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Magic Mushrooms bei Depressionen
Machen Pilze glücklich?
Die psychotrope Substanz Psilocybin zeigt offenbar antidepressive Effekte. Bereits bekannt ist die halluzinogene Wirkung des natürlichen Bestandteils einiger Pilzarten. Nun veröffentlichte die renommierte Zeitschrift „The Lancet Psychiatry“ Ergebnisse einer Pilotstudie zu einem potenziellen neuen Indikationsgebiet der Zauberpilze.
Gibt es die Zauberpilze bald auf Rezept? Denn war die bewusstseinserweiternde Droge Psilocybin bislang eher im Schwarzmarkt zu suchen, zeigten Londoner Wissenschaftler nun einen möglichen pharmazeutisch-medizinischen Nutzen der Substanz: In einer kleinen Machbarkeitsstudie an zwölf Patienten untersuchte das Centre for Neuropsychopharmacology des Imperial College London, die Wirksamkeit und Sicherheit der Substanz bei schweren Depressionen. Primärer Endpunkt der Studie war zunächst die „Machbarkeit”: Sind größere, randomisierte Untersuchungen zu diesem heiklen Wirkstoff überhaupt durchführbar?
Die Wissenschaftler sind durchaus optimistisch gestimmt: Die Psilocybin-Therapie wurde von allen Probanden gut vertragen. Schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen habe es nicht gegeben, heißt es im Studientext. Die häufigsten Nebenwirkungen waren vorübergehend Angst, Verwirrung oder Denkstörungen, Übelkeit und Kopfschmerzen. Doch zeigte Psilocybin auch den erhofften antidepressiven Effekt?
Serotonin-Struktur als Hinweis für antidepressive Wirkung
Alle Teilnehmer der Studie litten seit vielen Jahren an therapieresistenten depressiven Zuständen und hatten bereits eine Vielzahl Psychopharmaka unterschiedlicher Gruppen eingenommen - ohne Erfolg. Im Rahmen der Untersuchung erhielten die Probanden unter psychologischer Betreuung zwei unterschiedliche Dosen – 10 mg und 25 mg – des Pilz-Alkaloids im Abstand von einer Woche.
Zur Evaluation des Depressions-Status wurde eine Woche bis drei Monate nach Psilocybin-Gabe der Qids herangezogen. Qids steht für „Quick Inventory of Depressive Symptomatology” und stellt unter anderem Fragen zur Traurigkeit, Selbstbild und Schlafverhalten der Patienten.
Mushrooms waren bereits in den 50er Jahren magic
Die Patienten zeigten eine klinische Verbesserung ihrer depressiven Symptomatik über drei Wochen. Eine darüber hinaus anhaltenden Remission war nicht zu beobachten. Fünf der zwölf Probanden entwickelten ein depressives Rezidiv innerhalb drei Monate nach Gabe von Psilocybin.
Seit langem ist die psychoaktive Wirkung des Inhaltsstoffes Psilocybin bekannt. Bereits 1957 gab es erste Veröffentlichungen zur halluzinogenen Wirkung von magic mushrooms. Kurz darauf isolierte der Chemiker und LSD-Entdecker, Albert Hofmann, das dafür verantwortliche Indolalkaloid aus Fruchtkörpern von Psilocybe-Arten.
Therapeutisches Potenzial vielversprechend
Psilocybin hat als neuroaktive Substanz partiell agonistische Wirkungen am Serotonin-Rezeptor 5-HT2A. Von Partialagonisten spricht der Pharmakologe, wenn ein Wirkstoff agonistische jedoch nur submaximale Effekte am Rezeptor auslöst. Der partielle Agonist hat folglich nicht die volle intrinsische Aktivität wie ein reiner Agonist und nimmt eine Zwischenstellung zwischen Agonist und Antagonist ein. Pharmakologisch ist die stimmungsaufhellende Wirkungsweise von Psilocybin daher interessant: Selektive Serotonin Wiederaufnahmehemmer (SSRI) weisen keine direkte Affinität zu 5-HT2A auf, während antidepressive Wirkstoffe aus der Klasse der Trizyklika (TCA) wie Amitriptylin, Doxepin oder Nortriptylin den Rezeptorsubtyp gar blockieren.
Psilocybin hat somit eine bislang andere pharmakologische Wirkung im Vergleich mit den derzeit verfügbaren antidepressiven Wirksubstanzen und könnte somit eine sinnvolle Ergänzung in diesem Therapiebereich darstellen. Frühere Beobachtungen haben ergeben, dass eine Down-Regulation von Serotonin-Rezeptoren durch serotonerge Antidepressiva die Wirksamkeit und das Ansprechen auf psychotrope Substanzen wie Psilocybin auch vermindern kann. Eine solche potenzielle Wechselwirkung gilt es noch genauer zu untersuchen.
Der nächste Schritt wären weitere, randomisierte Studien, placebokontrolliert oder mit Vergleichstherapien bei therapierefraktären Depressionen. Dass der Bedarf und Markt groß ist, zeigen die Zahlen: 200 Milliarden US-Dollar geben die Vereinigten Staaten jährlich für die Behandlung von Depressionen aus.
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