Nationaler Aktionsplan

Mehr Gesundheitskompetenz, aber erstmal ohne Apotheker

13.05.2016, 12:16 Uhr

Gesundheitswissen verbessern: Martin Litsch vom AOK-Bundesverband, Doris Schaeffer von der Universität Bielefeld und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wollen gegen "Dr. Google" angehen. (Foto: dpa)

Gesundheitswissen verbessern: Martin Litsch vom AOK-Bundesverband, Doris Schaeffer von der Universität Bielefeld und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wollen gegen "Dr. Google" angehen. (Foto: dpa)


Das Bundesgesundheitsministerium und der AOK-Bundesverband wollen gemeinsam dafür sorgen, dass Menschen in Deutschland gesundheitskompetenter werden. Dazu soll es einen „Nationalen Aktionsplan“ und eine Expertengruppe geben, die einen Maßnahmenkatalog erarbeiten soll. Die Apotheker gehören nicht dazu.

Die Universität Bielefeld hat eine Studie zur Gesundheitskompetenz durchgeführt: Mehr als die Hälfte der Deutschen fühlt sich demnach von der Informationsflut zu Gesundheitsthemen überfordert. Rund 44 Prozent der Befragten hat eine eingeschränkte und weitere 10 Prozent sogar eine unzureichende Gesundheitskompetenz. Deutschland liege damit unter dem europäischen Durchschnitt. Der AOK-Bundesverband, die Uni Bielfeld und die Hertie School of Governance wollen diesem Umstand mit einem „Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ entgegenwirken. Schirmherr ist Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).

Es habe noch nie so viele Informationen zur Gesundheit gegeben wie zurzeit, sagte Gröhe bei der Vorstellung der Studie. „Das Smartphone ist heute das, was früher ein Brockhaus war.“ Auch für Ärzte sei es eine große Herausforderung, dass Patienten immer häufiger bei „Dr. Google“ nachfragten. Alle Verantwortlichen im Gesundheitssystem müssten „aufgerüttelt“ werden. Nötig seien unabhängige, wissenschaftlich belegte und leicht verständliche Gesundheitsinformationen. Zudem müsse die Kommunikation zwischen Arzt und Patient verbessert werden.

Kraftanstrengung des gesamten Gesundheitswesens

Hintergrund sei zudem, dass es in den vergangenen Jahren eine wahre „Wissensexplosion“ gegeben habe. Der schnelle Zugang zu Informationen im Internet sei aber nicht immer nur eine Chance, sondern auch eine Herausforderung. Denn objektive Informationen ließen sich nicht immer von werblichen Angeboten abgrenzen. „Wir brauchen jetzt eine gemeinsame Kraftanstrengung von Ärzten, Krankenkassen, Apotheken, Pflege-, Verbraucher- und Selbsthilfeverbänden und Behörden, um das Gesundheitswissen in Deutschland zu verbessern“, forderte der Minister.

Geplant ist nun, eine zehnköpfige Gruppe „anerkannter Experten“ ins Leben zu rufen, die bis Ende 2017 einen Maßnahmenkatalog erarbeiten soll. Mit dabei sind unter anderem die beiden beteiligten Hochschulen und der AOK-Bundesverband.

Doris Schaeffer, Gesundheitswissenschaftlerin von der Universität Bielefeld, die dem Gremium angehört, sagte auf Nachfrage: „Bislang hatten wir nicht an die Apotheker gedacht. Es ging uns vielmehr darum, das Gesundheitswesen und angrenzende Bereiche gut abzubilden.“ Die Idee, auch Pharmazeuten in Sachen Gesundheitskompetenz zu befragen, wolle sie aber weiterverfolgen.

Gröhe lädt Apotheker ein

Bei einem weiteren Treffen zu dem Thema im Bundesgesundheitsministerium werden die Apotheker allerdings teilnehmen dürfen. Gröhe ergänzte: „Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Die Apotheker sind ein wichtiger Ansprechpartner für Patienten.“ Zu einem weiteren „Expertengespräch“ im Bundesgesundheitsministerium im Juni habe er die ABDA daher eingeladen. Auch dort werde es darum gehen, wie man das Gesundheitswissen der Menschen hierzulande verbessern kann.

Diskutiert wurde bei der Pressekonferenz auch, ob Ärzte Vergütungsanreize für eine gute Kommunikation oder für die gezielte Förderung der Gesundheitskompetenz erhalten sollten. Doch Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, hält davon nichts. „Die Menge Geld ist absolut ausreichend.“


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

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Vor etwa 12 Jahren - noch als selbständiger Apotheker - wollte ich in der Offizin einen Rechner für die Kunden installieren.
Die Idee: Mit dem Kunden am Rechner seine Fragen "sortieren." Mit dem Kunden VOR dem Bildschirm, anstatt wie heute noch üblich über einen Bildschirm mit dem Kunden zu reden.
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Heute fürchte ich verschlafen die Apotheker gekonnt wieder einmal die Entwicklung bzw. haben sie schon verschlafen. Die Interaktionssoftware für Arzneimittel wird in einigen Jahren in jeder Arztpraxis laufen, während die Pharmazeuten noch den billigsten Preis für Paracetamol suchen. Und noch immer wird dann der Kunde als "Schrank" auf die Rückseite eines Bildschirms starren während die Weißkittel mit wichtigem Gesichtsausdruck den Rechner bedienen. Derweilen klingelt das smartphone und die Arztpraxis erinnert an die Einnahme der verordneten Medikamente und teilt den nächsten Praxistermin mit. Die Apotheker hoffen in der Zwischenzeit auf das neue Berufsbild im Jahre 2030?

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Wozu dazu?

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Zitat: Die Apotheker gehören nicht -dazu- ....
-Wozu- gehören Apotheker ?

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