schmerzmitteln an, die im Rahmen der Präqualifizierung noch nicht abschließen beurteilt sind, sowie an rund einem Dutzend bereits präqualifizierter Präparate. Die Art der Manipulationen lasse darauf schließen, dass mehrere Beschäftigte auf verschiedenen Ebenen hieran beteiligt gewesen sein müssten, so die Schlussfolgerung der WHO.

EMA leitet Review ein

Die Europäische Arzneimittel-Agentur hat auf diese alarmierenden Ergebnisse zeitnah reagiert und auf Ersuchen der Arzneimittel-Agenturen aus Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, Spanien und dem Großbritannien einen Review auf der Basis eines so genannten Artikel 31-Referrals gestartet.

Zunächst soll bestimmt werden, welche Arzneimittel in der EU von den Manipulationen betroffen sein könnten. Nach der Mitteilung soll es um national erteilte Zulassungen, einschließlich solcher über das dezentrale und das gegenseitige Anerkennungsverfahren gehen, die auf Daten aus Semler´s Bioanalytik oder Klinik basieren. Zentral zugelassene Generika sollen laut Angaben der EMA nicht betroffen sein.

Anhörung durch das BfArM gestartet

Wie auf Anfrage der DAZ vom BfArM zu erfahren war, wurde die Anhörung eventuell betroffener Unternehmen zur Sichtung des deutschen Marktes bereits eingeleitet. Es soll sich um eine weitaus kleinere Zahl von Präparaten handeln als im Fall GVK Bio. Derzeit sieht das BfArM keinen Grund für unmittelbare Maßnahmen.

Näheres zu den Hintergründen des Verfahrens lesen Sie in der Print-Ausgabe der DAZ von dieser Woche (Nr. 19) auf Seite 18. .


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Wer es billigst mag

von Gerd Reitler am 12.05.2016 um 19:10 Uhr

Wenn es nur um billig geht, dann geht auch irgendwann die Qualität in den Keller.
Politik und Kassen nehmen das wissentlich und willentlich in Kauf.
Wenn das so gewollt ist, dann muss man mit den Konsequenzen leben. Bestenfalls stirbt keiner dran.
Ist ja so gewollt!

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