Celesio-Chef Marc Owen

Es geht nicht immer nur um Liberalisierung

Berlin - 18.05.2016, 13:45 Uhr

Pharmazeutische Dienstleistungen statt Liberalisierung: Celesios „neuer” Chef, Marc Owen, setzt darauf, dass Apotheker bald mehr Kompetenzen erhalten sollen.

Pharmazeutische Dienstleistungen statt Liberalisierung: Celesios „neuer” Chef, Marc Owen, setzt darauf, dass Apotheker bald mehr Kompetenzen erhalten sollen.


Es ist nun etwas länger als zwei Jahre her, als der US-Pharmagroßhandelskonzern McKesson Celesio schluckte. In der Stuttgarter Unternehmenszentrale schwärmt man von einer neuen, offeneren Unternehmenskultur. Die Hoffnung auf eine Liberalisierung des deutschen Apothekenmarktes scheint Celesio aufgegeben zu haben.

Seit Februar 2014 ist McKesson mit einem Anteil von 76 Prozent Mehrheitsaktionär bei Celesio. Ein paar Monate später wurde im Sommer 2014 der gebürtige Waliser Marc Owen zum neuen Vorstandsvorsitzenden des deutschen Pharmagroßhandelskonzerns benannt. Owen war zuvor jahrelang für McKesson selbst tätig gewesen. Zuletzt war er in San Francisco verantwortlich für die strategische Unternehmensentwicklung.

Seit rund anderthalb Jahren ist der neue Celesio-Chef nun also damit beschäftigt, Europas Apothekenmärkte besser kennenzulernen. In Deutschland sieht er einen heterogenen, fast aufgespaltenen Berufsstand. „Das Berufsbild wird in Deutschland höchst unterschiedlich interpretiert. Viele Apotheker haben ein sehr fortschrittliches, fast wissenschaftliches Herangehen an ihren Beruf. Anderen geht es vielmehr darum, die Basis-Versorgung zu gewährleisten“, erklärte Owen gegenüber DAZ.online.

Was ist aber aus den alten Zielen von Celesio geworden? Die meisten Apotheker werden nie vergessen, dass der Stuttgarter Pharmahändler noch vor sieben Jahren krampfhaft versuchte, in Deutschland Apothekenketten zu etablieren. Die damalige Celesio-Tochter DocMorris eröffnete im Saarland mithilfe des damaligen saarländischen Gesundheitsministers Josef Hecken (heute unparteiischer Vorsitzender des G-BA) eine Konzern-Apotheke.

Was ist mit der Liberalisierungs-Strategie?

Folgt man den Ausführungen des neuen Celesio-Chefs Marc Owen, ist von dieser Expansionsstrategie wenig übrig geblieben. Im Gespräch mit ihm fallen Sätze wie: „Ich bin schon lange genug im Markt, um zu wissen, dass unabhängige Apotheker auch unabhängig handeln wollen.“ Oder: „In Deutschland müssen sich noch einige Regulierungen ändern, damit Apotheker ihre Rolle im Gesundheitswesen besser wahrnehmen können. Dabei geht es nicht immer nur um Liberalisierung.“

Vielmehr scheint sich Celesio, ähnlich wie die ABDA, darauf vorzubereiten, dass den Apothekern neue Funktionen – wie etwa pharmazeutische Dienstleistungen – übertragen werden könnten. „Wir sehen in allen europäischen Apothekenmärkten mittel- bis langfristige Veränderungen“, erklärt Owen. Hierzulande würde er es beispielsweise begrüßen, wenn die Kommunikation zwischen Arzt, Patient und Apotheker erleichtert würde, um neuartige Versorgungsmodelle, wie Medikationschecks, leichter anbieten zu können. In diesem Bereich gebe es noch „zu strenge Regulierungen in Deutschland“. Sein Vorbild: „In Großbritannien können Apotheker beispielsweise Teile der ärztlichen Diagnose einsehen und die Medikation des Patienten somit besser bewerten.“

Mehr pharmazeutische Kompetenz für Kooperationsapotheker

In Deutschland setzt Celesio daher unter anderem darauf, die Apotheker der Gehe-Kooperation „gesund leben“ auf diesen Wandel vorzubereiten. In einem dreistufigen Apothekenkonzept bietet Celesio seinen rund 2.300 Apothekern daher neuerdings auch pharmazeutische Beratungen und Schulungen an. Nach Aussagen von Owen geht es bei diesen Angeboten darum, Apotheker auf pharmazeutische Dienstleistungen, wie etwa die Beratung von Chronikern, vorzubereiten. Celesio sieht auch Potenzial in der aktuellen Diskussion um die sogenannten AMNOG-Arzneimittel. Der Konzern wies darauf hin, dass die Abgabe neuer Arzneimittel mit hohem Beratungsaufwand, in den Apotheken kontinuierlich ansteige.

Die Einführung des Apothekenkonzeptes verlief allerdings holprig: 2014 hatte Celesio in einem Pilotprojekt mit einigen Pharmazeuten getestet, wie Kunden und Apotheker auf die Einführung des Namens „Lloyds-Apotheke“ hier in Deutschland reagieren. Die Probe ging nach hinten los, der Name wurde nicht gut angenommen. Das dreistufige Konzept hat Celesio jedoch weiterverfolgt. Von den drei Leistungspaketen ist die „Premium-Stufe“ die umfangreichste, bei der auch der Innenraum der Apotheke in den beiden „gesund leben“-Grüntönen aufgezogen wird. Laut Celesio haben bislang etwas mehr als 100 Apotheker ihre Apotheke so umgestaltet. Neben des überall gleichen „Einkaufsfeelings“ sind weitere Bestandteile des Konzeptes unter anderem die Gestaltung einer Internetseite für die Apotheke, Einkaufsberatungen sowie der Vertrieb der „gesund leben“-Eigenmarke.

Nicht jeder Apotheker will seine Offizin umgestalten

Beim Vertrieb des neuen Kooperationsmodells scheint sich Celesio die potenziellen Teilnehmer genau auszusuchen. Owen ist sich bewusst darüber, dass nicht jeder Apotheker seine Offizin umgestalten will. Aber nach welchen Kriterien bewertet Celesio, welcher Apotheker sich für das Konzept interessieren könnte? Owen dazu: „Da geht es darum, was für ein Typ der Apotheker ist. Für uns sind Apotheker besonders interessant, die ihr Geschäft langfristig weiterentwickeln wollen. Andere suchen nur einen effektiven und günstigen Großhändler, solche sind für unsere Kooperationsprogramme weniger interessant.“

Es bleibt natürlich die Frage, inwiefern der Konzern von der neuen Stoßrichtung profitiert. Auf Nachfrage wollte Owen nicht kommentieren, wie das Finanzierungsmodell zwischen den Apothekern und Celesio funktioniere. Nur so viel: „Unsere Rolle ist es, die Apotheker erfolgreich zu machen. Die Apotheker sind dann erfolgreich, wenn der Kunde zufrieden ist. Dann sind im Übrigen auch wir erfolgreich.“


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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