Apothekenhonorar in Großbritannien

Celesio schließt Stellenabbau nicht aus

Berlin - 18.05.2016, 14:15 Uhr

Von Kürzungen betroffen: Bei der britischen Celesio-Kette Lloyds Pharmacy könnten aufgrund des gekürzten Apothekenhonorars vielleicht sogar Arbeitsplätze wegfallen. (Foto: Celesio)

Von Kürzungen betroffen: Bei der britischen Celesio-Kette Lloyds Pharmacy könnten aufgrund des gekürzten Apothekenhonorars vielleicht sogar Arbeitsplätze wegfallen. (Foto: Celesio)


Großbritanniens Apotheker müssen in den kommenden Jahren mit herben Einschnitten rechnen. Weil der Nationale Gesundheitsdienst (NHS) sparen muss, sollen die Apotheker auf 6 Prozent ihres Gehaltes verzichten. Jede Apotheke muss mit Verlusten von umgerechnet 24.000 Euro rechnen. Die Apothekenkette Lloyds kann Stellenstreichungen nicht mehr ausschließen.

Der NHS hat gleich mehrere Kürzungen beim Apothekenhonorar angekündigt. Schon ab Juni soll die Vergütung für Abgabe von Präparaten aus der Arzneimittelliste „Category M“ gekürzt werden. Ab Oktober sollen Apotheker dann in allen Kategorien weniger Geld erhalten. Allein zwischen Oktober 2016 und März 2017 rechnen Experten mit Einschnitten von insgesamt bis zu 170 Millionen Britischen Pfund. Jede Apotheke müsste zwischen Juni 2016 und März 2017 also rein rechnerisch mit rund 19.000 Pfund weniger auskommen.

Die Kürzungen dürften die Apotheken empfindlich treffen. Gegenüber der BBC hatte der Staatsminister im Gesundheitsministerium, Alistair Burt, bereits gesagt, dass  er die Schließung von 1000 bis 3000 der rund 11.700 britischen Apotheken erwartet. Fachmedien in Großbritannien erwarten, dass insbesondere kleinere, inhabergeführte Apotheken bedroht sein werden. Gegenüber DAZ.online bekräftigte nun aber auch der deutsche Pharmahandelskonzern Celesio, dass seine britische Tochter Lloydspharmacy direkt von den Kürzungen betroffen sein wird. Die Celesio-Kette hält derzeit etwas mehr als 1.600 Apotheken im Vereinigten Königreich.

Auch Apothekenketten von Einschnitten betroffen

Celesio-Chef Marc Owen erklärte gegenüber DAZ.online, dass er auch er mit Einschnitten rechne: „Auf dem NHS lastet ein großer Druck. Die Kürzungen beim Apothekenhonorar betreffen den gesamten pharmazeutischen Bereich.“ Owen erklärte weiterhin, dass der Konzern die genauen Auswirkungen derzeit überprüfe. Wie hoch die zu erwartenden Verluste sind, und ob Lloyds-Apotheken von einer Schließung bedroht sind, wollte Owen nicht beantworten.

Der gebürtige Waliser kündigte an, dass zunächst versucht werde, Prozesse in der Lieferkette zu vereinfachen, um so Geld zu sparen. Die Frage, ob auch ein Stellenabbau in Frage kommt, wollte Owen nicht verneinen. „Wir werden überlegen, wie wir unsere Versorgungs- und Lieferketten optimieren können. Vielleicht werden wir auch hier und da eine Arbeitsstunde streichen müssen“, sagte Owen.

Sainsbury's-Übernahme weiter fest im Blick

Zur gleichen Zeit ist die britische Celesio-Tochter derzeit damit beschäftigt, die rund 280 In-Store-Apotheken der Supermarktkette Sainsbury’s zu übernehmen. Beide Unternehmen sind sich schon einig. Allerdings hatte die britische Wettbewerbsbehörde Einspruch eingelegt und 13 Regionen benannt, in denen die Marktkonzentration von Lloyds und Sainsbury’s dann zu hoch wäre. Wie genau Celesio dieses Problem lösen will, steht derzeit noch nicht fest. Der Konzern teilte aber mit, dass die Übernahme weiter bevorstehe und im Laufe des dritten Quartals 2016 abgeschlossen werden soll.

Diskussionen um Beratungspauschale

Celesios größter Wettbewerber Walgreens Boots Alliance muss sich in Großbritannien derzeit schwerwiegende Vorwürfe gefallen lassen. Mehrere Apotheker haben sich in großen Publikumsmedien über die Arbeitsatmosphäre in dem Pharmahandelskonzern beschwert. Es laste ein riesiger Druck auf den Apothekern, möglichst viel Ware und zahlreiche Extra-Dienstleistungen zu verkaufen, so die Vorwürfe.

Konkret ging es unter anderem um Medikationsanalysen mit dem Namen „Medication Use Review“. Jede Apotheke darf davon im Jahr maximal 400 Einzelberatungen abrechnen. Medienberichten zufolge übt Walgreens Boots Alliance Druck auf seine angestellten Apotheker aus, dieses Pensum zu erreichen. Die Frage, ob auch Celesio seine Apothekenleiter bei Lloyds unter Druck setze, wollte Marc Owen zumindest nicht verneinen. Relativ unkonkret antwortete er: „MURs werden von unseren Kunden in Großbritannien sehr gerne angenommen. Die Apothekenleiter sollen nur nach klinischen Aspekten entscheiden, wann jemand eine solche Medikationsanalyse erhält.“


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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